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Alle Tage: Roman (German Edition)

Alle Tage: Roman (German Edition)

Titel: Alle Tage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terézia Mora
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die Dörfer jagen dich davon, aber hier kannst du bleiben und mit mir zusammen in zehn, zwanzig Jahren sagen: Weißt du noch, damals, als wir in der pulsierendsten Metropole ihrer Hemisphäre lebten? Sie trägt die meisten Züge der weißen Welt, Ost-West-Süd-Nord, dazu eine Prise Asien und sogar ein wenig Afrika. Konfessionen! Nationalitäten! Oh, könnte man doch das Fenster öffnen und das berühmte Air dieser Stadt auf der Haut spüren, das, besonders im Winter, welcher hier traditionell am zehnten September beginnt, besser, du stellst dich gleich darauf ein, hauptsächlich nach Kohlenrauch riecht, aber leider lassen sich die Fenster nicht öffnen, ein unbekannter Schließmechanismus, zudem ist er kaputt. Absichtlich kaputt gemacht, hoffnungsvolle junge Studenten, die aus hohen Stockwerken hüpfen, können wir nicht gebrauchen. Denn, nüchtern betrachtet, ist das Leben für Dahergelaufene mit oder ohne Stipendium hier auch nur ein bisschen mehr, als nicht zu verhungern. Noch etwas Eier und Speck? Nimm dir alles, was du willst. Wenn es auch nicht viel ist. In den ersten Tagen kaufst du dir noch, was du gerne essen möchtest: Wurst, Brot, Milch, etcetera. Nach einigen Tagen merkst du, dass auf diese Weise dein Geld alles in allem zehn Tage reichen wird, und dabei sind wir erst beim Frühstück. Du kannst mit Anträgen hantieren, dich um Zuwendungen bemühen, einfach jedem auf die Nerven gehen, vornehme Zurückhaltung ist mir weder eigen noch kann ich sie mir leisten – Apropos: Hast du Geld? Nein? –, in neunundneunzig von hundert Fällen wird es vergeblich sein. Wir sind einfach zu viele. Meine Empfehlung für die Zwischenzeit : viel Nudeln, viel Brühwürfel, sowie Tomatenmark und Kohl. Und in der und der Speisehalle gibt es Spinat mit einem gekochten Ei für weniger als fünf Mäuse, so, jetzt weißt du wirklich alles!
    Der männliche Körper, sagte Konstantin, ist erst mit 21 Jahren voll ausgewachsen. Wahrscheinlich bin ich noch in der Entwicklung, deswegen bin ich immer so hungrig.
    In der Entwicklung gefiel ihm besonders, er brutzelte kichernd vor sich hin. Das machte er auch später immer, ständig war er am Brutzeln, er briet alles, damit es Geschmack bekommt . Auf den Fliesen, lehmfarben wie alles in der Bastille, wuchsen kleine Pocken aus Fett, die Schränke glänzten. Im einfallenden Licht, soweit das möglich war. Das Fenster war zur Hälfte von einem an der Außenwand angebrachten Heizundklimagerät verdeckt, die obere Hälfte meist beschlagen. Es roch nach ranzigem Speck und Krümeln, und nach dem Mittel, mit dem man alle paar Wochen versuchte, die Kakerlaken im Zaum zu halten. Abel, an seinem ersten Morgen – der Blonde Pal kam in die Küche, sah ihn, nickte vielleicht auch, er nickte zurück, Pal nahm etwas aus dem Kühlschrank (Milch), ging wieder –, schüttelte sie aus seiner Schüssel und aß Haferflocken, die niemandem gehörten, standen einfach im Schrank, mit Wasser.
    Nimm dir, was du willst!
    Danke, er will nichts.
    Bist du Vegetarier?
    Nein.
    Was ist los? Tust du Buße für irgendwas oder sparst du für einen Sportwagen?
    Konstantin lachte, obwohl nicht mehr ganz so herzhaft wie noch am Abend zuvor. Der Neue ist seltsam, es kann sein, was will, er verzieht keine Miene.
    Nicht ganz, lieber Freund, nicht ganz.

Sein und Haben
    Die herrenlosen Haferflocken reichten fünf Tage, und mehr brauchte Abel auch nicht. Nach anfänglichem Herumirren durch ein verschlungenes Universitätsgebäude – Soll ich dich hinbringen? fragte Konstantin. Nicht nötig, sagte Abel. Ich begleite dich! rief Konstantin. Nicht nötig. Wirklich – fand er sich am nächsten Tag in Tibors Büro ein.
    Fassen wir zusammen, sagte Tibor. Sie brauchen, was man so braucht: ein Obdach, einen Studienplatz, natürlich Geld. Zu Ihrer Botschaft können Sie aus objektiven Gründen nicht. Ich sehe doch richtig, dass Sie Deserteur sind? (Braver Junge.) Auf die Gnade von Fremden angewiesen, das sind Sie.
    Pause. Das Knarzen eines Feuerzeugs, hektisches Einatmen, Rauch.
    Es ist nicht viel, was ich für Sie tun kann. Ich bin hier auch nur …
    Er malte seinen Namen mit sämtlichen Titeln – Die Leute sind, zum Glück!, solche Snobs! – auf ein Blatt mit Kopfbogen. Hier, eine Empfehlung. Und hier noch eine. Diese Leute haben Geld. Seien Sie einfach Sie selbst. Wenn Sie religiös wären, wär’s freilich besser, aber man kann nicht alles haben.
    Danke, sagte Abel.
    Keine Ursache, sagte Tibor und wandte sich wieder anderem zu. Das

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