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Alle Tage: Roman (German Edition)

Alle Tage: Roman (German Edition)

Titel: Alle Tage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terézia Mora
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    Abel schüttelt den Kopf. Auch das tut ein bisschen weh. Er entschuldigt sich bei der Hundesitterin.
    Ich bitte Sie. Sie sortiert die Leinen und geht.
    Na dann, sagt der Polizist. Passen Sie auf, wo Sie hinrennen. Am besten, Sie rennen gar nicht. Schön langsam gehen, OK?
    Patient lacht, um zu zeigen: Verstanden, einverstanden, alles OK.
    Schaut sich um. Unbekannte Straße. Schaut sie hoch und runter. Unbekannte Straße. Der Polizist schaut von der Ecke aus zu. Kommt wieder.
    Alles in Ordnung?
    Ja, sagt Abel.
    Ich weiß bloß nicht, wo ich hier bin. Gehen wir einfach weiter. Mischen wir uns unauffällig unters unauffällige Volk. Er hält den Kopf etwas schief, als wäre er tief in Gedanken. Oder ein steifer Nacken. Verlegen. Als würde er sich durchs Haar streichen – verstohlen die Beule betasten.

Männer im passenden Alter
    Als er wieder zu Hause ankam, war die Tür des Fleischereibüros verschlossen, und er hatte keinen Schlüssel dabei.
    Sie stand offen, sagte Carlo, ich habe für dich abgeschlossen.
    Danke, sagte Abel.
    Ein Glück, dass ich vorbeigeschaut habe.
    Ja.
    Irgendwas nicht in Ordnung?
    Abel sah zum Schreibtisch. Der Laptop war nicht da.
    Doch, doch, sagte er. Danke.
    Später, am Tag darauf, ging er zur Bolz. Sie war leer. Am selben Tag noch nicht, erst am nächsten überwand er sich und ging wieder in das Viertel, suchte nach der Kreuzung, an der sie sich damals begegnet waren, aber natürlich, wenn du unbedingt willst, findest du nichts. Xmal dieselbe Eckkneipe, überall wird Billard gespielt. Er ging in zwei An- und Verkäufe. Man sah ihn misstrauisch bis feindselig an. Der Laptop war nicht da. In eine oder mehrere der Eckkneipen gehen, herumstehen, durchsickern lassen, da ist jemand, der sucht seinen Laptop. Wieso, was ist drin? Ist was Wichtiges drin? Ja oder lieber nein sagen?
    Nichts davon. Irgendwann lief er nur noch so herum. Er schaute sich einige Männer an, die vom Alter her hätten passen können. Wer könnte der Vater des Jungen sein, wie willst du ihn erkennen, und wenn, was dann? Später sah er nur mehr nach unten, zum Gehsteig, der so schmutzig war, das gibt es gar nicht, Fäkalien (Hund, Mensch, Vögel), dazwischen ein Kondom, aus dem Fenster geworfen?, und schließlich, es dämmerte schon, in einer Ecke zwischen Taubenfedern: eine Festplatte. Sie blinkte grünsilbern. Da wurde ihm klar: Du kannst aufgeben. Er gab auf, ging zurück zur Fleischerei.

    Einige Tage später klopfte es an der Tür. Dreimal kurz, so klopfte Carlo immer. Vielleicht klopfen alle so. Ohne weiter nachzudenken, drückte er auf die Klinke. Die Tür kam ihm mit Wucht entgegen. Sie drückten sie mit ihrem vereinten Gewicht auf, als wären sie ein einziger Körper, so kamen sie herein, um anschließend wortlos und blitzschnell in sämtliche Ecken auszuschwärmen, als hätten sie das schon hundertmal gemacht, ein Sonderkommando, und fingen an, jeden einzelnen Gegenstand umzustülpen und zu verstreuen.
    Der Typ sagte kein Wort, stand nur dabei und sah zu, wie eine Horde halber Kinder den Inhalt seiner Wohnung vaporisierte. Sie rissen Seiten aus Büchern, Hemden entzwei, zerrten mit den Zähnen an den Knöpfen des Kissenbezuges, um sie anschließend mit dem Messer abzuschneiden und natürlich das Kissen aufzuschlitzen: gelbliche Schaumgummistückchen spritzten durch die Luft. Den Inhalt des Kühlschranks verteilten sie auf dem Boden, Fleisch auf Linoleum, dazwischen zersplitterte Gläser, was drin war, verschmiert. Sie rutschten im Marmeladen-Buttermatsch herum, als wäre die Küchenecke eine Eisbahn und die Fleischstücke die Pucks. Als würden sie spielen. Drückten Seifenblasen aus dem Abwaschmittel. Dieses Hinterhofparterre ist ab jetzt unser Vergnügungspark. Das Ganze dauerte vielleicht zehn Minuten. Als sie fertig waren, als alles zertrümmert, zerschmissen und zerschnitten war, stellten sie sich wieder zu einem Block zusammen. Durch die offene Eingangstür zog der ewige Würstchengeruch des Hinterhofs herein.
    Und jetzt, sagte der eine, er war etwas außer Atem. Und jetzt: zu dir. Wo ist er?
    Abel schaut nur. Haben sie jemanden in seinen Schränken, seinen Lebensmitteln gesucht und nicht gefunden?
    Du weißt genau, wen wir meinen, Arschficker!
    Standen da wie ein siebenköpfiger Drache. Nein, sechs. Langsam wird mir was klar. Du weißt genau, wer. Der Luftzug bewegte die verstreuten Papiere. Etwas in der Wohnung knackte und knarzte. Zerknülltes, das sich

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