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Alle Singen Im Chor

Alle Singen Im Chor

Titel: Alle Singen Im Chor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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Englisch und hatte einen Mathematiker als Freund. Ich war der Sonderling in der Familie, mit meinem Beruf ebenso wie mit meinem Single-Status. Meine Mutter, nach deren Ansicht der größte Vollidiot immer noch besser war als gar kein Mann, machte sich allmählich schon Sorgen um mich.
    Ich ging noch einmal in Jukkas Zimmer. Alles lag an seinem Platz, aber auf den Tisch hatte jemand ein Foto von Jukka an Bord des Segelboots gestellt. Daneben stand eine halb heruntergebrannte Kerze.
    Auf dem Tisch lag außerdem Jukkas Armbanduhr, offenbar ein teures Stück. Wo kam die wohl her? Die Uhr tickte unermüdlich. Ich nahm sie in die Hand, bewunderte die kunstvollen Zeiger. Die Stunden- und Minutenzeiger waren leicht gebogen und golden, der Sekundenzeiger silbern. Der bronzene Weckzeiger stand auf halb vier. Eine seltsame Weckzeit, dachte ich. Warum sollte jemand um halb vier aufstehen wollen? Außer … außer, wenn Jukka heimlich mit einem aus der Gruppe reden wollte und für halb vier Uhr morgens ein Treffen vereinbart hatte. Vielleicht war es auch umgekehrt gewesen, der andere hatte sich mit Jukka treffen wollen – um ihn zu ermorden.
    Mittlerweile war es mir gelungen, den vermutlichen Tathergang zu rekonstruieren, aber weitergekommen war ich trotzdem kaum. Der Täter hatte für mich nach wie vor weder Gesicht noch Geschlecht.
    Wen sollte ich noch befragen? Jukka war stellvertretender Leiter des IOL gewesen, also konnte mir Toivonen, der eigentliche Chorleiter, vielleicht einige Auskünfte geben. Eventuell auch die anderen Mitglieder des Chors … Ob es etwas brachte, zu ihren Proben zu gehen?
    Wie ging es jetzt weiter?, fragte ich mich auf der Rückfahrt nach Pasila. Mit Jyri musste ich so bald wie möglich sprechen, seine Schulden konnten durchaus ein Motiv sein. Und die Vorstellung, dass der verängstigte, betrunkene Jyri mit der Axt zuschlug, schien mir gar nicht so abwegig.
     

 
     
     
     
Fünf
     
     
    Einem ward die Freude, dem andern nichts als Leid
     
    Jyri wohnte in der Helsinginkatu. Die Fenster des Hauses gingen direkt auf den berühmt-berüchtigten Schnapsladen, auf der Straße polterten Straßenbahnen, zerlumpte Penner liefen herum. Einer stolperte blindlings vor die von Osten kommende Acht, mit einer Vollbremsung rettete ihm der Straßenbahnfahrer das Leben. Ich war wieder mal froh darüber, nicht mehr bei der uniformierten Polizei zu sein – sonst hätte ich jetzt eingreifen müssen. So aber setzte ich meinen Weg fort und überließ es anderen Leuten, den Streit zwischen dem Fahrer und dem Penner zu begaffen.
    Es war nicht so einfach, in der Backsteinwand, die auf der Hofseite mehrere Häuser verband, die richtige Tür zu finden. Nach ein paar Fehlversuchen entdeckte ich schließlich auf einer Wohnungstafel den Namen Lasinen und stieg die Treppen zum dritten Stock hinauf. Offensichtlich war ich gut in Form, die sportliche Leistung brachte mich nicht außer Atem. Ich klingelte, und als ich von drinnen Schritte hörte, schaltete ich das kleine Tonbandgerät in meiner Handtasche ein. Die Aufnahme war nicht rechtsgültig, aber ich hatte auch gar nicht die Absicht, sie als Beweismittel zu verwenden. Es handelte sich ohnehin nicht um eine offizielle Vernehmung, denn dafür hätte ich einen zweiten Beamten als Zeugen gebraucht. Ich wollte mich möglichst inoffiziell mit Jyri unterhalten.
    Er wirkte bei meinem Anblick überrascht, aber keineswegs erschrocken. Jetzt, wo seine Augen nicht mehr rot unterlaufen waren und er sich rasiert hatte, sah er aus, als wäre er gerade erst volljährig geworden.
    Jyris Wohnung entsprach ganz und gar dem Klischee von einer Junggesellenbude. Aus der engen Diele kam man in ein geräumiges Zimmer mit einem Schlafboden über der Kochnische. Das Zimmer war hübsch, ja beinahe elegant eingerichtet, aber es herrschte ein unglaubliches Durcheinander. Volle Aschenbecher standen auf sämtlichen freien Flächen, überall lagen zerknitterte Kleidungsstücke herum, auf dem Fußboden tummelten sich Apfelsinenschalen und in den Ecken leere Bierflaschen. Selbst für meine Begriffe war es eine extrem unordentliche Bude.
    Jyri räumte einen schwarzen Ledersessel für mich frei, indem er sorglos ein paar Benetton-Hemden auf den Fußboden beförderte. Er selbst nahm mir gegenüber auf dem ungemachten Bett Platz. Er steckte sich eine Zigarette an und hielt mir nach kurzem Zögern die Schachtel hin. Ich schüttelte den Kopf, ich rauche nur, wenn ich sturzbetrunken bin.
    «Sony, es ist ein

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