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Alle Tage: Roman (German Edition)

Alle Tage: Roman (German Edition)

Titel: Alle Tage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terézia Mora
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Mutter ein ganzes Jahr lang nicht wiedergefunden? Wie geht es ihr?
    Es geht mir gut, sagte Mira, als sie sich das erste Mal wieder sprachen. Es graupelte, draußen vor der Zelle standen windschief drei Männer, von der Markthalle wehten Werbezettel herüber, Gemüse oder Politik, die Rechte soll stark sein auf dieser Seite der Bahn.
    Wir haben die Wohnung nicht mehr, sagte Mira. Ich wohne jetzt bei Vesna. Ein Zimmer nur im Erdgeschoss, aber es geht, wir sind ja nur zu zweit. Großmutter ist gestorben. Beleidigt und im Zorn, wie sie gelebt hat. Sie war so beleidigt und zornig, dass sie aufgehört hat zu beten und sogar zu schimpfen, hat die Lippen aufeinandergepresst, sich hingelegt und …
    Oh, sagte Abel.
    Richte deiner Mutter meine wärmsten Grüße aus! Sie soll wissen, wer ich (Konstantin) bin, für den Fall, dass dir etwas zustößt!

    Obwohl der umgekehrte Fall eher wahrscheinlich war. Während Abel und Pal so gut wie nichts widerfuhr und sie damit nicht unglücklich zu sein schienen – Man weiß einfach nicht, was sie sind! –, war Konstantin ständig in irgend etwas verwickelt.
    Er wurde von Hütchenspielern die ganze Einkaufsstraße hinunter verfolgt, zwei Kilometer, ich wusste gar nicht, dass ich so weit laufen kann, nachdem er auf dem Bahnhofsvorplatz eine Rede an die Passanten gerichtet hatte, nicht auf den Trick hereinzufallen. Tagelang ging er zitternd auf der Piazza auf und ab. Sie haben gesagt, sie wissen, wo ich wohne. Sie würden mich in meinen eigenen vier Wänden umbringen. Er redete lange über das Blut, das überall an den Wänden kleben würde. Später wurde er im eigenen Bad von einer Wespe gestochen, und einen ganzen Winter lang waren seine Mandeln so entzündet, dass er über Wochen und Monate keinen Ton herausbrachte. Geschwächtes Immunsystem, das kommt von der einseitigen Ernährung und der nervlichen Belastung, außerdem vertrug er keine Zugluft und keine Klimaanlagen. Ich bin praktisch immer im Fieber. Rote Wangen, glänzende Augen, sein heißer Atem nach Eiter und Penicillin. Rotschwarze Kapseln, er trug sie in der Hosentasche und dosierte sie viel zu hoch. Als er schließlich damit aufhörte, war sein ganzer Körper wochenlang mit eitrigen Pusteln bedeckt. Langsam aber sicher verwandele ich mich in ein Ungeheuer. Was habe ich getan? Wer hat mich verflucht? Wieso wirst du (Abel) eigentlich nie krank? Später wurde es Frühling, er wagte sich wieder auf die Straße. Prompt mischte er sich an einer Imbissbude in ein Gespräch ein, woraufhin der Mann, der am nächsten dran war, ihm, ohne ein Wort zu erwidern, gegen den Knöchel trat. Die Schuhspitze rutschte in die Kuhle unterhalb des Knochens. Konstantin brach mit einem Schrei zusammen, fand sich auf einer Höhe mit dem umherliegenden Imbissmüll wieder. Verpiss dich, sagten die groben Männer über ihm. Hinkend fliehen müssen. Später verprügelte er selbst eine junge Frau, als er merkte, dass sie einen Penis hatte. Er übergab sich und riss in der Einkaufszone die Werbeplakate für ein Magazin mit einem nackten Mann auf dem Cover ab. Er setzte einer Frau, die er kaum kannte, gegen den Lärm in der Cafeteria anbrüllend, auseinander, dass der Segen in sämtlichen Kulturen von oben komme, der Sonnengott befruchte die Erdgöttin und nicht umgekehrt, er erzählte, er werde eine Annonce aufgeben: Suche achtzehnjährige, unverdorbene Jungfrau aus der alten Heimat. Reichtümer habe ich nicht zu bieten, nur mein ehrliches und treues Herz.
    Pass auf dich auf! rief er Abel hinterher. Neulich, hast du gehört?, wurde einer in der Bahn niedergestochen, weil er eine linke Brille aufhatte, zum Glück ist gerade wieder Winter, Mantel und Pullover, das Messer drang nur bis zu 1 cm tief über der Niere ein, aber so ist die Atmosphäre, hysterische, hysterische Zeiten!
    Hm, sagte Abel und war schon aus der Tür.
    Als würdest du in eine Kloschüssel predigen, sprach Konstantin zum Fenster. Genauso.
    Das waren die ersten Jahre.

Salon
    Intermezzo

    In dieser ganzen Zeit zeigte sich Abel, soweit es Konstantin bekannt ist, kaum in anderen als den soeben skizzierten Zusammenhängen. Manchmal ging er vor dem Labor in die Originalfassungen verschiedenster Filme, Übungszwecke, manchmal kaufte er sich an einer eventuell vorhandenen Theke etwas zu essen oder zu trinken: indem er darauf zeigte.
    Einmal, noch ziemlich am Anfang, suchte er wider besseren Wissens einen studentischen Betkreis auf, den ihm Konstantin empfohlen hatte.
    Es gibt auch Betkreise, sagte

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