Alle Tage: Roman (German Edition)
wahlweise in den Himmel darüber. Die Stadt sieht man aus diesem Blickwinkel nicht. Man hört ein bisschen was. Nicht mehr viel um diese Tageszeit.
Mitnehmen , sagte Janda, können wir dich auch länger. Aber wie du willst. Mir ist’s egal.
Mir auch.
Jetzt schaut er doch her. Kleine Fuchsaugen, Grinsen:
Na, dann ist ja alles gut.
Lange Pause, Rauch.
Stimmt es, fragte Abel schließlich, dass du jemanden umgebracht hast?
Janda drückte sorgfältig die Kippe auf dem Teerdach aus. Drückte und drückte sie aus. Schwarzer Teer, schwarze Asche. Knirschen. Die Vögel waren immer noch lauter. Wer hatte es erzählt, das lässt sich nicht mehr rekonstruieren, es war durchgesickert , wie es eben durchsickert: Auch Janda war, wen wundert’s, Lehrer, Funktionär bei der Jugendorganisation, verheiratet (Nur um mir, Kinga, zu zeigen, dass er auch ohne mich kann! Ha!), geschieden, das Übliche. Und hat – war das noch vor der Scheidung oder bereits danach? – einen umgelegt.
Nein. Das stimmt nicht. Nur den Kopf eingeschlagen. Ist nicht gestorben.
Was war der Grund?
Ein Nachbarschaftsstreit.
(Ganz so nicht, sagte Kinga. Es ging um mich. Nicht, was du denkst. Er besteht darauf, dass man ihn nicht eifersüchtig machen kann. Aber soviel Ehrgefühl, eine Frau vor einem brutalen Idioten zu beschützen, hat er schon.
Genau genommen, sagte Andre, ging es um die Tagebücher. Neun Hefte, die sie über die Jahre geschrieben hatte. Wer weiß, eines Tages. Einen Roman oder etwas in der Art. Die Tagebücher einer Muse. Sie hatte den Kerl gereizt, wie sie nun einmal ist, ihn ausgelacht, er schmiss die Tür hinter sich zu, aber am nächsten Tag kam er wieder, als sie nicht da war, er hatte einen Schlüssel und verbrannte sämtliche Hefte in der Küche, das Spülbecken bekam vor Hitze einen Sprung, Asche in der ganzen Wohnung. Kinga, sie brüllte wie - - -)
Womit? fragte Abel auf dem Dach.
Womit was?!
Womit er, Janda, diesem Menschen den Kopf eingeschlagen habe.
Jandas dünne Lippen zitterten leicht. Drumherum waren schwarze Stoppel aufgestellt. Starker Bartwuchs. Das Kind, milchig, als wäre es immer noch ein Teenager. So, so, wir interessieren uns also für die brutalen Details.
Mit einer Bratpfanne, sagte Janda. Sie stand auf dem Herd. Omelettreste klebten am Rand, ein wenig lauwarmes Schmalz war auch noch drin, rann ihm über die zuschlagende Hand. Eine gewöhnliche gusseiserne Omelettpfanne. (Pause, dann schnell:) Er hatte Verwandte bei der Polizei, einige meiner Zähne sind künstlich, wenn sich das Wetter ändert, entzündet sich die Brücke rechts oben, und ich war auch im Gefängnis. Hinterher konnte ich kein Lehrer mehr sein, und ich hatte auch keine Lust dazu. Ich hatte Lust herumzufahren, wenigstens für den Sommer, habe ich zu den anderen gesagt, dann fingen sie an, sich gegenseitig über den Haufen zu schießen, der Rest ist bekannt.
Die Vögel waren zur Ruhe gekommen. Janda holte den Tabak aus der Hosentasche, schaute ihn sich an, zögerte. Soll er jetzt wirklich noch eine rauchen mit ihm ? Er steckte das Paket wieder weg.
Hör zu, sagte er. Wir werden keine Freunde. Um es mal so auszudrücken.
Das ist in Ordnung, sagte das Kind. Es war schon dunkel, sein Gesicht kaum mehr zu sehen. Die Stimme hörte sich ganz normal an. Was man so nennt bei ihm. Diese merkwürdige, zweigeschlechtliche Resonanz. Janda musste lachen. Das ist also auch in Ordnung ?
Er stand auf, staubte sich die Hosenbeine ab:
Übermorgen geht’s los.
Das war das Gespräch mit Janda. Er verließ das Dach, Abel blieb sitzen. Später legte er sich hin.
Sterne.
Reisender sein
Reisender sein. Für den Augenblick leben. Das Wetter. Wanderjahre. Was man so nennt. Ein Sommer. Einer oder mehrere sind unterwegs. Hier der mobile Innenraum, dort die Landschaft. Etwas entwickelt sich. Freund- oder Feindschaft. Kleine Dinge. Man schaut um und in sich.
Was sah Abel, wenn er in sich sah, wofür es keinen Beweis gibt, rückblickend auf die Geschichte mit Danko und den anderen? Anzusehen war ihm nichts. Zuerst war er ein wenig gekrümmt vor Schmerz, der Magen, das Schienbein, aber das ging vorbei, es blieb nur etwas Dumpfes zurück und dann nicht einmal das. Bevor er Carlos Büro verließ, räumte er es auf, wie es sich gehört. Was du auch tust, bedenke, jemand muss hinterher den Dreck wegmachen. Carlo stand mit dem Beil in der Hand auf der Schwelle, schwenkte es ein wenig, helfen oder nicht, dann schickte er Ida herüber. Sie sagte kein Wort, sah ihn
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