Alle meine Schuhe
war er deshalb scharf auf mich, eben weil ich kein ängstliches Mäuschen bin? Wie auch immer, als wir schließlich die Bar verließen, war ich umfassend auf dem Laufenden über sein Fitnessprogramm, seine Ernährung, seine tägliche Hautpflegeprozedur mit Feuchtigkeitscremes, warum er aus Polen hierhergekommen ist (er arbeitet auf dem Bau – arg!!!). Und mich hatte er bis dahin lediglich gefragt, ob ich keine Angst hätte, mich in dem Kleid zu erkälten! Männer … Na ja, ist ja nicht so, als wollte ich ihn heiraten und Hunderte halb-polnischer Babys mit Killer-Wangenknochen zur Welt bringen. Aber ein bisschen mehr Interesse an Debbie vom Hals an aufwärts wäre nicht schlecht gewesen. Na gut. Ich gebe ja zu, dass ich auch nicht wegen seiner guten Manieren mit ihm ausgegangen bin.
Als wir uns schließlich in Richtung Tanzsaal bewegten, kamen wir ganz gut zurecht und er schaffte es sogar (meistens), mir ins Gesicht zu sehen und nicht auf die Brüste. Allerdings hat er DIE GANZE ZEIT den Arm um mich gelegt, auf diese Die-gehört-mir -Weise. Davon war ich längst nicht überzeugt, denn es schienen recht nette Leute da zu sein, mit Ausnahme von – du ahnst es schon – deinem persönlichen Zwillingsalbtraum ! Irgendwie hatte ich verdrängt, dass die beiden wahrscheinlich dort aufkreuzen würden – gruselig!!! Du hättest ihre Gesichter sehen sollen, als Gabriel und ich den Raum betraten. Als würde man sie gerade zwingen, in Zitronensaft getränkte saure Trauben zu essen. Sie standen da mit zwei Durchschnittstypen, die sie wie Buchstützen umgaben. Ihre Kerle sahen aus, als hätte man sie vom Planeten der Langweiler eingeflogen, und ich schäme mich (nicht) zu sagen, dass ich mir ins Fäustchen lachte!
Die Leute dort waren total unterschiedlich, allein vom Alter her. Das war eine nette Abwechslung zu den üblichen Partys schöner Menschen, auf denen wir sonst unterwegs sind. Ich wusste, der Abend würde großartig werden. Gabriel ließ meinen Arm schließlich los, um zur Bar am anderen Ende des Raumes zu eilen. Ich schnappte mir einen elegant aussehenden Burschen, der keine Frau in unmittelbarer Nähe hatte, und stürmte auf die Tanzfläche. Gabriel stand in der Zwischenzeit an der Bar wie ein grollendes Kleinkind. Er redete offensichtlich über mich, denn er peilte immer wieder zu mir rüber, aber hey, ein bisschen Eifersucht tut jedem Mann gut, findest du nicht auch? Ups, vielleicht nicht so viel wie in deinem Fall, aber egal!
Amy lächelte den Bildschirm traurig an. »Eifersucht?«, sagte sie laut. »Oh, ja, natürlich. Wenn du etwas getan hast, um ihm Grund dazu zu geben – in Ordnung. Aber nicht, wenn er irgendetwas in den falschen Hals bekommen hat und dir den Laufpass gibt, ohne dir zuzuhören.«
In kürzester Zeit hatte ich einen ganzen Trupp auf der Tanzfläche und dann ging die Post ab, sage ich dir! Ein Mann, der bestimmt schon 100 war, hat doch tatsächlich einen Breakdance aufs Parkett gelegt! Er kam also neben mich gebreakdanced und brüllte mir ins Ohr: »Heißer Sound, dieser Michael Jackson, was?« Ich wäre vor Lachen fast gestorben!!! Die Musik war klasse, eine Mischung aus Disko, Funk und polnischer Volksmusik (ziemlich sexy – ich werde dir mal was vorspielen, wenn du zurück bist) und dann noch so ein paar Uraltschinken – fantastisch!!!
Ich machte kurz Pause und unterhielt mich mit einer Gruppe von Kerlen, die herumstanden und dem Tanz zusahen. Sie erzählten mir vom Warschauer Nachtleben (wild!) – da muss ich unbedingt irgendwann hin. Was hältst du davon, Amy? Große Reise in Richtung Osten, nachdem du von deiner großen Reise nach Westen zurück bist? Einen Gabriel für dich suchen?
»Hm, ich denke, was das angeht, halte ich mich momentan lieber zurück«, entschied Amy. »Ein Abenteuer nach dem anderen, Debs, eins nach dem anderen …«
Dann dachte ich, dass ich mal besser nachsehen sollte, was Mr Sauertopf so macht. Und der erzählt mir doch, er sei es gewohnt, die Führung zu übernehmen, wenn es um seine Frauen ginge – das hat er tatsächlich so gesagt – SEINE Frauen! Ich erklärte ihm also, was mich beträfe, so sei ich seine Verabredung für den Abend, aber wenn er mich zu einem Ball einlade, auf dem ich niemanden kenne und auf dem getanzt wird, dann gehöre es dazu, dass er seine Frau seinen Freunden vorstellt, in seine Gespräche mit einbezieht und sogar – halt dich fest, Gabe (er hat es übrigens gehasst, wenn ich ihn so nannte)-
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