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Alle Tage: Roman (German Edition)

Alle Tage: Roman (German Edition)

Titel: Alle Tage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terézia Mora
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so, dann eben so.
    Auf der letzten Aufnahme des Tages stehen sie im Schatten der Hecke vor dem Vogelgehege, ihre schwarzen Kleider vor den dunkelgrünen Blättern sind kaum zu sehen, nur ihre weißen Gesichter, Kragen, Hände leuchten, Mercedes hält einen zerfledderten Strauß, Blumen mit hängenden Köpfen, und über der Hecke schaut mit interessiert zur Seite geneigtem Kopf ein Pfau ins Bild.

    Bevor Erik fragen konnte: Was ist da los?, musste er schon fragen: Das stimmt doch nicht, oder? Was die Hexe Tatjana da erzählt?
    Was erzählt sie denn? fragte Mercedes freundlich.
    Du hast diesen Typen tatsächlich geheiratet? Ich frage nicht, warum, obwohl ich mich das auch frage, ich frage nur: Wieso war ich nicht eingeladen?
    Nicht einmal meine Eltern waren eingeladen.
    Wieso nicht? fragte Miriam ihren Mann.
    Es ist eine Scheinehe.
    Trotzdem. Unsere einzige Tochter. Es hätte um so echter ausgesehen.
    Der Brautvater zuckte die Achseln: Wozu?

    Jasagen, Fotos. Anschließend auseinander zu gehen war schwierig, also blieben sie zusammen, spazierten durch den Park, saßen auf Bänken, aßen eine Waffel, später Hotdogs, schließlich, leicht nach vorne gebeugt: Eis. Hier konnte auch Mercedes wieder lachen. Unser Hochzeitsessen. Irgendwoher – Kofferradio – schepperte mit dem Wind Rock and Roll. In den vergangenen Stunden hatte sich der Park gefüllt: Picknicks, Sonnenbäder, Hunde, Frisbees. In den Käfigen wurde Fußball gespielt. Männer in Abels Alter. Schau, sagte Mercedes zu Omar. Eine alte Frau mit einem schneeweißen Ballerinaknoten hatte einen Vogelkäfig dabei. Der Vogel sah wie ein Spatz aus. Zwei Jungs in Omars Alter ließen ihre Zierschildkröten im Gras Rennen gegeneinander laufen. Eine Hundesitterin trug einen regenbogenfarbenen Hut. Hinter der Hochzeitsgesellschaft, im Baum: ein Eichhörnchen. Mercedes bot ihm die Reste ihres Straußes an. Es schaute nur. Den Schildkröten, sagte Omar, würde er wahrscheinlich besser schmecken. Die Kirchenuhren schlugen. Tatjana schob sich die Sonnenbrille auf die Stirn und sah auf die Uhr, öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch da fingen mal wieder die Glocken zu läuten an, und sie machte den Mund wieder zu. Sie wartete geduldig, bis es sich ausgeläutet hatte, und sagte dann: Schön und gut, aber jetzt müsse sie gehen.
    Sie gingen zu dritt bis zu Mercedes’ Haus. Vor der Tür verabschiedete sich auch der Bräutigam.
    Bis Montag.
    Bis Montag.
    Bis Montag.

    Drei Jahre, nicht wahr? So lange braucht man für einen eigenen Pass. Eigentlich ist das eine klare Sache. Warum also bin ich (Miriam) beunruhigt?
    Pause.
    Er geht fantastisch mit dem Jungen um, und auch sonst ist alles in Ordnung mit ihm. Ein höflicher, stiller, gutaussehender Mensch. Und gleichzeitig … Ich weiß auch nicht, er hat etwas an sich, etwas …
    Ja, sagte Alegria, ich verstehe.

    Sie gingen auseinander, trafen sich am übernächsten Tag wieder zum Unterricht. Da es der Letzte des Monats war, gab Mercedes Abel zusammengefaltete Geldscheine. Er bedankte sich höflich. Anschließend sagte er zu, zum Abendessen zu bleiben.
    Omar erzählte sich durch eine nie gesehene Geographie. Der Ozean, das Meer, die See, die Küste, die Wellen, der Wellenbrecher, die Insel, die Halbinsel, der Haken, das Haff, die Mündung, das Delta, der Strom, der Fluss, der Bach, das Rinnsal, der See, der Tümpel, der Sumpf, die Ebene, das Grasland, die Wälder, die Birken, die Pappeln, die Eichen, die Tannen, das Unterholz. Beim sibirischen Wald hielt er sich lange auf. Die Bären. Anschließend ging es weiter mit Erhebungen, Hügeln, Bergen, Gebirgen, Hochgebirgen.
    Die Erwachsenen schwiegen die meiste Zeit.
    Als Omar auserzählt hatte, fragte ihn Mercedes, ob er Lust hätte, das Land, dessen Sprache er lernte, zu besuchen und die Geographie mit eigenen Augen zu sehen. Man könnte eine Reise unternehmen.
    Omar überlegte kurz und sagte dann: Eigentlich sei das nicht notwendig .

    Im Großen und Ganzen blieben die Dinge unverändert. Diese gewisse Leere, nachdem ein Ziel erreicht worden ist. Wenn eine Weile nur die Zeit vergeht. Zwei-, dreimal die Woche Unterricht, Essen, pädagogisch wertvolle Freizeit. Auch sonst tat unser Hausfreund , was man ihm sagte, worum man ihn im Sinne einer notwendigen Tarnung bat. Anfangs war er sehr verlässlich. Das meiste bleibt natürlich doch an einem selbst hängen. Ich bin mein eigener Ehemann. Benutze seine Zahnbürste, seine Hemden, sein Parfum. Man weiß nicht, wie viel er davon

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