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Alle Tage: Roman (German Edition)

Alle Tage: Roman (German Edition)

Titel: Alle Tage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terézia Mora
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nicht zusammen.
    Aus keinem anderen Grund haben sie angerufen.
    Wie viel?
    Weiß nicht. Fünfhundert?
    Pause.
    Wenn ihr mir sagt, wann. Mit welchem Zug.
    Pause. Nur ein Hauch. Aber doch: Pause.
    Wir wissen es noch nicht. Wir rufen an.
    Er glaubte ihnen nicht, aber er sagte: In Ordnung.
    Mein Beileid, sagte Thanos. Wie viel brauchst du?
    Da schuldete er ihm schon zwei Monatsmieten. Diese seltsamen Storys bringen weniger ein, als man denkt.

    Nicht dünn mit Vogelkopf und auch nicht untersetzt mit einer viereckigen Stirn, weder Janda noch Andre, Kontra war es, der kam, um das Geld zu holen. Sie trafen sich auf der Straße, Geldübergabe auf neutralem Terrain. So alleine, aus seinen Zusammenhängen gerissen, machte er einen seltsamen Eindruck. Abel schaute zur Straßenecke, ob die anderen vielleicht hinterher kamen, aber niemand kam mehr.
    Sie habe seine Kanne aus dem Fenster geschmissen, erzählte Kontra. Sie haben sich über irgend etwas gestritten, das Übliche, sie brüllte: Ich bin also verrückt, ja? Ich werde dir zeigen, wie verrückt ich bin! Und paff, die Kanne durchs offene Fenster auf den Hof der Stromgesellschaft. Während es noch schepperte, packte Janda sie am Kragen und fing an, sie zu ohrfeigen: Vorhand, Rückhand, Vorhand, Rückhand. Und dann waren wieder alle vier ineinander verknäult, wälzten sich auf dem Boden. Am Ende nur noch sie drei, Kinga hatte sich freigestrampelt, saß mit dem Rücken zur Wand unter dem Fenster, schluchzte, ihr Zahnfleisch blutete. Janda riss sich los, Andre, auf dem Boden liegend, griff noch einmal nach seinem Fuß, erwischte ihn aber nicht mehr, lag zwischen Gerümpel auf dem Boden und brüllte schluchzend: Ihr seid völlig wahnsinnig! Nicht normal! Klinische Fälle! Er blutete aus einem Kratzer neben dem Auge. Er wischte darüber. Noch einmal, sagte er nur noch zu Kinga, die ihr Blut schluckte, gehe ich nicht dazwischen. Meinetwegen bringt ihr euch um. Und jetzt gehe ich nach Hause zu meiner Familie! Kontra blieb. Später ging er in den Hof hinunter, kletterte über die mit Glasscherben bewehrte Mauer in den Nachbarhof und holte die Kanne zurück. Setzte sich in die Küche, versuchte, sie geduldig gerade zu klopfen. Daraus wird kein Instrument mehr, trotzdem, er hörte nicht auf zu klopfen. Sie saßen in der zunehmenden Dunkelheit. Klopf, klopf, klopf. Er blieb über Nacht, aber am nächsten Morgen ging auch er.
    Eine stürmische Liebe von zwanzig Jahren, sagte Kontra. Ich glaube nicht, dass sie sich noch einmal sahen. Kurz darauf heiratete sie einen feinen, älteren homosexuellen Herrn, bei dem sie putzen ging und der ihr das schon früher angeboten hatte. Bekleider in einem großen Kaufhaus, Sammler hässlicher Möbel mit Holzschnitzereien. Er habe ein Zimmer bei sich für sie eingerichtet, sie könne da wohnen, wenn sie wolle, sie müsse es aber nicht. Ich muss gar nichts, sagte sie zu Andre, der sie einmal durch Zufall auf der Straße traf. Das war das letzte Mal, dass man sie sah. Sie habe jetzt auch eine Versicherung, sagte sie, ein Arzt habe ihr Medikamente verschrieben, in wenigen Wochen wird sich ein entsprechendes Depot im Körper gebildet haben. Bevor es soweit war, sprang sie aus der Küche, auf die abgewandte Seite des Hauses, in den Hof.
    Pause.
    Wie es den anderen beiden ginge, fragte Abel.
    Den Umständen entsprechend, sagte Kontra. Andre hat immerhin seine Familie. Seine Tochter ist schon zwei Jahre alt. Abel wusste gar nicht, dass er jemanden hatte.
    Woher auch, sagte Kontra.
    Jetzt war der Moment, das Geld zu übergeben. Kontra steckte sich die Scheine in die Hosentasche, behielt die Hand gleich drin. Sagte auf Wiedersehen und ging.
    Wie soll ich das erklären, sagte Kinga früher einmal, was das ist, diese Kehrseite unserer Tapferkeit. Wer das nicht selbst erlebt hat. Manchmal ist es zum Verzweifeln, wie mit Blinden über Farben, andererseits kann man es auch nicht ändern, entweder hat man das, oder man hat es nicht, und dann versteht man’s oder versteht es nicht, aber im Grunde ist es auch egal, schau, ich habe es verstanden und was hat es mir genützt? - - -

    Abel saß einige Minuten neben dem Telefon und holte dann erst das Säckchen aus seiner Tasche, das er aufgehoben, aber dann nicht wieder auf H.R.s Tisch gelegt hatte. Amanita muscaria. Gewöhnlicher Fliegenpilz. Hinter dem Küchenschrank immer noch Wandas Geräusche. Eins: Papiere, zwei: Omar, drei: Asche. Aber dann entschied er sich doch, nicht mehr so lange zu

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