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Alle meine Schuhe

Alle meine Schuhe

Titel: Alle meine Schuhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hepburn Lucy
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vorbeiging. Sie wünschte, sie hätte mehr an als nur dieses ärmellose pinkfarbene Shirt, weiße Shorts und die weißen Sandaletten. Ihre Haut prickelte unter der Wärme der Lampen und den prüfenden Blicken.
    Endlich sah sie ihn. Oben auf einer Leiter, ihr den Rücken zugewandt, hobelte er entlang der Spitze eines grazilen Bootsrumpfes, der für ihren ungeübten Blick schon ziemlich komplett aussah. Das Boot war etwa neun Meter lang und stand auf Böcken. Es sah aus, als könne es kaum erwarten, zu Wasser gelassen zu werden …
    Vergiss das alles jetzt. Da ist Jack, auf der Leiter, in khakifarbenen Bermudas … festen Arbeitsschuhen … und … nacktem Oberkörper!
    Die Muskeln auf seinem Rücken spannten und dehnten sich, als er mit dem Hobel vor und zurück fuhr über das frische, geschwungene Holz. Ein feiner Schweißfilm bedeckte seine gebräunte Haut, und als sie sein Gesicht von der Seite betrachtete, da sah sie pure Konzentration, einen Mann, der eins war mit seiner Tätigkeit.
    Sie schaute auf ihre Uhr und lächelte frech. Es war halb zwölf.
    »Zeit für eine Cola Light?«, schnurrte sie so sexy wie möglich.
    »Amy!«
    Jack drehte ruckartig den Kopf und hielt sich gerade noch an der Leiter fest, während ihm der Hobel aus der Hand fiel und im Boot landete.
    »Vorsicht!«, rief Amy erschrocken und schlug sich die Hände vors Gesicht. »Entschuldige!«
    Jack stieg die Leiter hinunter und sah Amy an. Sein Gesicht war eine Mischung aus Überraschung, Verwirrung und – war es wirklich wahr? – Freude darüber, sie zu sehen. Gleichzeitig lenkte sein halb nackter, schweißglänzender Körper, dessen Brustkorb sich von der Anstrengung mit jedem Atemzug hob und senkte Amy stark vom Wesentlichen ab . Jack öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schien es sich jedoch anders zu überlegen und schloss ihn wieder. Eine Ewigkeit verging. Vielleicht waren es auch nur zehn Sekunden, Amy hätte es nicht sagen können. Dann brach er endlich das Schweigen.
    »Warte hier.«
    Jack musste einen Schritt zur Seite machen, um an ihr vorbeizukommen, und eilte zu einem seitlich gelegenen Umkleideraum, dessen Tür offen stand. Amy konnte sehen, wie Jack sich mit einem Handtuch abrieb und ein dunkelgraues T-Shirt überstreifte. Als er wieder zurückkam, wirkte er wesentlich gefasster. Er ging zielstrebig auf sie zu und rief einem seiner Kollegen zu:
    »Ed? Ich mache jetzt Pause. Ist das okay für dich?«
    Ein bärtiger Mann, schätzungsweise Mitte fünfzig, spähte vom Mast eines Bootes herab, beäugte Amy genauestens und rief Jack zu: »Sicher. Habt ein bisschen Spaß, Kinder! Liefern Sie ihn vor Sonnenuntergang wieder hier ab, Lady!«
    Sie verließen die Halle unter anerkennenden Pfiffen. Jack ignorierte das einfach, fasste Amy am Arm und führte sie hinaus. Fühlte sich gut an.
    »Ich entschuldige mich für die Jungs«, murmelte Jack.
    »Schon gut. Vielleicht haben sie ja auch dir hinterhergepfiffen?«
    »Sehr lustig. Hier entlang.«
    Sie gingen in die Richtung, aus der Amy zuvor gekommen war, auf den hübscheren Teil des Hafens zu. Amy suchte verzweifelt nach Gesprächsstoff.
    »Ist dein America’s Cup -Boot auch in dieser Werft gebaut worden?«
    Die Frage schien ihn zu überraschen. »Was? Keine Chance! Das Boot war, nun ja … ein bisschen … aufwendiger. Aus Fiberglas gefertigt, größer, eine Mannschaft von fünfunddreißig Leuten – so in etwa. Die Boote, die ich hier baue, sind traditioneller.«
    »Aha.«
    Er scheint nicht in Plauderstimmung zu sein. Kann ich ihm eigentlich nicht übel nehmen.
    »Jack, es tut mir wirklich leid, dass ich einfach abgehauen bin. Ich habe auf der Party deiner Großmutter etwas herausgefunden, das mich völlig durcheinanderbrachte – also lief ich weg.« Es war erleichternd, ihre Entschuldigung los zu sein.
    Jack schaute stur geradeaus. »Grandma hat mir erzählt, dass du in dem Schuh etwas gefunden hast – womit ich nicht viel anfangen konnte – und dass du aufgebracht warst und nach draußen gegangen bist. Dann hat Harry mir erzählt, du seist weggefahren. Warum bist du nicht erst wieder reingekommen und hast mir Bescheid gesagt?«
    Diesen verletzten Tonfall hatte Amy noch nie bei ihm gehört. Sie bedauerte ihren überstürzten Aufbruch umso mehr. Und fast noch mehr tat ihr ihr unbedachtes, flapsiges Auftauchen in der Werft leid und ihr kläglicher Versuch, locker zu plaudern, als sei nichts gewesen.
    Er muss mich für eine herzlose Kuh halten! Dass für mich das alles nur ein Witz ist

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