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Alle muessen sterben

Alle muessen sterben

Titel: Alle muessen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B. C. Schiller
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zeigte.
    „Auf dieses Foto hatte sie es abgesehen! Dieses Foto wollte sie unbedingt haben!“ Gruber runzelte skeptisch die Stirn, doch Braun war sich sicher. In seinem Kopf ließ er die Geschehnisse wie einen Film nochmals ablaufen: Das Mädchen, das neben seinem Wagen kniet, mit den Fingerspitzen über das halb fertige Graffiti auf seiner Wagentür streicht. Dann aufsteht und einen Blick in den Wagen wirft. Zurückzuckt, so als hätte sie etwas Verdächtiges gesehen, etwas Grauenvolles. Es konnte nur dieses Foto gewesen sein.
    Hastig gingen sie durch den Regen zurück in das Schloss und über die steile Treppe nach oben in das Atelier von Dimitri di Romanow. Dieser saß noch genauso steif in seinem hohen Lederstuhl, wie sie ihn zuvor verlassen hatten.
    „Sie sind ja ganz nass geworden, Chefinspektor“, konstatierte er nach einem Blick auf Brauns durchnässten Anzug mit hohntriefender Stimme. „Billige Anzüge verlieren die Fasson, wenn sie feucht werden. So wie Ihrer.“
    Braun stoppte mitten im Raum, ballte seine Fäuste und wusste, dass er ganz knapp davor stand, Dimitri einen Schlag in seine degenerierte Fresse zu verpassen. Die Rettung fand er wie so oft in den Worten seiner Psychotherapeutin. Für Konflikte wie diesen hatte sie ihm ein einfaches Bild eingeimpft: Bevor die Situation eskalierte, auf den Grund eines Sees sinken. Dort, wo nur noch Ruhe und Stille sind, und mit angehaltenem Atem durch einen langen Tunnel tauchen, an dessen Ende sich Sonnenstrahlen im Wasser brechen. Auf dieser anderen Seite im Licht hochkommen, langsam an die Oberfläche schweben und tief Luft holen. Der ganze Körper entspannt sich und brenzlige Situationen werden so entschärft.
    Braun hielt sich genau an die Anweisung und als er tief Luft geholt hatte, grinste er Dimitri bloß verächtlich an und ließ sich wieder in den wackeligen Barockstuhl fallen, der bedrohlich knackte.
    „Kennen Sie ein Mädchen mit roten Haaren? Sie hat einen dressierten Wolf.“
    „Oh, Sie meinen sicher Chloe, das Waldmädchen!“ Ein plötzliches Leuchten huschte über Dimitris Gesicht und Braun fragte sich, welche geheime Verbindung wohl zwischen den beiden bestand.
    „Sie kennen also diese Chloe. Warum nennen Sie sie Waldmädchen?“ Gruber lächelte freundlich und nickte aufmunternd, als ihn Dimitri hilflos anblickte.
    „Nein, ich kenne Chloe nicht.“ Nervös zog Dimitri an einem Ohrläppchen und Braun grinste. Die Körpersprache des Mannes war wie ein offenes Buch, ständig tischte er ihnen neue Lügen auf.
    „Waldmädchen sage ich einfach nur so, weil sie immer im Wald unterwegs ist. Sie kann angeblich nicht sprechen, ist stumm . Niemand kennt Chloe wirklich näher, denn sie ist sehr scheu. Früher soll sie ganz anders gewesen sein, aber das war vor der Katastrophe“, redete Dimitri weiter, machte ein betrübtes Gesicht und bearbeitete mit dem spitz zusammengefeilten Nagel seines kleinen Fingers seine rechte Schläfe.
    „Welche Katastrophe meinen Sie?“ Braun beobachtete Dimitri scharf, doch dieser hatte wieder beide Hände auf die Armlehnen gelegt, saß kerzengerade auf dem Ledersessel und starrte durch ein Schießscharten-Fenster auf den grauen See hinaus.
    „Ich weiß es nicht! Es heißt immer nur ,vor der Katastrophe‘ oder ,nach der Katastrophe’. Aber keiner verliert ein Wort darüber.“
    Diesmal sprach Dimitri die Wahrheit und Braun wusste, dass sie von ihm nichts Aufschlussreiches über dieses geheimnisvolle Mädchen mehr erfahren würden. Braun winkte also genervt ab, als Gruber nachhaken wollte, denn er hatte keine Lust, sich eine weitere Lügengeschichte von Dimitri anzuhören. Er wollte sich hier in Gmunden ein eigenes Bild vom Fall machen, vielleicht die eine oder andere versteckte Schwingung aufnehmen.
    „Sie halten sich zu unserer Verfügung.“ Braun stand auf, ging auf Dimitri zu und beugte sich wieder ganz nahe über ihn. „Wo ist das Zimmer von Tim Kreuzer?“, fragte er leise.
    „Das Zimmer? Das ist leer!“ Dimitri schob seinen Kopf zurück, und stieß mit dem Stacheldrahtring seines Zopfes an die hohe Rückenlehne.
    „Das Zimmer ist also leer? Weshalb, wollte Tim abreisen oder wohnte er bereits an einem anderen Ort?“ Beinahe berührte Brauns Nasenspitze die von Dimitri und er bemerkte das feine, weiße Puder auf dessen bleicher Haut. „Ich höre!“
    „Tim wollte wieder bei seinem Vater wohnen. Er hatte vor irgendetwas Angst! Ich wollte ihm Mut zusprechen, ihn beschützen, aber er wollte nichts davon

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