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Alle Tage: Roman (German Edition)

Alle Tage: Roman (German Edition)

Titel: Alle Tage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terézia Mora
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medizinisches Wunder. Kinga legte ein Ohr an seine Brust, horchte. Alles in Ordnung, sagte sie zu den anderen. Er ist ein Mensch.
    Ende Januar hatte Andre Geburtstag, und ein neues Kommen-und-Gehen hob an. Als wären nie alle von der Party nach Hause gegangen, oder nur kurz, um gleich am nächsten Abend wieder zu kommen, unbekannte und durch Wiederholung etwas bekannter gewordene Gesichter, aber es waren immer wieder auch neue dabei. Bemerkenswert, wie viel Leuten man mit der Zeit begegnet. Wir haben eine gewisse Berühmtheit, mein Lieber, sagte Kinga stolz. Offene Proben, Salon, was du willst. Im Endeffekt tun wir nichts anderes, als was wir immer schon oder die letzten zehn Jahre getan haben. Die Achtziger waren auch nicht schlecht, wenn auch alles allgemein etwas dunkler geworden war, mag sein, es lag an dem Kellerloch, in dem wir, das heißt: ich, Kinga, damals wohnte. Es war eine kleine Stadt, irgendwann hatte es sich so ergeben, dass alle bei ihr herumsaßen und politisierten, bei uns ist alles Politik, kritisierten mal von rechts, mal von links. Die ganze Zeit über nichts anderes geredet, als wieso es nicht möglich war, dort zu leben, und jetzt? Bedenke, damals dachten wir, das Hauptproblem sei, dass die Nationalitäten unterdrückt würden, und jetzt schau’s dir an.
    Es sind nicht die einfachen Leute, sagte Andre. Es ist von der Akademie ausgegangen, das weiß jeder.
    Bullshit, sagte Janda. Ich sage dir das als ein Mann des Volkes.
    Das ist was anderes, sagte Andre. Du hast nicht aus politischen Gründen gehandelt.
    Hja! Kontra seufzte. Die gute alte Zeit, als man sich noch aus persönlichen Gründen an den Kragen gegangen ist.
    Janda lachte schnaufend.
    Kinga zu Kontra: Auch du mein Sohn? Ein Zyniker?
    Ist das eine Frage? (Janda)
    Der Mensch ist nicht gut! schrie er später, als sie schon mehr getrunken hatten. Begreif das doch endlich!
    Andre schüttelte nur seinen großen Kopf.
    Was Abel anbelangt: Er sagte nie ein Wort. Sah zu, wie allmählich jeder um ihn herum betrunken oder high wurde. Der Rausch der Männer war leise, abgesehen von der Tangoharmonika, die Andre in solchen Fällen unbedingt spielen wollte. Bei Kinga steigerte der Rausch die sonst auch nicht gerade geringen Stimmungsschwankungen ins Extreme.

    Mal war sie melancholisch, mal mütterlich, schau, was ich dir geklaut habe!, eine Orange, soll ich sie für dich schälen? Wenn sie betrunken war, fing sie an, einfach jeden zu piesacken. Zog über wildfremde Frauen her, einen Moment nur gesehen, das reicht schon. Geh ich ins Kaufhaus, komme die Rolltreppe herauf, Damenabteilung, steht da eine gelackte Schnepfe, verteilt Werbung, an alle, nur nicht an: mich. So eine kauft sowieso nicht. Schaut nur wie im Museum. Ich war wenigstens schon mal in einem Museum, Parfümfotze, denkt, ihre Scheiße stinkt nicht. Oh, soll ich diese vierzig neuen Liebesstellungen lernen, eine Diät anfangen, eine Weltreise machen? Oder soll ich vielleicht doch lieber ein Kind bekommen, um mir nicht so unendlich langweilig vorzukommen?
    Ich hätte gern ein Kind, sagte der Wahrheit entsprechend Janda und holte damit den Konflikt von der Straße ins traute Heim.
    Kinga: Du und ein Kind? Armer Wurm.
    Hier folgte eine kleine Pause, bevor sie wieder loslegte. Mutmaßungen anstellte. Natürlich wünscht er sich das Balg von so einer unkomplizierten Blonden, je dümmer, je besser, das tut keinem weh, der Aikju von Senf reicht aus, um die Königin unserer Herzen zu sein!
    Könntest du bitte mit diesem dummen Gerede aufhören? Ich (Janda) wäre dir sehr verbunden.
    Und du, was hättest du überhaupt zu bieten? Schau dich doch an, du bist doch nicht einmal in der Lage, für dich selbst zu sorgen! Auf dich hat man hier gerade gewartet!
    Janda: Ich sage es in aller Freundschaft: Halt endlich die Fresse!
    Hört auf. Beide. (Andre, die Stimme der Vernunft.)
    Manchmal hörte sie daraufhin auf, hockte sich in die blaue Plastikwanne und rasierte sich, wo sie nur konnte.
    So, sagte sie anschließend. So!
    Zu Abel: Bin ich schön?
    Ja, sagte der scheue Exstudent. (Deine Oberlippe ist wie ein Reibeisen, aber ich bete dich an.)
    Sie lachte geschmeichelt, legte ihm die Arme um den Hals: Willst du ein Kind von mir?
    Lass den Wurm in Ruhe. (Janda.)
    Kinga lachte, gurrte dem Kind in den Hals: Wurrrm, Wurrrrm, Wurrrrrrm.
    Oder sie hörte nicht auf, dann endete es, Janda wollte es nicht, aber Temperament ist bei uns alles, im Gebrüll. Arschloch! Schlampe! Aufhören! Manchmal versöhnten sie

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