Alle Orte, die man knicken kann
Ehemann starb unter ungeklärten Umständen, sodass sie selbst Pharaonin wurde. Sie regierte über zwanzig Jahre lang, bevor sie mit einem gewaltigen Niesen verstarb («Hatschepsut»), dem angeblich der Nil seinen Ursprung verdankt. Man kann Stufen hinaufsteigen und zwischen Pfeilern hin und her gehen und die ewigen Reliefs mit den immer gleichen Gestalten betrachten, die laut Reiseleiter immer etwas anderes bedeuten.
8. Horus-Tempel in Edfu. Nach Assuan gelangt man gewöhnlich per Nilschiff. Auf dem Weg treibt man an ein paar Tempeln vorbei (
Kom Ombo
für einen verdorrten Krokodilgott,
Philae
für Inzestgöttin Isis). Der Blick von der Reling reicht vollkommen; nur wer sich eine extra ausgiebige Reise hat aufhalsen lassen, muss hier noch aussteigen. Nicht erspart bleibt einem auf halbem Weg ein Tempel, der dem Falkengott Horus geweiht ist und der unglücklicherweiseals gut erhalten gilt. Schon wieder Säulen, Höfe, Vorräume, Nebenkapellen, Gänge, ein muffig riechendes, längst entweihtes Allerheiligstes und viele Reliefs, die von den Reiseleitern schamlos zur Erläuterung der ägyptischen Geschichte genutzt werden. Das Beste: die Fahrt zurück zum Schiff.
9. Assuan. Ägyptens südlichste Stadt ist zugleich Hauptstadt der Provinz Nubien, die geographisch weit in den Sudan reicht. Die ockerfarbene Stadt bietet eine touristische Fußgängerzone, ein grämliches arabisches Viertel, Bootsfahrten zu den Nilkatarakten und eine Insel namens Elephantine, auf der ein gewienertes Museumsdorf als echt nubisch ausgegeben wird. Unvermeidlich ist der Abstecher zum Staudamm, dessen erste Version hundert Jahre und dessen neuere Fassung fünfzig Jahre alt und brüchig ist. Üblich ist die emsige Debatte: Ist der Damm umweltverträglich? Hat er nicht den wertvollen Nilschlamm zurückgehalten? Den Fischbestand im östlichen Mittelmeer reduziert? Reicht als Thema für Busfahrt und Abendessen.
10. Abu Simbel. Man kann nach Abu Simbel am Südufer des Stausees fliegen. Das Übliche ist eine Bustour im Konvoi, zu der man in Assuan gegen fünf Uhr aufbricht, um gegen halb acht dort zu sein. Der Haupttempel ist nach den Pyramiden das meistfotografierte Bauwerk Nordafrikas: Vier zwanzig Meter hohe Sitzstatuen, zwei davon mit Ziegenbart, eine ohne Kopf und Oberkörper, die allesamt Ramses Zwo darstellen, den König, der vor dreitausend Jahren mit seiner Mutter und mit seiner Tochter verheiratet war, nebenbei wohl auch noch mit anderen Frauen. Wegen seiner siegreichen Kriegszüge ging er als Friedensfürst in die Geschichte ein. Der Tempel wäre vom Stausee überspült worden, hätte man ihn nicht zerlegt und an höherer Stelle wiederaufgebaut, was heute allgemein bedauert wird. Denn die Rückfahrt ist noch ermüdender als die Hinfahrt.
So wird man lästige Mitreisende los
Beim Kamelritt. Die letzte Entführung von Touristen in Ägypten liegt schon ein paar Jahre zurück. Mehr Verlass ist auf einen Kamelritt, wie er vor allem rund um die Pyramiden angeboten wird. Zwar fallen nur elf Prozent der Touristen vom Höcker. Und davon wiederum verstaucht sich nur die Hälfte die Gliedmaßen so nachhaltig, dass die Reise lediglich mit Verband auf der Rückbank des Busses fortgesetzt werden kann. Doch wir können angeberische Mitreisende zu einem waghalsigen Ritt ermutigen, zumal sie dann wenigstens eine Weile beschäftigt sind. Wir selbst beherrschen das wichtigste Wort Ägyptens:
La Schokran
– Nein danke. Wer es mantramäßig vor sich hin murmelt, gewinnt Ruhe und Kraft.
In Kairo. Alle Reisen schließen Übernachtungen in Kairo ein. Im chaotischen Verkehr bleiben Reisegruppen zunächst unbehaglich nah zusammen. In der Altstadt lockert sich die Stimmung. Hier gibt es eine abgetakelte Zitadelle und eine muffige Alabastermoschee. Vor allem aber einen wuseligen Basar und ein Ägyptisches Museum. Beide sind glänzend geeignet, um geschwätzigen Mitreisenden zu sagen: In zwei Stunden treffen wir uns wieder am Eingang, sonst im Hotel! Auf Letzteres läuft es hinaus. Der Khan-el-Khalili-Basar mit der betäubenden Fülle von Parfüms, Tüchern, Teppichen aus echter Kinderarbeit, frischgedruckten uralten Papyri und eben fertig geschnitzten Antiquitäten weckt bei den meisten Besuchern einen in die Gene geprägten Wunsch: den Wunsch zu überleben. Nur ist es schwerer, hinaus- als hineinzukommen. Das gilt genauso fürs Museum: Konkurrierende Reisegruppen mit krakeelenden Führern drängeln um Mumien, Stelen, Totenmasken. Unser
Weitere Kostenlose Bücher