Alle Rache Will Ewigkeit
zusammen und beschloss abzunehmen. »Hallo?«, sagte sie vorsichtig und bemühte sich um einen Akzent, der nicht ganz ihrer normalen Aussprache entsprach.
»Charlie?« So wie es sich anhörte, war es ihr gelungen, Nick zu verwirren. »Bist du das?«
»Hi, Nick.«
»Ich wollte dich nur kurz anrufen, um zu fragen, wie es mit Dr. Patel gelaufen ist.«
Charlie berichtete. Am Ende stieß er einen leisen Pfiff aus. »Eine Anomalie, hm? Wir mögen Anomalien, was, Charlie?«
»Was soll das ›wir‹ heißen, Nick?«
Ein kurzes Schweigen, dann sagte er: »Du kannst nicht allein an diese Sache rangehen, Charlie. Du brauchst jemanden, der sich auskennt.«
»Und das könntest du sein?«
»Ja.«
Charlie war gerührt, aber in Nicks Interesse auch vorsichtig. Der Himmel bewahre ihn davor, in ihr spezielles berufliches Inferno hineingezogen zu werden. »Du hast doch schon deine eigene Arbeit zu erledigen. Sei nicht so gierig«, sagte sie streng und bremste, als der Transporter vor ihr ruckelte und anhielt.
»Es ist Stressabbau für mich«, sagte er. »Ich will helfen, Charlie. Du hast mir nie erlaubt, etwas für dich zu tun, und das ist nicht gut. Freundschaft soll doch keine Einbahnstraße sein. Lass mich dich also dabei unterstützen.«
Charlie spürte, wie ihr Tränen die Kehle zuschnürten. Sie war nicht daran gewöhnt, dass man ihre Verletzlichkeit bemerkte, und schon gar nicht, dass man sich danach richtete. »Wie auch immer«, sagte sie barsch. »Ich kann dich ja wohl kaum davon abhalten, oder?«
»Gut. Also, ich sehe es so, dass wir mit diesem Fall Jess Edwards nicht viel weiterkommen werden. Der hauptsächliche Wert des Beweismaterials ist, dass es einen Modus Operandi aufzeigt, also auf welche Weise Jay Jess Edwards tötete, nämlich fast genauso, wie Philip Carlings Ermordung ablief. Und die beiden Personen, die wegen des Mordes an ihm verurteilt wurden, haben Jess Edwards definitiv nicht umgebracht. Was du also jetzt tun musst …«
»Nick?«, unterbrach ihn Charlie. »Geht es hier um eine Bedeutung des Wortes ›Hilfe‹, die mir unbekannt ist? Die, bei der du einfach alles in die Hand nimmst?« Sie lachte dabei, hoffte aber, dass er ihren ernstgemeinten Unterton bemerken würde.
»Tut mir leid, Charlie. Ich hab mich hinreißen lassen, ist ja mein Fachgebiet. Was willst du als Nächstes tun?«
»Ich will so viel wie möglich über Kathy Lipsons Tod herausfinden. In Schottland gibt es offenbar etwas, das sich Untersuchung tödlicher Unfälle nennt, statt dieser gerichtlichen Untersuchung in unserem Sinn, und diese Berichte sind frei zugänglich. Online sogar. Das ist Fortschritt, oder?«
»Sehr eindrucksvoll. Wirst du nach Skye fahren und mit den Leuten von der Bergwacht reden?«
»Komischerweise dachte ich, genau das könnte ich tun.« Der Verkehr begann, sich langsam wieder vorwärtszubewegen, und Charlie legte den Gang ein.
»Vergiss nicht, wegen des Telefons zu fragen«, fügte er hinzu.
»Was ist mit dem Telefon?«
»Ob es mit Jays Rucksack zurückgeholt wurde.«
»Ich weiß nicht einmal, ob der Rucksack gefunden wurde«, betonte Charlie.
»Dann ist das noch etwas, nach dem man fragen muss.«
»Nick, da es ein Satellitentelefon war, sind doch die Daten der getätigten und empfangenen Anrufe wahrscheinlich gespeichert?«
»Damals, 2000 ? Ich nehme an, theoretisch schon.«
»Meinst du, es besteht die Möglichkeit, dass du an die Daten herankommst?«
»Wahrscheinlich nicht ohne richterliche Anordnung. Selbst wenn ich wüsste, welche Telefongesellschaft es war.«
»Aber damals, 2000 , kann es ja nicht sehr viele Satellitentelefone gegeben haben.«
»Ja, und die Chancen, dass es jetzt noch welche in der gleichen Form gibt, stehen ziemlich schlecht.« Nick klang verdrießlich.
»Sie waren damals so teuer, es wäre wirklich interessant zu sehen, mit wem sie für so viel Geld sprach.«
»Dagegen habe ich nichts einzuwenden. Ich glaube nur, dass die Möglichkeiten, an diese Informationen ranzukommen, nahezu null sind.«
Da Charlie eine Lücke sah, wechselte sie auf die äußere Spur hinüber. »Du hast wahrscheinlich recht. Gott sei Dank ist es nicht unsere einzige Munition. Ich will mich auch mit Magda in Verbindung setzen, am besten wenn Jay nicht da ist. Sie war am Samstag so offen zu mir, ich glaube, es würde sich lohnen, daraus Nutzen zu ziehen. Um herauszufinden, was sie vielleicht weiß, auch wenn sie sich dessen gar nicht bewusst ist, du verstehst schon, was ich meine.«
»Klar.
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