Alle Orte, die man knicken kann
der Menschheit verstummte: Warum gibt es so viele tolle unverheiratete Frauen und so wenig tolle unverheiratete Männer?»
– Sarah Jessica Parker, Schauspielerin
«Packen Sie mir diesen Obelisken ein, und schicken Sie ihn nach Hause.»
– Napoleon, Feldherr
Marokko
J a, natürlich, es gibt einen Grund, nach Marokko zu reisen, am besten mit Gleichgesinnten, und dafür auch noch tief in die Tasche zu greifen. Einen einzigen Grund: dort bei Nacht ein Boot zu besteigen und über die Straße von Gibraltar nach Spanien zu setzen, um den gruseligsten aller Kontinente für immer hinter sich zu lassen. Das tun viele.
Dass auch der umgekehrte Fall vorkommt – dass also Leute von europäischen Schleppern verführt werden und nach Marokko fahren –, das scheint Afrikanern, und speziell den Marokkanern, schier unbegreiflich. Aber es geschieht. Europäische Schlepper, Reiseveranstalter genannt, geben Marokko als «Land der Königsstädte» aus. Mit diesem goldfarbenen Wort bezeichnen sie eine Reihe von Slums, die unter den Namen Fès, Marrakesch, Meknès und Rabat im Lexikon zu finden sind.
Da steht dann auch, dass irgendwann mal vor vielen hundert Jahren ein paar meuchelnde Könige in diesen Städten wilderten – aus fragwürdigen Dynastien namens Idrisiden, Almoraviden, Almohaden, Meriniden, Saadiern und Alawiden. Ihre Herrschaftsberechtigung leitete sich vor allem aus der Kunst des Mordensher. Sie haben befestigte Häuser mit Zinnen hinterlassen, die jetzt als Paläste ausgegeben werden, und aus Schuldgefühl ein paar Moscheen von Sklaven erbauen lassen.
Rabat ist die Hauptstadt. Außer wuseligem Verkehr und Plattenbauten sind ein paar historische Ruinen zu durchstolpern. Anschließend gibt es Pfefferminztee. Schluss. Nebenan in Meknès erhebt sich immerhin ein Getreidespeicher. An der Stadtmauer erleichtern sich tierquälerisch bepackte Esel. Wer in die Gassen der Handwerker und kleinen Läden späht, in die sogenannten Souks, wird sofort hineingezogen und Stunden später gegen Lösegeld wieder zum Ausgang geführt. Eine schnellere Freilassung ist nur zu erreichen durch den Kauf von Kupfertöpfen oder Teppichen.
Das gilt noch viel mehr in Fès. Reiseleiter zeigen hier gern ein oder zwei Mausoleen von islamischen Gelehrten, auch die
Medresen
genannten Koranschulen, und entlassen ihre Gruppe dann zum Schnuppern ins Labyrinth der Gerber, Färber, Kupferschmiede. Hier geht es laut und entschieden unlustig zu. Kinder ziehen die Besucher an der Hand, sagen ihren in der Schule erlernten Spruch auf – «Deutschland gut, Fußball, Mercedes, Hitler gut!» – und bringen den so Gelobten in den nächsten Laden für Lederwaren und Berberteppiche. Dort gibt es Tee und kein Entkommen. Ein Nein wird grundsätzlich nicht akzeptiert. Wer aus dem Laden will, wird mindestens am Arm gepackt, hinter ihm läuft der Händler her, vor ihm taucht schon dessen Schwager auf.
Doch nirgends sind die Verschlepper und Verkäufer aufdringlicher als in Marrakesch. Von der ehemaligen Hippiemetropole ist der Handel mit Drogen und mit Sex geblieben. Reiseveranstalter preisen das klotzige Stadttor Bab Agnaou und den disneyhaften El-Bahia-Palast, ein Imitat aus dem späten neunzehnten Jahrhundert, schließlich noch die Koutoubia-Moschee, die einen unbestreitbarenVorteil hat: Sie wirft Schatten in einen dahinterliegenden Park. Der ist die letzte Erfrischung, bevor es zur angeblichen Hauptattraktion geht, zum Marktplatz Djemma el-Fna, dem Treffpunkt der Händler, Diebe, Affenbändiger, Schlangenbeschwörer und Hammelhoden-Grillstationen. Der Platz wird gewöhnlich im Sonnenuntergang fotografiert, was zugleich die beste Zeit ist, um ihn zu verlassen.
Die anschließenden Basargassen, hier
Kasbah
genannt, rauben Gutwilligen den letzten Nerv. Sie sind ausschließlich geeignet für Leute, denen die humorlose Aggressivität der Händler Spaß macht, weil sie hier mal mit gleicher Münze zurückzahlen dürfen. Militante Fußballfans im Rudel sind das am besten geeignete Publikum. Völlig ungeeignet: allein reisende Frauen. Sie werden in Nordafrika grundsätzlich als Prostituierte betrachtet; allein reisende junge Männer, wenn sie gut aussehen, ebenfalls.
Marrakesch ist in den letzten Jahren zur Sexmetropole geworden und damit zur stärksten Konkurrenz von Agadir und Casablanca. Offiziell ist auch in diesem Land Sex mit Minderjährigen verboten und erst recht der Handel mit Kindersex. Doch die Gesetzgebung in Afrika dient nicht so sehr dem Recht
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