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Alle Rache Will Ewigkeit

Alle Rache Will Ewigkeit

Titel: Alle Rache Will Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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mit ins Bett zu nehmen.
    Aber wenn Jay wegfuhr, gab es nie einen Grund, sich zu freuen. Die Wohnung schien auf ungewohnte Weise leer. Magda war unruhig und konnte sich mit nichts für längere Zeit beschäftigen. Vielleicht deshalb, weil sie in Jays Gegenwart sich immer unbeschwert dem hingeben konnte, was ihr gerade in den Sinn kam. Entweder schloss sich Jay ihr an, oder sie widmete sich ohne den leisesten Funken eines Vorwurfs ihrem eigenen Vergnügen. Es gab also nichts, was sie nur tun konnte, wenn Jay weg war, und mit dem sie sich nicht auch in ihrer Gegenwart beschäftigen konnte.
    Außer sie zu vermissen natürlich.
    Bis sie ihre Lebensmittel bezahlt hatte, war der Regen schwächer geworden. Trotzdem war sie froh, als sie im Schutz ihrer Eingangshalle anlangte. Während sie auf die Aufzüge zuging, schüttelte sie ihr Haar wie ein nasser Hund. Bevor sie eine ihrer Einkaufstüten abstellen konnte, um auf den Knopf zu drücken, erschien ein Mann an ihrer Seite und streckte einen Finger danach aus.
    Es war ein Fremder, was nicht besonders ungewöhnlich war. Der Häuserblock war so groß und ihre Arbeitszeiten so unregelmäßig, dass Magda die meisten Nachbarn nicht kannte. Der Mann folgte ihr in den Fahrstuhl, und als sie sich umdrehte, betrachtete sie ihn verstohlen.
    Ja, das war auf jeden Fall jemand, den sie noch nie gesehen hatte. Nur ein paar Zentimeter größer als sie, ein Borstenkranz hellbrauner Stoppeln lief um seine Halbglatze herum, er hatte weiche Gesichtszüge und graugrüne Augen. Er trug einen dieser Mäntel, die sie immer als typisch betrachtet hatte für Männer, die in elitären Privatschulen erzogen worden waren – kamelhaarfarben mit einem braunen Samtkragen, in der Taille etwas enger –, dazu einen Schirm und einen Aktenkoffer.
    Er sah nicht viel älter aus als sie, aber seine Kleidung schien mindestens aus der Generation vor ihnen zu stammen.
    »Sie sind Magda, oder?«, fragte er, sobald sich die Türen geschlossen hatten und sie in dem kleinen, von Stahl umgebenen Raum allein waren. Seine Stimme und Aussprache passten zu seinem Mantel – affektiert, nobel und aalglatt.
    Erschrocken wandte sich Magda halb um und trat zugleich einen Schritt zurück. »Entschuldigung? Kenne ich Sie?«
    »Ich hatte vor, Ihnen einen Besuch abzustatten, als Sie gerade jetzt erschienen.« Es war, als hätte sie nicht deutlich genug in dem Tonfall gesprochen, der zum Abstandhalten aufforderte. »Ich habe etwas für Sie. Ich war ein Freund von Phil, verstehen Sie.«
    Nicht wenn du ihn Phil nanntest, dachte Magda. Philip hatte es überhaupt nicht gemocht, wenn ihn jemand anders rief als bei seinem vollen Namen.
    Als hätte er ihre Gedanken gelesen, zuckte der Mann leicht selbstironisch mit den Schultern »Na ja, eigentlich kein Freund. Eher ein Geschäftspartner.« Er steckte eine Hand in die Innentasche seines Mantels und suchte etwas. Einen verrückten Moment dachte sie, er werde eine Pistole herausziehen. Zu viele Krimis am späten Abend, sagte sie sich, als er eine harmlose Geschäftskarte vorzeigte. »Das bin ich.« Er schien nicht zu bemerken, dass Magda keine Hand frei hatte, um sie entgegenzunehmen.
    Die Türen glitten auseinander, und Magda verließ so schnell wie möglich den Aufzug und ging auf ihre Wohnungstür zu. Sie setzte die Einkaufstüten ab und drehte sich um, so dass sie dem Mann gegenüberstand. Er war rund einen Meter von ihr entfernt und hielt ihr die Karte entgegen.
    Sie nahm sie und las:
Nigel Fisher Boyd. Fisher Boyd Finanzanlagen.
Eine Mobilnummer und eine Internetadresse, aber keine Straßenadresse. »Ich habe noch nie von Ihnen gehört«, sagte sie.
    »Ich weiß«, sagte Fisher Boyd. »Aber wie ich schon sagte, ich habe etwas für Sie. Und ich würde das Geschäft lieber nicht hier draußen im Flur abwickeln.«
    »Und ich lade Fremde nicht in meine Wohnung ein.«
    »Sehr vernünftig. Bringen Sie doch Ihre Einkäufe nach drinnen und treffen Sie mich unten. Ich habe ein nettes kleines Weinlokal in der Nachbarschaft gesehen. Dort könnten wir vielleicht etwas trinken.«
    Magda überdachte diesen Vorschlag gründlich und konnte nichts Verdächtiges daran finden. »Gut«, sagte sie schließlich. »Ich sehe Sie dann unten.« Beide blieben für einen Augenblick so stehen und blickten sich an. Dann begriff er.
    Scherzend drohte er ihr mit dem Finger. »Sie sind sehr vernünftig.« Er trat zurück, drehte sich schnell um und ging zum Aufzug zurück. Magda sah ihm nach, bis er hinter den

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