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Alle meine Schuhe

Alle meine Schuhe

Titel: Alle meine Schuhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hepburn Lucy
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Und Freunde! Und … und …«
    Jesminder rutschte vom Sofa herunter und setzte sich schweigend neben Amy. Beide schauten nach draußen, mit Tränen in den Augen. Die einzigen Geräusche waren das schwache Brummen des Straßenverkehrs draußen und ein gelegentliches Schlürfen, wenn sie einen Schluck Tee tranken.
    »Weißt du was?«, fragte Amy nach langem Schweigen.
    »Was denn?«
    »Ich vermisse sie. Ich vermisse meine Schuhe. Aber Justin vermisse ich nicht – noch nicht. Ich bin zu wütend auf ihn, als dass er mir fehlen könnte. Und das wird sich erst ändern, wenn er bereit ist, meine Version der Geschichte – wie Debbie es genannt hat – zu glauben. Das klingt, als gäbe es wirklich zwei Varianten, nicht wahr? Aber das stimmt nicht. Das war nie so. Ich betrüge ihn nicht. Es gibt keine andere Version . Und wenn er mir nicht glauben will, dann … Weißt du, so langsam frage ich mich: Selbst wenn er mir jetzt glauben würde, könnte ich nicht einfach morgen wieder zu ihm ins Bett steigen und so tun, als wäre all das nie passiert. Mir war nicht klar, dass er so rachsüchtig sein kann, Jes, wirklich nicht.«
    Jesminder nickte. »Klingt so, als brauchst du einfach Zeit, damit du dieses Chaos in deinem Kopf bereinigst. Hier bist du jedenfalls so lange du möchtest willkommen.«
    Amy drückte ihre Freundin. Als sie sie wieder losließ, wurde es ihr plötzlich klar. Sie hatte es getan. Ganz spontan hatte Amy eine Entscheidung gefällt.
    »Das ist die Lösung!«, rief sie und sprang auf. »Zeit!«
    »Wie …«
    »Zeit. Es ist so, als würde mir die Zeit den Weg weisen.«
    »Klingt, als würde dieser Text aus einem Song stammen?« Jesminder fragte sich, ob Amy am Ende doch durchgedreht war.
    »Hör zu, Jes. Justin braucht Zeit, um meinen Brief zu lesen, sich zu beruhigen und zur Vernunft zu kommen, stimmt’s?«
    »Absolut.«
    »Und ich brauche Zeit, um mir darüber klar zu werden, was ich für ihn empfinde, da er nicht bereit war, mir gegenüberzutreten und mich ausreden zu lassen. Korrekt?«
    »Korrekt.«
    »Dagegen darf ich bei der Sache mit den Schuhen keine Zeit verlieren. Ich muss sie so schnell wie möglich zurückholen, damit sich die neuen Eigentümer erst gar nicht an sie gewöhnen, sie womöglich auslatschen und vergessen, von wem sie sie gekauft haben.«
    »Richtig«, stimmte Jesminder zu.
    »Und wenn ich nicht losziehe und sie finde, dann werde ich es sein, der sie mit der Zeit vergessen hat – und das wäre fürchterlich.«
    »Auch richtig.«
    »Und selbst wenn es mir nicht gelingt, sie aufzutreiben, so bin ich immerhin eine Weile unterwegs und kann über alles nachdenken.«
    »Schon wieder richtig.«
    »Und mir steht auch ein bisschen Urlaub zu, nachdem ich diesen riesigen Marokko-Vertrag schon letzten Donnerstag unter Dach und Fach gebracht habe. Im Job müsste es also momentan ohne mich gehen.«
    »Sicher, wir werden es schon irgendwie schaffen«, sagte Jesminder kichernd und nickte. »Debbie und ich werden all unsere Kontakte in der Branche spielen lassen und dir unverschämt preiswerte Flüge besorgen, keine Sorge.«
    Amy ging durchs Zimmer und gestikulierte wild mit den Händen. »Die Zeit ist reif!«
    »Du hast dich also definitiv entschieden?«, fragte Jesminder. »Du wirst dir deine Schuhe zurückholen?«
    »Allerdings. It’s show time! « Amy breitete theatralisch die Arme aus und fühlte sich so gut wie seit Stunden nicht mehr.
    »Meintest du nicht eher: Schuh time?«
    Jesminder duckte sich lachend, um dem Kissen auszuweichen, das in ihre Richtung geflogen kam.

7. Kapitel
    A my war grundsätzlich froh, Debbie – eine waschechte Newcastlerin – neben sich auf dem Beifahrersitz des klapprigen 2CV zu haben. Es war ein schwüler Freitagabend und sie näherten sich bereits dem Stadtzentrum. Debbie hatte kurzerhand einen Wochenendausflug in den Norden zu ihrer Familie organisiert, so dass sie Amy bei ihrer ersten Schuh-Suchaktion begleiten konnte. Doch von Dankbarkeit wollte sie nichts hören: »Nein, nein, wenn es nicht um dich ginge, würde ich niemals meinen Hintern dahinbewegen, nur um meine Ollen zu sehen«, erklärte sie Amy schroff. Was nicht stimmte, aber trotzdem rührend war.
    Das Auto hatte die lange Fahrt in den Nordosten Englands nicht wirklich gut weggesteckt. Drei ungeplante Zwischenstopps waren nötig, damit sich der Motor abkühlen konnte. Aber jetzt, auf dem letzten Streckenstück mit ständigen Stop-and-go an den Ampeln, kämpfte nicht nur der Wagen mit Überhitzung.
    Sie

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