Alle meine Schuhe
zum Haus war, um seinen neuen Auftrag zu besprechen. »Alles Gute mit dem neuen Baby.«
Sie ließ den Motor an und steuerte den Wagen zurück in Richtung London.
Warum kann ich mein eigenes Leben nicht so einfach wieder in Ordnung bringen?
11. Kapitel
W eißt du, was ich über Flughäfen denke?«, fragte Jesminder, während sie und Amy sich ans Ende der Schlange stellten, die viermal um den Check-in-Bereich des Gatewick Airports herumzulaufen schien. Amy war am späten Samstagnachmittag in London angekommen und hatte die Nacht bei Jesminder verbracht. Dann hatte ihre Freundin sich angeboten, sie zum Terminal zu fahren und mit ihr zu warten.
»Hm, dass sie von verrückten Wissenschaftlern entworfen wurden, die testen wollten, wie sich menschliche Wesen unter extremem Stress verhalten?« Zum x-ten Mal an diesem Morgen tastete Amy nach ihrem Ausweis.
»Nein.«
»Dass der liebe Gott sie so gestaltet hat, um sich auf unsere Kosten zu amüsieren?«
»Nein. Ich finde sie schlicht und ergreifend langweilig.«
Amy blickte in die Runde. Lautes Geschrei, Lärm, das Gewimmel Hunderter Leute, die hinter Gepäckwagen anstanden, Kaffeestände, Krawattenläden, Werbeplakate und aufleuchtende Informationstafeln, Stewardessen, die Koffer mit Rädern hinter sich herzogen und auf vorschriftsmäßigen, flugtauglichen Absätzen vorbeiklapperten. »Langweilig?«, wiederholte sie. »Wie kannst du dieses Durcheinander langweilig finden?«
Jesminder runzelte die Stirn. »Keine Ahnung, die Langeweile liegt förmlich in der Luft. Als würde die ganze Aufregung und Freude auf eine Reise aus den Leuten herausgesaugt. Liegt vielleicht an den Sicherheitsvorkehrungen. Wie soll man sich gut fühlen, wenn man jeden Augenblick durchsucht und nach verdächtigen Gegenständen abgetastet wird? Wo bleiben Vertrauen und Kameradschaft, das Gefühl, ein großes Abenteuer gemeinsam zu erleben?«
»Du fliegst nicht gern, stimmt’s, Jes?« Amy lächelte und legte ihrer Freundin leicht die Hand auf die Schulter.
»Ich hasse es«, gestand Jesminder.
»Und genau deshalb arbeitest du wahrscheinlich auch in der Reisebranche.«
»Genau. Ich stelle mich meinen Ängsten. Je mehr ich darüber weiß, desto tapferer werde ich. Und umso langweiliger ist es. Schau dich doch um!« Sie wies mit dem Finger wahllos durch das riesige Gebäude. »Langweilig, langweilig, langweilig!«
»Also, Kollegin, danke noch mal für’s Herbringen, aber deine Art der Aufheiterung macht’s nicht besser …«
»Entschuldige.« Jesminder hielt sich die Hand vor den Mund. »Ist nicht hilfreich, dich vor dem internationalen Teil deines großen Abenteuers so zu verabschieden, nicht wahr? Also, wie fühlst du dich jetzt, so kurz, bevor es tatsächlich losgeht?« Sie schob Amys Koffer ein paar Zentimeter weiter vor.
»Du willst eine ehrliche Antwort?«, erwiderte Amy.
»Natürlich.«
»Irgendwie gelangweilt, als würde die ganze Aufregung aus mir herausgesagt.« Amy sah Jesminder in die Augen.
Ihre Freundin lächelte schwach, sagte jedoch nichts. »Aber ich bin auch nervös und unsicher, was diese ganze Idee angeht – du weißt schon, ob ich das Richtige tue oder nicht.«
Wieder schlurften sie ein paar Schritte weiter.
»Niemand zwingt dich, in dieses Flugzeug zu steigen, Amy.«
Amy zog am Baumwollriemen ihrer Schultertasche. Ein stämmiger Mann in einem Newcastle United-Trikot zwängte sich an ihr vorbei und zog eine gewaltige Tasche mit Golfschlägern hinter sich her. »Sorry, Darling«, rief er, während sich Amy an Jesminder festhielt, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
»Schon okay«, flüsterte Amy, obwohl er bereits weg war. Die Schlange bewegte sich jetzt schneller voran, und es dauerte nicht mehr lange, da befanden sich die beiden Freundinnen fast in Reichweite des Eincheck-Schalters.
»Amy?«, drängte Jesminder. »Möchtest du ein paar Leute vorlassen und noch mal überlegen?«
»Nein«, erwiderte Amy mit fester Stimme. »Ich werde fliegen. Ich sollte es, verflixt noch mal, oder?«
»Oh, Amy!« Man sah, wie Jesminder sich quälte. »In diesem Zustand kannst du dich unmöglich auf den Weg machen. Es ist eine weite Reise – erst nach Irland und dann allein die ganze Strecke in die Staaten. Es ist okay, aufgeregt zu sein, aber wenn du lediglich versuchst, etwas zu beweisen, Justin oder uns …«
»Oder mir selbst«, unterbrach Amy sie. »Entschuldige, Jes, ich wollte dich nicht beunruhigen.« Sie zwang sich zu einem Grinsen. »Hey, ich bin dir echt
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