Alle meine Schuhe
und Debs geschrieben hatte, fiel es ihr jetzt leichter, Jack alles zu berichten. Sie konnte die Dinge viel besser erklären, als es ihr bei Maddy im Atelier noch möglich gewesen war. Dort hatte ihre Geschichte lediglich aus einem Wirrwarr von Fakten bestanden. Abgesehen davon fiel es ihr leicht, mit Jack zu reden. Amy hatte das Gefühl, dass er ihr wirklich zuhörte. Dass es ihn interessierte, was sie zu sagen hatte. Und am allerwichtigsten – er war bei ihr.
»Puh!«, sagte er, nachdem sie geendet hatte. »Da hast du ja ganz schön was hinter dir.«
»Schwierig war es in jedem Fall«, stimmte sie zu. »Es tut mir leid, dass ich mich nicht bei dir gemeldet habe, Jack …«
»Reden wir nicht mehr davon«, unterbrach er sie. »Schließlich warst du damit beschäftigt, dass dein ganzes Leben auf den Kopf gestellt wurde. Das weiß ich jetzt.«
»Dabei habe ich unheimlich viel an dich gedacht!« Als sie das sagte, klang es in ihren Ohren komisch, so künstlich und irgendwie falsch. Aber sie betrachtete lieber weiterhin ihre Sandaletten und wagte nicht, Jack anzusehen. Sie fürchtete, in seinem Gesicht etwas zu lesen, was ihr nicht gefiel. »Anfangs war ich total am Ende«, fuhr Amy fort, »und dann war ich so erschlagen von all dem, was passierte, und alles ging so schnell. Und um mit dir Kontakt aufzunehmen hätte ich deine Großmutter in Pleasant Shores anrufen und nach deiner Nummer fragen müssen. Doch was hätte ich ihr sagen sollen?«
Jack lächelte. »Wie wär’s mit: Richten Sie Jack aus, es hätte nichts damit zu tun, dass er ein miserabler Tänzer ist . Das wäre doch ein guter Anfang gewesen … Autsch!«
Amy hatte ihm einen Schlag gegen das Bein versetzt. »Ich Dummerchen! Natürlich! Aber wie du siehst, wollte ich nie wieder hierher zurückkommen, und da hielt ich es wohl für das Beste, dass du mich für eine von der Bildfläche verschwundene Verrückte hältst – auch wenn ich nicht gerade begeistert war von der Vorstellung.«
»Kann mir gar nicht denken, warum«, grübelte Jack.
»Das war einfach alles zu viel. Nachdem ich von der Party weg bin, dachte ich, das Leben könne nicht noch schlimmer werden. Ich hatte keine Zuhause, keine Eltern, kein Vertrauen mehr zu Sergei, keine Schuhe, kein Ziel, keine Zeit, dir alles zu erklären, einen schmerzenden Knöchel …«
»In der Reihenfolge?«, fragte Jack zärtlich. »Oder kamen die Schuhe zuerst?«
Nur zu, sei ruhig sarkastisch, mein Freund. Aber ich frage mich immer mehr, ob ich über den perfekten Mann gestolpert bin?
»Nicht schlecht, Jack.«
»Und jetzt?«
»Jetzt?«, wiederholte sie. »Jetzt ist alles anders.« Sie sah ihn an. »Wirklich alles.« Er schaute ihr in die Augen. Dieses Mal würde es kein Davonlaufen geben.
35. Kapitel
H alt ihn fest.«
»Ich kann nicht!«
»Doch, bleib einfach so.«
»Nein! Mach du das, Jack. Nimm deinen … Steuerknüppel zurück.«
» Steuerknüppel? Eigentlich nennt man das Ding Ruderstock. Hier, wenn du gestattest …«
»Das weiß ich auch. Wow! Das ist toll!«
Amy musste nicht großartig überredet werden, eine Segeltour mit einem von Jacks Booten zu machen. Der warme Sonnenschein, leichter Wind und der Gezeitenwechsel, das bedeutete – offenbar -, die Bedingungen konnten nicht besser sein, um auf dem Wasser herumzuschippern.
Amy hatte sich Sweatshirt, Baseballkappe und Sneakers aus dem Wagen geholt und eine Schwimmweste angezogen, die Jack für sie ausgesucht hatte. Als sie an Bord kletterte, hielt Jack sie fest an der Hand. Auf den ersten Blick war das Boot für Amy nicht mehr gewesen als ein süßes, kleines, weiß gestrichenes Holzboot namens Lazybones – Faulpelz.
Aber am Ende des Segeltrips hatte sie herausgefunden, dass sie in Wahrheit an Bord eines Corliss 15 Daysailer gestanden hatte, eine handgearbeitete Schaluppe, Mahagoni-Rumpf mit einem Deck aus Fichte, einem hohlen Sitka-Fichtenmast und -Ausleger für Leichtigkeit und Stärke, Edelstahl Standing Rigging und einer Marconi-Takelung. Jack kannte jeden Zentimeter dieses Bootes, er verschmolz förmlich damit, sobald sie an Bord waren – während Amy aufmerksam dasaß und versuchte, sich nützlich zu machen.
Wenn dieses Boot ein Schuh wäre, dann hätten wir einen weißen Slingback mit Zehenöffnung und acht Zentimeter Absatz aus der Sommerkollektion von Bruno Magli – kein Zweifel.
Amy lernte, wie man Segel trimmt, und bemühte sich zu verstehen, wie man das Boot in die eine Richtung bewegen kann, wenn der Wind es in die andere
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