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Alle Tage: Roman (German Edition)

Alle Tage: Roman (German Edition)

Titel: Alle Tage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terézia Mora
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wirst nie Kinder bekommen!
    Die Kellnerin lachte, wandte sich ab und ließ die Gläser vom Tablett rutschen. Glas und Getränke spritzten auf, eine Scherbe bohrte sich in die Wade einer Frau. Sie sprang auf, riss den Tisch um, ein Bierglas fiel ihrem Begleiter in den Schoß, er sprang ebenfalls auf, verlor das Gleichgewicht, fegte das Kleingeld vom Nachbartisch, das Abel gerade hingelegt hatte, und traf ihn mit dem Ellbogen im Gesicht.
    Hahahahaha, sagte der Heruntergekommene und zeigte mit Fingern auf den Rücken der Kellnerin, die in einer Pfütze aus Scherben stand, auf die Frau und ihren Begleiter und auf Abel. Er lachte nicht, er sagte : Hahahahahahaha!
    Abel hielt sich die Nase. Alles in Ordnung? fragte der Begleiter der Frau. Abel nickte und ging schnell, bevor die Polizei eintraf. Auf der Hauptstraße winkte er einem Taxi, es fuhr weiter. Hier musste Abel das erste Mal lachen. Hahaha. Zwei Polizeiautos kamen, eins fuhr weiter, eins hielt, seine Papiere wurden kontrolliert. Was ist mit Ihrem Gesicht passiert? Abel lachte. Was gibt’s da zu lachen? Fast kam es zu einem Drogenscreening, aber er konnte sich noch rechtzeitig zusammenreißen.
    Sobald er außer Sichtweite war, wurde ihm schwindlig. Er fasste mit der rutschigen Hand an eine Häuserwand, jemand, ein Passant, sah ihn an: besoffen, oder was; er riss sich abermals zusammen, ging weiter. Später wurde er in der Klapsmühle gesehen.

    Ein gebranntes Kind, dennoch, er hatte sich so hoffnungslos verheddert, dass ihm nichts weiter übrig blieb. Er wählte sich ein schwules Pärchen aus und ging ihnen einige Straßen nach. Die beiden bemerkten ihn, sahen sich manchmal um, schienen aber nicht besonders beeindruckt zu sein. Sie waren schon im zweiten Hof der ehemaligen Mühle angelangt, als Abel merkte, dass das keine Straße mehr war. Er blieb stehen. Die anderen beiden gingen unbeirrt weiter, auf eine Tür zu, sahen sich um, erwartungsvoll: Na, was ist? Er schloss schnell auf, wurde zusammen mit den beiden in den Klub gelassen, der zu dieser relativ frühen Stunde noch so gut wie leer war.
    Willkommen, sagte ein Dicker mittleren Alters. Ich bin der Chef. Mein Name ist Thanos. Was trinkst du?
    Später sah er einem Knaben zu, ein Körper wie die Zweige der Trauerweide, wie er sich gelblich, glatt, biegsam um eine Stange wand. In unmittelbarer Nähe machten zwei Pärchen, zwei Frauen, zwei Männer, Liebe, oder sie taten so. In der Klapsmühle ist das meiste Show, sie spielen, dass sie erotische Handlungen ausführen. Die meisten Körper sind älter als der unseres Helden und einpaar jünger. Die Knaben sind meist Professionelle, obwohl das in der Klapsmühle verboten ist, also tun sie so, als wären sie Gymnasiasten, nachts aus dem Fenster geklettert, müssen die erste Bahn kriegen am Morgen, hinaus, wo die Häuser mit Gärten sind. Abel, den man später tatsächlich Spion nennen wird, ist der Einzige, der bis an den Kragen zugeknöpft ist. Sitzt nur da und schaut zu. Wer hätte das gedacht. Dass ausgerechnet so ein Klub das Anheimelndste sein würde. Er blieb bis zum Morgengrauen.

    Anschließend erschien er das erste Mal sichtbar gerädert, mit einer geschwollenen Nase im Kongresszentrum. Sieh an, dachte die Frau mit dem Pagenschnitt, ihr Name ist Ann. A-Änn-Änn, buchstabierte sie bei einer früheren Gelegenheit. Sie trafen sich, wie schon öfter, im Hof. Sie rauchte, er trank Kakao aus dem Automaten. Ihre dritte Pause, seine erste.
    Ich dachte schon, Sie werden nie müde, sagte Ann. Er muss doch irgendwann müde werden, sagte ich zu mir. Oder hungrig oder durstig.
    Er hob den Plastikbecher und lächelte. Sie schielte nach seiner Hand. Weiß, knochig. Überhaupt ist er sehr dünn. Ob dieser Kakao das Einzige ist, was er am Tag zu sich nimmt? Mehr oder weniger? So schlecht verdient man hier auch wieder nicht. Hat er eine Familie zu ernähren? Einen Ring trägt er nicht. Plötzlich, wieso, weil sie generell so eine Mütterliche ist – sie könnte tatsächlich seine Mutter sein, wenn auch nur knapp – und sich ganz besonders um ihn kümmern möchte, kam ihr die Idee, ihn zu sich nach Hause einzuladen. Auf eine Suppe. Sie müssen was essen. Eine schöne, gesunde Suppe.
    Später, während sie gemeinsam und immer noch schweigend die Treppen hochgingen, zurück zu den Kabinen, hatte Ann eine sexuelle Phantasie mit Küchenstuhl. Sie verabschiedeten sich mit einem Lächeln und einem Kopfnicken.

    Sie hätte ruhig fragen können, er hätte nicht nein gesagt, zumal

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