Alle meine Schuhe
geschluchzt.
»Was ist passiert?«
»Ich muss so etwas wie einen Aussetzer gehabt haben. Ich sagte Mum, sie sei viel zu alt für fetzige Espadrilles – dass sie damit lächerlich aussehen würde.«
Sophie verzog das Gesicht, und Amy nickte reumütig.
»Hätte sie natürlich nicht. Sie war Tänzerin, unheimlich hübsch und anmutig. Aber ich war geschockt, dass sie meine Schuhe wollte. Dann schlug ich um mich. Ich war eine solche Zicke!«
»Wir alle haben Dinge getan, die wir am liebsten rückgängig machen würden, Amy. Ich bin sicher, Ihre Mutter hatte Verständnis dafür.«
»Sie hat mich nicht zurechtgewiesen oder so, sondern wurde ganz still. Irgendwie wäre es mir lieber gewesen, sie hätte mir die Leviten gelesen, das hätte die Fronten geklärt, aber das tat sie nicht. Wir gingen schweigend zurück ins Hotel.«
»Mhm.«
»Aber wissen Sie, was später passierte?«
»Nein?«
»An dem Abend fand im Hotel eine Tanzveranstaltung statt, eine Band aus dem Ort spielte tolle spanische Musik. Ich tanzte gerade mit einer Gruppe von Mädchen, mit denen ich mich angefreundet hatte …«
»In den neuen Schuhen?«, fragte Sophie. »Ich wette, Sie hatten sie an. Neue Schuhe trägt man immer noch am selben Tag!«
»Sind sie ganz sicher, nicht doch meine lange verschollene Schwester zu sein?«, rief Amy. »Genau das habe ich vor ein paar Tagen zu meiner Freundin Debbie gesagt. Natürlich trug ich die Schuhe! Jedenfalls machten wir eine kurze Pause, um etwas zu trinken, und waren gerade dabei, das Potenzial hinter der Bar zu begutachten, als auf der Tanzfläche plötzlich mitgeklatscht wurde. Einige Leute hatten einen Halbkreis gebildet, und die Band spielte diesen sexy spanischen Tanz.«
»Und?«, drängt Sophie.
»Um ehrlich zu sein, noch bevor ich hinging, wusste ich, was los war. Mum war mitten in dieser Gruppe und tanzte mit geschlossenen Augen. Sie bewegte sich einfach nur zu der Musik, vollführte langsame Drehungen, völlig kontrolliert und doch gelöst, die Arme über dem Kopf, die Schultern kreisend, sie sah … mitreißend aus. Sie müssen wissen, dass sie eine wunderschöne Frau war.«
»Kann ich mir vorstellen. Sie sind nämlich auch sehr hübsch, Amy.«
»Aber ich wünschte, Sie hätten Mum gesehen«, fiel Amy ihr ins Wort. »Niemand konnte den Blick von ihr abwenden. Ich wünschte damals, die Musik würde immer weiter spielen, aber als sie schließlich endete, da klatschten und jubelten alle. Mum lachte, kam zu mir und drückte mich ganz fest. In dem Moment konnte ich an nichts anderes denken als: Und zu dieser Frau habe ich gesagt, sie sei zu alt für ein Paar Schuhe. Diese Frau, die soeben den Saal zum Kochen gebracht hat !«
»Gut gemacht!«, rief Sophie und klatschte in die Hände. »Was für eine Frau!«
»Wissen Sie, es spielte damals keine Rolle, aber jeder Mann im Raum stand mit offenem Mund da und starrte sie an. Ist nicht leicht, die eigene Mutter als sexy zu erleben, aber in dieser Nacht war sie es!«
»Genau so was will ich hören: dass Mütter sexy sind«, erwiderte Sophie. »Mutterschaft fühlt sich manchmal wie die unerotischste Sache der Welt an.« Sie legte die Hände auf den Bauch und seufzte.
Amy wollte Sophie gerade versichern, dass sie in ihren Augen zweifellos sexy sei, hielt sich dann aber zurück. Ist schon ein bisschen seltsam, auf dem Bett einer Fremden zu sitzen und solche Dinge zu sagen.
»Na los«, sagte Sophie schließlich. »Wie wäre es mit einem Pfefferminztee? Ist so ziemlich das Einzige, was ich momentan vertrage.«
Wieder unten in der Küche stellte Amy erleichtert fest, dass Tim den Wasserkocher pflichtbewusst zurückgebracht hatte. Irgendwie ahnte sie, dass er es sonst hätte büßen müssen. Sophie füllte den Wasserkocher, schaltete ihn ein und schloss die Hintertür.
Draußen hatte Tim das Umgraben aufgegeben und spielte nun mit beiden Kindern gleichzeitig: Während er für Peter im Tor stand, warf er Miranda ein Frisbee zu. Als Amy diese Szene sah, stellte sie sich vor, wie sie selbst in ein paar Jahren für eine Horde hübscher Kinder Kuchen backen würde … aber dann holte die Realität sie ein, als sie an Justin dachte.
Ich habe niemanden. Justin will mich nicht – wie komme ich darauf, dass mich jemand anderes jemals will?
»Kekse?«, fragte Sophie. »Momentan esse ich täglich zwei Päckchen Rich Tea Biscuits.«
»Danke. Ähm, Sophie, darf ich mal etwas möglicherweise Dummes sagen?«
Sophie setzte sich zu ihr und schenkte heißen
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