Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
irgendwann nicht mehr gekonnt, weil er zu kleine Schuhe anhatte und ihm die Füße wehtaten vom vielen Gegen-den-Reifen-Treten. Ich bin aber noch mit letzter Kraft hinterher, und da ist mir erst eingefallen: Wenn jetzt einer da hochkommt, der wird ja kaputtgefahren. Also beschleunigte ich meinen Lauf. Der Reifen aber auch. Und weil dann die Kurve kam und links vom Weg der Abhang anfing, machte der Reifen einen gewaltigen Hopser über die Bank und entschwand meinen Blicken, indem er den Abhang runterrollte. Auch da unten ist ja ein Weg, und somit wurde die Lage immer kritischer. Holger kam inzwischen auch, und er ärgerte sich grün und blau über meine Doofheit, dem Reifen noch hinterherzulaufen. Wenn nun wirklich jemand den Weg hochgekommen wäre, dann hätte der Holger schnell entwischen können, aber ich? Wir schauten dann erstmal den Abhang runter. Zum Glück war der Reifen gegen einen Baum geknallt und lag friedlich davor und döste. Holger und ich sind hin und haben den Reifen den restlichen Abhang runterrollen lassen und platsch in den Wambach, da, wo mal unser Staudamm war. Ja, war, denn er ist nicht mehr. Da befindet sich bloß noch ein riesiger Gulli. Wir haben den falschen Staudamm eingefetzt und einen notdürftigen neuen an die richtige Stelle gesetzt.
So, das war’s aus dem DMGS-Studio.
Tschüß! Michael
P.S.: F6 auf E5 (ich nehme Weiß).
Renate war nach Koblenz abgereist, zu ihrem heißgeliebten Olaf, und auch Volker war aushäusig. Der ließ irgendwo bei einer Silvesterparty die Puppen tanzen.
Im Eßzimmer servierte Mama Kartoffelsalat mit Bockwürstchen, und danach gab es Bowle. Ich durfte daran nippen und hatte gleich nach dem ersten Schluck einen Fremdkörper in den Kusen hängen.
»Sind da Schrauben drin?« fragte ich, und Papa brach in Gelächter aus: Ja, selbstverständlich würde Mama uns Schrauben in die Bowle schmeißen! Und dann schüttelte er sich wieder vor Lachen.
Was sich in meinem Gebiß verfangen hatte, war eine Gewürznelke. In der Bowle schwammen noch mehr von der Sorte, und jedesmal, wenn Papa wieder eine herausgefischt hatte, sagte er, daß er ’ne Schraube geangelt habe, und dann war er wieder am Grinsen und Gnittern.
Auch mal ganz schön, den eigenen Vater zum Lachen zu bringen, aber ich hatte wirklich gedacht, daß ich auf ’ne Schraube gebissen hätte.
Zu späterer Stunde entbrannte zwischen Mama und Papa ein Streit über unser Verhältnis zu den Katholiken. Daß die hier in der Überzahl seien, fechte ihn nicht an, sagte Papa. »Wenn ich keine Katholiken mehr sehen will, mach ich einfach die Tür hinter mir zu, und dann hab ich meine Ruhe vor denen!«
»Wenn sie nicht gerade die Glocken läuten«, sagte ich.
»Das tun auch die Protestanten«, sagte Papa. Ein Schwachsinn sei das, dieses Glockengebimmel im Zeitalter der Armbanduhr. Da könne man auch Nachtwächter losschicken, wie im Mittelalter, und die alle halbe Stunde mit der Hellebarde auf die Fensterläden wummern lassen: »Hört ihr Leut, und laßt euch sagen, uns’re Uhr hat eins geschlagen ...«
In Friesland, unter ihresgleichen, würde sie sich trotzdem wohler fühlen, sagte Mama.
Prosit Neujahr.
Alle waren noch am Filzen, als ich das Wohnzimmer morgens nach Salzgebäck durchflöhte, aber Mama hatte jeden Krümel abgeräumt.
Was das neue Jahr mit sich brachte, war die Anschnallpflicht im Auto: »Erst gurten – dann starten.«
Früher waren wir immer wie die Affen hinten im Käfer herumgeturnt auf den langen Reisen nach Jever und sonstwohin. Damit war es nun vorbei.
In einem Film, der im Ersten lief, verliebte sich ein junger Spund in eine Omi. Das war überhaupt ein merkwürdiger Mensch. Der tat so, als hacke er sich eine Hand ab, ganz lässig, um die Leute zu schocken, und dann war das nur ein künstlicher Stumpf.
Well, if you want to sing out, sing out,
And if you want to be free, be free ...
Harold and Maude. Der Irre und die Alte.
Übers Emsland heulten Orkanböen hinweg. Die Hase führte Hochwasser, und im Garten bog sich die hohe Birke im Wind. Zum Raufklettern hätte man bei der leider ’ne Leiter gebraucht.
Den ersten Satz in den Bedankemichbriefen für die Weihnachtsgeschenke durfte man nicht mit »Ich« anfangen, weil das unhöflich war.
Draußen regnete es Bindfäden, und im Elternschlafzimmer leckte die Heizung.
Bei Ceka hatte Mama einen von Renate zum Entwickeln gebrachten Film mit Birkelbachfotos abgeholt: Renate mit Schürze, beim Fegen, beim Kochen und beim Gackern, mit
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