Alle meine Schuhe
sind als die von Margot Fonteyn – Anfang der Achtziger. Ich hatte es ihr versprochen, Amy. Ich versprach meiner Großmutter, ihr diese Schuhe zu besorgen. Sie ist mein ganzes Leben lang immer für mich da gewesen – es war das Geringste, das ich für sie tun konnte, nachdem ich ihr bereits Hoffnung gemacht hatte. Verstehen Sie jetzt?«
Amy verstand. Sie verspürte sogar einen Anflug von Eifersucht, dass es in seinem Leben jemanden gab, der ihm genug bedeutete, um solche Mühen auf sich zu nehmen. Sie ging einen Schritt auf ihn zu, hielt dann jedoch inne und wusste nicht, was sie sagen sollte.
Er war mir diese Erklärung nicht schuldig. Letztlich bin ich für ihn nur eine Fremde mit einer Fantasie-Freundin …
»Es sind die Schuhe Ihrer Mutter, stimmt’s?« Seine Stimme klang einfühlsam.
Sie nickte.
Er drehte sich so, dass er direkt vor ihr stand.
»Amy?«
»Ja?«
»Warum haben Sie nur einen in den Karton gesteckt? Ich habe zwei gekauft und bezahlt.«
»Wie bitte? Habe ich ja gar nicht!« Amy stemmte die Hände in die Hüften. »Als würde das eine Rolle spielen! Aber natürlich denken Sie zuerst an Ihre eigenen Interessen.«
»Die Frage ist doch angemessen, oder? Irgendwann würde ich fragen. Und ich bin mir nicht sicher, wer von uns beiden heute Nachmittag der moralisch korrekter Handelnde ist. Sie etwa Amy? Wendy? Mandy?«
Amy seufzte. Es war unmöglich, diesen Mann nicht zu mögen.
»Sie lassen mir nicht viel durchgehen, stimmt’s Jack?«
»Schließlich sind wir uns unter ziemlich ungewöhnlichen Umständen begegnet, würden Sie das nicht auch sagen?«
»Vermutlich …«
»Ich kann mir nicht recht vorstellen, was dazu geführt haben mag, dass Sie in genau dem Moment auf dieser Mauer hockten, als Grandma den Karton öffnete. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass Sie nicht zufällig vorbeikamen.«
Jetzt blieb nur eine Möglichkeit: die ganze traurige Geschichte zu erzählen.
»Es ist so«, begann Amy zögernd, »da war dieses riesige … Missverständnis …«
Aber dann brach ihre Stimme. Sie hatte einfach nicht die Kraft dazu. Davon abgesehen wusste sie nicht einmal, wo sie anfangen sollte.
»Es war ein Fehler, Jack. Mums Schuhe zu verkaufen war ein großer Fehler. Und ich habe es auch gar nicht getan. Es war … jemand anderes.«
Sie schwiegen beide eine Ewigkeit, wie Amy fand.
Jack sah sie lange an, als warte er darauf, dass sie fortfuhr. Aber Amy schwieg. Sie wusste, dass sie Jack mehr schuldete. Etwas in ihr drängte sie, ihm alles zu erzählen, aber eine andere, vorsichtigere Stimme befahl ihr, still zu sein.
»Tut mir leid, das zu hören.«
»Danke. Sie können ja nichts dafür.«
»Jetzt sagen Sie bitte nicht, dass Sie den weiten Weg von London hergekommen sind, um die Schuhe zurückzukaufen?«
»Nein!« Sie kicherte angestrengt und winkte ab. »Was für eine groteske Idee!«
Jack rückte näher. Sie berührten einander beinahe.
»Sind Sie sicher?«
»Jack?«
»Mm?«
»Dürfte ich die Antwort verweigern?«
Er lächelte und berührte sie am Arm, ganz leicht nur, dennoch durchfuhr sie ein Schauer. »Sicher, Amy, Sie müssen das nicht beantworten.«
»Danke.«
»Wie wäre es, wenn ich Ihnen stattdessen den Hafen zeige?« Sie spazierten am Hafenkai entlang, an Möwen, die ihnen vor die Füße liefen und an Spaziergängern vorbei, an Joggern, Rollschuhläufern und an dicht beieinanderliegenden Booten.
»Segeln Sie?«, fragte Amy. Er schien sich zwischen all den Booten zu Hause zu fühlen, so dass die Frage naheliegend war.
Jack nickte. »Das Einzige, das ich schon immer wollte, ist Boote bauen und mit ihnen segeln. Mein Dad war Schiffbauer.«
»Alices Sohn?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, Alice ist die Mutter meiner Mutter. Mein Nachname lautet Devlin, nicht Hewitt. Mom und Dad kannten sich seit ihrer Kindheit. Er besaß zwanzig Jahre lang eine Schiffbaufirma, bis er von einem größeren Konkurrenten übernommen wurde.« Seine Stimme wurde zunehmend ernster, während er das erzählte.
»Das war sicher eine schwierige Zeit?«, fragte Amy vorsichtig.
»Ach, wer weiß. Dads Gesundheit war nicht die Beste, und er bekam ein Angebot, das er einfach nicht ausschlagen konnte. Er dachte wohl, er könnte uns alle damit finanziell einigermaßen absichern, was ja auch der Fall war, aber er ist seitdem nicht mehr derselbe.«
»Das tut mir leid«, murmelte Amy.
»Danke. Jedenfalls schufte ich jetzt für einen anderen großen Schiffbauer und versuche, genug zusammenzusparen, um
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