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Alle Tage: Roman (German Edition)

Alle Tage: Roman (German Edition)

Titel: Alle Tage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terézia Mora
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sich, bevor Janda ging, manchmal nicht. Mit wehenden Fahnen hinaus, Tür geschmissen. Am nächsten Tag kam er wieder und erwähnte es nicht mehr.

    Aber worum es eigentlich ging, waren die Nächte.
    Egal, wie spät es wurde und wie müde sie waren, zum Schlafen blieben die Musiker nie in Kingania. Verbrächten wir die Nacht zusammen, schlügen wir uns r egelmäßig tot. Dabei schlafe ich so ungern allein. Aber jetzt, sagte K., bist du ja da.
    Sie nistete sich in seiner Achselhöhle ein, liebkoste ihn, tastete seinen Körper ab, legte seine Hand auf ihre Brust: Wie fühlt sich das an? Spielte mit seinen Haaren, untersuchte seine Haut, zählte seine Muttermale (neun am rechten Unterarm, fünf am linken). Stundenlang. Das waren die besseren Nächte. In den anderen, nach schweigsamen Abenden, lag sie zusammengerollt auf ihrer Matratze, schaukelte, murmelte vor sich hin. Später, mitten in der Nacht, kam sie angekrochen. Manchmal erzählte sie Träume. Alb- und schöne, aber meist sagte sie nichts Verständliches. Sie wimmerte nur, maunzte, weinte, rang mit dem anderen Körper neben ihr, zog ihn über sich, wälzte sich mit ihm. Bei jedem anderen lief es darauf hinaus, dass man zuerst Sex hatte und später grob wurde, jetzt lass mich endlich los, lass mich schlafen, dass du mich nie schlafen lässt! Er brüllt, sie weint zusammengekrümmt, zwei Nackte. Aber das Kind ist ein anderer, er fickt sie nicht und stößt sie auch nicht von sich. Bin ich die Frau, die deinen Körper am besten kennt? Ja. Küss mich! sagte sie das erste Mal damals im Zug und schob ihm die Zunge in den Mund. Sie kostete ihn: Hm, nicht schlecht. Er ließ alles mit sich machen, rang geduldig mit ihr, man hörte ihre Knochen knacken. Jetzt verstehe ich, wieso sie voller blauer Flecken ist. Nach einpaar Nächten hatte auch er sie, als hätte sie ihn mit einem Ausschlag angesteckt. Einmal verpasste sie ihm einen Knutschfleck am Hals. Das war nicht leicht, es sieht nicht danach aus, aber er hat eine stabile Haut, sie musste konzentriert arbeiten, bis endlich ein kleiner rötlicher Fleck erschien. Er schloss seinen Hemdkragen darüber, aber ansonsten schien es ihm nichts auszumachen. Bei Bewegungen blitzte der Fleck manchmal hervor. Kleiner Bastard, flüstere Kinga ganz nah in sein Gesicht. Es dämmerte schon, sie streichelte ihn. Liebst du mich, kleiner Bastard? Anschließend schlief sie ein, schnarchte. Als sie wieder erwachte, war sie fröhlich und laut wie immer. Sie riss das Fenster auf:
    Ich rieche nasse Pappeln, oh, wie glücklich ich bin!

Woher, wohin
    Nachdem er all dem einige Wochen zugesehen und -gehört hatte, war es für Abel Zeit, sich eine neue Beschäftigung zu suchen. Seitdem er nicht mehr lernte, hatte er auch Zeit für ziellose Tätigkeiten, einfach, um die Zeit zu verbringen und um nicht da zu sein. Es kann von Vorteil sein, wenn man nicht schlafen muss oder nicht viel, etwas war trotzdem zuviel. Ich habe eine Überdosis Kinga, sagte Janda von Zeit zu Zeit. Ich brauche Luft. Abel wartete die Übungsstunde mit Kontra ab – er äußerte sich nicht, aber scheinbar mochte er sie –, dann ging er hinaus.
    Wo kommst du her, wo gehst du hin, im Winter, und sei es, einem milden, was hier soviel wie permanenten Nieselregen bedeutet, wenn du aus dem einen oder anderen Grund nicht zu Hause bleiben kannst? Früher hatte er sich nur so viel außerhalb geschlossener Räume aufgehalten, wie es unbedingt nötig war. Er hätte ebenso gut in einem Dorf, auf einer winzigen Insel leben können, er ging nie mehr als zwei oder drei Wege. Ich kann sämtliche deiner inneren Organe sehen, so blass bist du! (Kinga) Jetzt fing er an, durch die Stadt zu laufen.
    Die Hände in den Taschen des Trenchcoats, den Hals eingezogen – Hat er einen Schal? Eher nicht, der Niesel setzt sich in seine Haare, läuft die Stirn hinunter –, mit langen Schritten und gebeugtem Oberkörper, als ginge er gegen großen Wind. Entweder lief er nach eigenem Gutdünken, oder er suchte sich jemanden aus, dem er folgte. Letzteres hatte mit einer Sache zu tun, die ihn schon seit Jahren, konkret, seitdem er das Sterbezimmer verlassen hatte, beschäftigte. Dass ich mich, egal, wie häufig ich eine Strecke schon gelaufen bin, wenn ich mich nicht ganz stark konzentriere, und manchmal sogar, wenn: verirre. Nachdem sich das auch durch noch so häufiges Üben nicht wesentlich verbessern ließ, fand er sich damit ab, die meiste Zeit nicht mehr als eine Vorstellung davon zu haben, wo er sich

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