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Alle Tage: Roman (German Edition)

Alle Tage: Roman (German Edition)

Titel: Alle Tage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terézia Mora
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mehr. Mit der Zeit weiß ich immer weniger. Früher dachte ich, die Klugheit würde eines Tages meinen Kopf sprengen. Mittlerweile denke ich, dass diese Gefahr nicht mehr besteht. Das muss damit zu tun haben, dass ich bald in die Pubertät komme. Wahrscheinlich wird sich auch meine Persönlichkeit verändern. Ich werde vielleicht nicht mehr mit dir hier sitzen wollen. Klar ist jetzt schon, dass du dich mehr auf mich stützt, als ich mich auf dich.
    Pause.
    Entschuldige, sagte Omar. Ich will dir nicht weh tun.
    Tust du nicht.
    Doch. Gib es endlich zu.
    Es tut mir Leid, sagte Abel. Dass ich dich enttäuscht habe.
    Das hast du nicht.
    Doch. Gib es zu.
    Na schön. Gebe ich es eben zu.
    Pause.
    Weißt du, das sind schwierige Sachen, sagte Abel. Kompliziert.
    Ja, ich weiß, sagte der Junge. Entschuldige.
    Nein, sagte Abel. Ich muss mich entschuldigen.
    Nein, sagte Omar. Was soll’s. So ist das Leben.
    Er drehte seine Handfläche, die zwischen ihnen auf der Bank lag, nach oben, Abel legte seine Hand drauf.
    Wenn wir schon dabei sind, sagte Omar nach einer Weile: Im Grunde interessiere ich mich nicht für Sprachen. Ich kann sie lernen, aber ich habe keinerlei Gefühl für sie.
    Je sais, sagte Abel. Das macht nichts.
    Lächeln.

    Bis Donnerstag waren es noch drei Tage. Abel blieb liegen.
    Jedes Mal, wenn ein neuer Versuch in der Sackgasse landete, gab es diese Zeit des Nichts. Das ist weder angenehm noch effizient, andererseits steht einem offensichtlich nichts anderes zur Verfügung. Üblicherweise schloss er die Augen, wie man es tut, um besser nachdenken zu können. Einen Gedanken fassen, der etwas anderes ist als Tod, oder meinetwegen auch nichts anderes, dann eben das, irgendwas, wenn schon keine endgültige, dann bitte wenigstens eine erträgliche Lösung. Später verlor er meist das Bewusstsein oder schlief ein, der Unterschied ist für jemanden, der niemals träumt, schwer festzustellen. Als er wieder zu sich kam (aufwachte), hatte er meist eine neue Idee: für einen neuen Job oder etwas anderes, einen neuen Menschen.
    Diesmal: nichts davon. Er blieb wach. Hinter dem Küchenschrank ging es immer noch auf und ab. Manchmal hob Musik an, brach wieder ab. Als suchte jemand nach etwas und fand es nicht. Wenn ich schon nicht schlafen kann und die Klapsmühle auch geschlossen hat, könnte man wenigstens ein wenig draußen herumlaufen. Block um Block, bis man nicht mehr weiter weiß. In der eigenen Stadt nach dem Weg fragen. In knapp einem Dutzend lebender Sprachen. Oder nicht nach dem Weg fragen. Es in Gottes (?) Hand legen, bis sich genügend Ruhe oder Erschöpfung gesammelt hat, und die Sache wäre für heute gelöst. Doch diesmal war das aus objektiven Gründen, einem aufgeschnittenen Fuß, nicht möglich. Die Ränder der Wunde unter dem rechten Fußballen hatten sich mit dem Stoff des Taschentuchs verbunden, das er drum herum gewickelt hatte, und durch dieses hindurch mit der Socke. Darum müsste man sich auch kümmern, ein neues Tuch auflegen, wenigstens. Oder sehen, ob man’s nicht heilen kann. Einmal ist es schon gelungen, wenn es auch nur eine Erkältung war. Vielleicht öffnen sich an diesem Punkt ganz neue, wenn auch etwas okkulte Perspektiven? Aber schließlich tat er nichts. Er blieb einfach wach und wartete.
    Später war wieder Sonnenuntergang, und er bewegte sich wenigstens bis zum Balkon.

    Der Balkon besteht eigentlich aus zwei Balkonen, zwei winzige Kästen, durch eine löchrige Trennwand geteilt. Manchmal, wenn der Nachbar herauskommt, um zu rauchen, begegnet man sich.
    Was machen Sie?
    Übersetzungen. Sie?
    Chaosforschung.
    Was rauchen Sie da?
    Heiligen Salbei.
    Was macht er?
    Das letzte Mal eine Kanufahrt über den Amazonas. Wenn Sie so was mögen.
    Ich kann nicht berauscht werden.
    Sie haben nur noch nicht das richtige Mittel gefunden.
    Kann sein.
    Wollen Sie probieren?
    Ich kann auch nicht rauchen.
    Na, wenn das so ist. Entschuldigen Sie, ich glaube, es geht los, ich gehe besser rein.
    Das war im Grunde alles.
    (Verzeihen Sie. Ich will Sie nicht… Aber Sie knien jetzt schon eine ganze Weile nackt auf dem Balkon und röcheln. Geht es Ihnen nicht gut?
    Dochdoch, sagte A.)

    Entschuldigen Sie, sagte es jetzt wieder aus dem Dunkel hinter der Trennwand. Eine Frauenstimme. Hat sich Halldor Rose in eine Frau verwandelt? Nein. Ich bin seine Schwester Wanda. Könnten Sie vielleicht kurz herüberkommen? Es sei denn, Sie sind gerade beschäftigt.
    Nein, eigentlich nicht.

Der Himmel über unserer Sackgasse
    Als

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