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Alle Tage: Roman (German Edition)

Alle Tage: Roman (German Edition)

Titel: Alle Tage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terézia Mora
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Nacken gelegt, im Himmel, denn der ist wieder zu hell. Dazwischen gehen die Stimmen des Hauses auf und ab, oder man weiß nicht, woher wohin, sie sind einfach da, Lebensgeräusche , hoffentlich bist du nicht lärmempfindlich. Obwohl du im Moment wohl eher froh bist, überhaupt ein Dach, und zwar nicht das von der Bahnhofshalle, über dem Kopf zu haben. Da stört es wohl weniger, wenn mal einer Saxophon übt.
    Übrigens handelt es sich bei der Bastille eigentlich nicht um ein Gebäude, sondern um zwei, ineinander geschoben, jeder in die Hohlräume des anderen greifend. Man fragt sich, wie das möglich ist, von außen sieht es aus wie ein Kolossaldenkmal zu Ehren des rechten Winkels , drinnen allerdings tun sich die unerwartetsten Verschlingungen auf. Zum direkten Nachbarn kommt man mitunter erst über komplizierte Umwege, wenn einem der Durchgang nicht vollends durch Feuerschutztüren o.ä. versperrt wird. Sindbad, alias Konstantin, hat einmal versucht, diese Welt zu bereisen, aber ich kann nicht sagen, ob ich es wirklich geschafft habe, in sämtliche Etagen zu gelangen. Zu manchen Abschnitten scheint es überhaupt keinen Zugang zu geben, auf manchen Etagen ist es arktisch kalt, sie liegen direkt im Windkanal – Den hört man übrigens auch, jetzt gerade nicht, aber im Winter heult er wie ein Hund –, während es auf anderen schwül warm ist wie in einem Treibhaus. Es scheint sogar so etwas wie eine Dachterrasse zu geben, hinter einer kleinen, geweißten Mauer sah er die Spitzen einer Bambusart, aber die Dachluke war leider plombiert. Was die Bewohner anbelangt: zweimal zwanzig Stockwerke der üblichen Existenzen . Einige Etagen sind von der Universität als Wohnheim gemietet, aber es gibt auch viele Zivilisten . Konstantin hat sich mit fast jedem schon einmal unterhalten, den er im Flur oder im Lift traf. Er sagte jedem, wo er zu finden sei, was er studiere, fand seinerseits heraus, wo es leere Zimmer gab, aber leider sind die meisten Leute nicht einmal in Notfällen bereit, jemanden aufzunehmen. So sind sie. Willkommen in meiner Welt. Allumfassende Armbewegung.
    Das hier, wo wir jetzt stehen, nennt sich, nenne ich, Konstantin, die Piazza . Herkömmlich: der mit beigefarbenem Linoleum ausgelegte sogenannte Gemeinsame Raum der Wohnung, auf der sich alle Wege des Imperiums kreuzen. Es sind sechs Türen zu sehen: Ein- und Ausgang, Küche, Bad, sowie die Türen der drei angeschlossenen Särge , in denen die Delinquenten ihre Wohnstatt haben. Die Piazza und eines der Zimmer haben einen Blick zur Bahn, der Rest auf den bereits erwähnten Innenhof. Im Zimmer mit Ausblick wohnt jemand (Seufzer), den wir (Konstantin) den Blonden Pal nennen, ein höchstwahrscheinlicher Denunziator , ein fischköpfiger Skandinavier, man muss vorsichtig sein. Zum Glück ist er gerade nicht da. Das zweite Zimmer gehört Konstantin selbst, und das dritte, das kleinste und dunkelste, ist für einen Algerier namens Abdellatif El-Kantarah oder so ähnlich gedacht, zumindest theoretisch, denn in der Praxis ist er bis jetzt nicht aufgetaucht. Der vertrauenswürdige Konstantin trug seit mittlerweile zwei Monaten den Schlüssel für diesen Raum bei sich, hier, in meiner Hosentasche, um ihn gegebenenfalls weiterzugeben, wozu es bis jetzt allerdings nicht gekommen sein konnte. In diesem Sinne: Voilà, Monsieur , Ihr Zimmer.

    So lernte Abel Konstantin T. kennen. Er schien eine Vorliebe fürs Französische zu haben, aber abgesehen davon, war von seinem Monolog, ehrlich gesagt, nicht allzu viel zu verstehen. Er sprach, obwohl schon ein Jahr hier, die Landessprache nicht besonders gut. Gerade mal das Wesentliche.
    Du Hunger? Essen? Eier und das hier?
    Fetter Speck. Durch ein Ende ist ein Draht zum Aufhängen gefädelt. Von zu Hause. Konstantin schnitt feierlich eine zitternde, dünne Scheibe ab.
    Und du? fragte er schließlich. Was ist mit dir? Wo kommst du her, wo gehst du hin? - - - Ach du heiliger …! Ich schätze, das bedeutet, du bleibst für längere Zeit?
    Im Übrigen, setzte er fort, ist das eine fabelhafte Stadt. Wenn du es nicht schon gespürt hast, dann wirst du es, sobald du satt geworden bist und dich etwas ausgeruht hast, noch spüren: Als wäre es selbstverständlich, dass du hier bist. Was ist schon selbstverständlich, ich weiß, und bestimmt würde dich auch nicht jeder mir nix dir nix von der Straße mit nach Hause nehmen, als hätte er nur auf dich gewartet, nicht jeder ist ein Konstantin T. Dennoch, ich sage: Das Land spuckt dich aus,

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