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Alle meine Schuhe

Alle meine Schuhe

Titel: Alle meine Schuhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hepburn Lucy
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tatsächlich ein gutes Argument«, antwortete Amy, »aber da sind Unmengen von Leuten, die sich gern mit Ihnen unterhalten möchten.«
    »Dann sollten sie gelegentlich auf einen Sprung im Pleasant Shores vorbeikommen. Der Himmel weiß, wie lang die Tage dort sein können. Wie viele Körbe kann ein Mensch wohl flechten, bevor er das Bedürfnis verspürt, sie an die Wand zu werfen?« So lebhaft hatte Amy die alte Dame noch nie gesehen. »Nein, Sie bleiben hier, Amy. Ich muss … Ihnen etwas beichten.«
    »Etwas beichten?«, fragte Amy.
    Was kam jetzt? Bitte sagen Sie mir nicht, dass Sie die Polizei verständigt haben und ich nun verhaftet werde, weil ich mich als die Freundin einer imaginären Tochter eines nicht existenten neues Bewohners eines Alterheims ausgegeben habe, um mir auf betrügerische Weise dort Eintritt zu verschaffen...
    Da bin ich ja mal gespannt ...

23. Kapitel

    A lice räusperte sich. »Wissen Sie, Amy, nachdem Sie Pleasant Shores gestern verlassen hatten, bin ich neugierig auf Sie geworden.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja. Wie ich bereits erwähnt habe, hat man in Pleasant Shores manchmal ein bisschen zu viel Freizeit. Einige von uns denken dann zu viel nach. Jedenfalls brauchte ich dringend etwas, das mich auf andere Gedanken bringt und mich von der bevorstehenden Überraschungsparty ablenken konnte.«
    »Heißt das, Sie wussten von heute Abend?«, stieß Amy hervor.
    »Wollen Sie mich auf den Arm nehmen? Liebes, hier in dieser Gegend gibt es keine Geheimnisse! Aber Sie verraten Jack nichts, in Ordnung?«
    Amy schüttelte den Kopf.
    Alice lächelte. »Ich habe viel über Sie nachgedacht. Sie wirkten gestern wissbegierig, aber auch so einsam …«
    »Alice …«
    »Keine Bange, ich sagte ja schon, dass ich nicht neugierig sein will. Ich habe mich einfach nur gefragt, was ein Mädchen dazu bringen könnte, quer durch die Welt zu reisen, um die Schuhe ihrer Mutter zu finden – und dann fiel es mir plötzlich ein!«
    »Alice«, beharrte Amy. »Es tut mir leid, aber das Ganze ist sehr kompliziert …«
    »Frauen reisen aus zwei Gründen allein: Entweder suchen sie etwas oder sie laufen vor etwas davon. Würden Sie das nicht auch sagen?«
    Amy schwieg. Was sollte sie auch entgegnen? Was wäre denn ihre Antwort?
    Beides. Wenn ich ehrlich bin, mache ich beides.
    »Ich bewundere Sie, Amy. Es gehört Mut dazu, diesen weiten Weg zurückzulegen, um die Schuhe Ihrer Mutter zu finden.«
    »Danke.« Amy hielt gespannt den Atem an, was nun folgen würde.
    »Ich musste einfach ein bisschen nachforschen.«
    »Das verstehe ich.« Amy drückte Alices Hand. »Ich hatte nicht das Recht …«
    »Nein, meine Liebe, es geht um den Schuh. Ich musste herausfinden, wonach genau Sie auf der Suche waren, verstehen Sie?«
     
    »Nein, Alice, ich kam wegen Mums Schuhen her, das ist alles. Ehrlich.«
    »Wirklich?« Alice wirkte verdutzt. Sie beugte sich vor und ergriff Amys Hand. »Waren Sie nicht auf der Suche nach einer Nachricht?«
    »Ich verstehe nicht? Eine Nachricht? Was denn für eine Nachricht?«
    Ein Anflug von Zweifel legte sich auf Alices dezent mit Puder und Rouge geschminktes Gesicht. Sie holte Luft, als setze sie zum Sprechen an, schwieg jedoch und sah sich unsicher um. Das Festzelt summte nur so vor Stimmengewirr, das aus dem Zelt hinaus und über die Bucht getragen wurde. Alte Freunde begrüßten einander, Scherze und Geschichte wurden erzählt, es wurde viel gelacht. Nicht zum ersten Mal am diesem Abend fühlte sich Amy wie der winzige Teil von etwas viel Größerem. Einer Art Gemeinschaft.
    »Alice?« Amys Herz hatte angefangen, wie wild zu hämmern. Sie konnte sich das nicht erklären. Irgendetwas stimmte hier nicht. Die alte Dame beugte sich vor und griff nach dem austerngrauen, perlenbesetzten Abendtäschchen, das zu ihren Füßen lag. Man sah ihr die Anstrengung deutlich an – doch Amy hatte zu spät reagiert, um ihr zu helfen.
    »Nun, Amy, ich bin schon so weit gegangen, dass ich es jetzt auch zu Ende bringen will. Wissen Sie, zu meiner Zeit war es üblich, dass die Ballerinen Briefe ihrer Liebhaber oder Bewunderer aus dem Publikum in ihren Spitzenschuhen versteckten – hat Ihre Mutter Ihnen das nie erzählt?«
    Amy hatte einen Kloß im Hals und schüttelte den Kopf. »Wollen Sie sagen, Sie haben etwas in dem Schuh gefunden?«
    Alice tätschelte Amy beruhigend die Hand und sah ihr in die Augen. Dann sagte sie: »Nein, meine Liebe, aber ich wäre nicht überrascht, wenn etwas darin versteckt wäre, das ist

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