Alle Orte, die man knicken kann
lästiger Mitreisender wird sich hoffentlich ausgiebig informieren, während wir im Café eine extrem verdächtige Wasserpfeife rauchen.
Typisch Ägypten
Bakschisch . Im alljährlichen Ranking von Transparency International hält Ägypten seit Jahren einen der Spitzenplätze unter den korruptesten Ländern der Welt. Die berühmten Bakschisch-Forderungen von Wärtern, Grabeshütern, Parkwächtern und selbsternannten Aufsichtspersonen sind also nichts Ungewöhnliches. Sie sind authentische ägyptische Kultur. Bakschisch bedeutet so viel wie Geschenk, und nichts anderes wird von einem Gast erwartet, und zwar minütlich, sobald er den Fuß auf ägyptischen Boden gesetzt hat. Es gibt keine Gepäckausgabe ohne Bakschisch, keinen Klobesuch, keinen Blick auf die Pyramide oder in eine Grabkammer. Wer sich an einen Fels lehnen möchte, muss Bakschisch bereithalten für den Hüter des Felsens. Das Positive: Für dergleichen freiwillige Spenden bekommt man nahezu alles: Einlass in gesperrte Museumsräume, Zugang zu Grabkammern sowie kleine schwärzliche Zähne und Haare von jahrtausendealten Mumien.
Nilfahrt. Bei Agatha Christie ereignete sich eine Menge an Bord des Nildampfers, während die Landschaft im Hintergrund vorbeizog. Für Reisende, die keinen Mord aufzuklären haben, ist die Fahrt pure Langeweile. Die Uferlandschaft ist von ermüdender Eintönigkeit. Felder, Palmen, Sand und Schlick. Frauen waschen, Kinder planschen, Männer schlafen. Als besonderer Kick bleiben das Käptns Dinner und die Ausfahrt mit einem Segelboot, dessen entscheidende Originalität darin besteht, dass es Felukke genannt wird. Es gibt auch Fähren und Motorboote und ein paar grasbewachsene Inseln. Der Nil sei nicht nur lang, bemerkte der britische Kommandant Edmund Allenby, sondern vor allem langweilig. Was er übersah: Der ägyptische Flusslauf unterhalb von Assuan bietet eine abwechslungsreiche Fauna: Fische, Flöhe und Wasserratten.
Unverdauliche Landesspezialitäten
Ägypten gehört zu den zahlreichen Ländern der Welt, die dicke Bohnen als Nationalgericht schätzen. Und wenn gerade keine Bohnen da sind, dann Linsen oder Kichererbsen. Reisende, die schon anderthalb Grillspieße mit Hammelleber, Schafsbrüsten und Bauchfett samt gewickelten Zwiebelschalen überstanden haben, ziehen sich oft auf Fladenbrot und Reis zurück. Vom dritten Tag an gewöhnlich auf ärztlichen Rat. Dabei sind es weniger die verdorbenen Fleischbestandteile als vielmehr die verpilzten Pasten, deren undefinierbare Grundsubstanz immer wieder stoisch umgerührt und verlängert wird. Garküchen in Kairo und Alexandria sind sogar stolz darauf, dass ihre Pasten noch Kreuzkümmel und Knoblauch aus osmanischer Zeit enthalten, also mindestens hundert Jahre alt sind. Die Lebenserwartung in Ägypten ist vielleicht nicht zufällig fünfzehn bis zwanzig Jahre geringer als in Deutschland, allerdings nur zehn Jahre geringer als bei Deutschen, die eine Woche in Ägypten verbracht haben. Trost bieten übrigens die zahlreichen Kronenzieher aus Sirup, Zucker, Honig, Kleister und Nüssen sowie eine äußerst laxe Auslegung des islamischen Alkoholverbotes.
Das reicht für das Expertengespräch
Die wichtigsten Kunstschätze Ägyptens sind zunächst von den Franzosen unter Napoleon abtransportiert worden. Der damals sichtbare Rest wurde unter englischer Herrschaft ins British Museum verlegt. In Berlin gibt es eine Büste der Nerfertiti alias Nofretete. Handelt es sich bei all diesen Altertümern um Raubkunst? Solltendiese Werke womöglich zurückgegeben werden? Diese Frage ist ein schöner Einstieg in einen Abend über den Umgang mit Kolonialwaren. Eher Quizcharakter haben dagegen die Mutmaßungen über die Welt der Götter und Dynastien. Wer Amenophis, Thutmoses, Echnaton und Tutanchamun zwei Wochen nach der Reise noch nach zeitlichem Auftreten zu ordnen vermag oder wer Altes, Mittleres und Neues Reich den Jahrtausenden zuordnen kann, hat gewonnen. Die verdiente Strafe: ein Buch über die Entzifferung der Hieroglyphen. Oder ein Lexikon der Mythologie, damit nicht nur Isis und Osiris im Gedächtnis bleiben. «Das lies mal durch, denn wenn einer einen Sinn dafür hat, dann du.» Die anderen prosten sich unterdessen völlig unmythologisch zu.
Das meinen Kenner
«Ich reise nicht in Länder, in denen das letzte intelligente Leben vor dreitausend Jahren ausgestorben ist.»
– Isaac Babel, Schriftsteller
«Man weiß inzwischen, dass die Sphinx angesichts des letzten großen Rätsels
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