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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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mitreiße.
    In ihrer Hochstimmung spendierte Mama uns danach in der Innenstadt jeweils eine Bratwurst, »auf die Faust«, und in der Georg-Wesener-Straße drückte meine werte Frau Mutter sogar noch aus Jokus auf den Knopf an der Ampel, damit sie für die Autofahrer auf Rot umsprang. Unsereinem war das streng verboten worden.
    Ein Anschluß- und ein Ehrentreffer, das war alles, was Gladbach den Kölnern beim 2:5 auf dem Bökelberg entgenzusetzen hatte. Für Hennes Weisweiler mußte das eine Genugtuung sein und für Lattek ein Schuß vor den Bug.
    Als Andenken an seine Klassenfahrt präsentierte Volker uns eine häßliche Plastiktöle, die er an einer Schießbude auf dem Oktoberfest gewonnen hatte. Die Jugendherberge sei das letzte Loch gewesen, mit Sanitäranlagen, die im wahrsten Sinne des Wortes zum Himmel gestunken hätten, aber München entschädige einen für alles: Bei den U-Booten, Torpedos und Flugzeugen im Deutschen Museum hätte er’s noch tagelang ausgehalten.
    Wenn Volker mal heiraten sollte, dann wohl am besten eine Amazonenkönigin, die seine Vorliebe für Kriegsspielzeug teilte und ihn trotzdem nicht auffressen wollte.
    Die Herbstferien brachten den Vorteil mit sich, daß der Quälgeist Wiebke nach Bonn abgeschoben wurde, und den Nachteil, daß ich zwei Wochen lang durchhalten mußte, ohne Michaela Vogt zu sehen.
    Draußen goß es. Meppen war ein Regenloch, ein verschissenes, verfluchtes. Ich ließ die Jalousien runter und legte meine Lieblingsplatte auf.
    Bright are the stars that shine,
    Dark is the sky …
    Da schrillte das Telefon. Michaela! Ein Fall von Gedankenübertragung: Sie konnte es nicht mehr aushalten ohne mich, und jetzt riskierte sie’s und rief hier an. Unter irgendeinem Vorwand: Ob ich vielleicht wüßte, wo ihr Zirkelkasten abgeblieben sei, sie habe schon überall danach gesucht ...
    Ich jagte nach unten und griff zum Telefonhörer, mit klopfendem Herzen, und am anderen Ende meldete sich Oma Jever mit der Frage, was wir heute gegessen hätten. »Bei uns hat’s Puterkeulen gegeben, o wie lecker!« Sie mache morgen Gurken ein, und baden würde sie jetzt immer mit Reichenhaller Latschenkiefer.
    So lebte sich’s in unserer Überflußgesellschaft, wenn man kalorienreiche Mahlzeiten und prickelnde Badezusätze für das Nonplusultra hielt.
    Im ZDF wurde ein Bühnenwerk von Gerhart Hauptmann gezeigt. Die Hauptrolle spielte ein Fuhrmann namens Henschel, der seiner sterbenden Frau versprach, nach ihrem Tod ganz bestimmt nicht die Magd Hanne zu heiraten, aber dann tat er’s doch, und als er Wind davon bekam, daß diese Magd fremdging, kriegte er die Wut; zuerst auf die Leute, die ihm das erzählt hatten, dann auf die Magd und zuletzt auf sich selbst. »Wo ein Henschel hinhaut, da wächst kein Gras mehr«, sagte einer, und am Ende hängte der alte Fuhrmann sich auf.
    »Tja«, sagte Papa und reckte und streckte sich, bis es knackte. »Das ganze Unglück in der Welt kommt bloß daher, daß die Leute alle kreuz und quer durcheinandervögeln.«
    Männer ohne Nerven.
    Was gab’s Neues? In einem Freundschaftsspiel gegen Italien behielt die deutsche Elf die Oberhand, das Wetter wurde wieder besser, und zu fressen kriegten wir eine neue Gemüsesorte: Chinakohl. Damit konnte sich aber auch Papa nicht anfreunden.
    Von meinen Ersparnissen kaufte ich mir das Weiße Album der Beatles, eine Doppel-LP, die sich zum Teil mit dem Blauen Album überschnitt, aber das war halt nicht zu ändern.
    Manche Stücke fand ich zu radaumäßig, »Birthday« und »Helter Skelter« zum Beispiel, und was die Beatles mit »Revolution 9« bezweckten, einer Kakophonie aus Gestammel, Musikfetzen und Radiosendungsschnipseln, verstand man wohl nur, wenn man vorher die richtigen Drogen genossen hatte. (Mir waren noch nie welche angeboten worden.)
    Ein paar Songs waren so mittel und einige Spitze, und der Rest war, schlicht und ergreifend, genial.
    Half of what I say is meaningless
    But I say it just to reach you, Julia.
    Da war schon die Sprache so einmalig schön.
    Swaying daisies sing a lazy song beneath the sun ...
    Mama behauptete immer, daß Französisch die schönste Sprache sei, aber gegen die Beatles kamen die Franzosen nicht an. Die konnten sich ihren accent circonflexe an den Hut stecken.
    Und selbst wenn die Beatles was Trauriges sangen, hörte sich das verheißungsvoll an. Im Diesseits gab es doch eben etwas Schöneres als Fußschweiß und Matheklausuren, auch wenn sich das bis nach Meppen wohl noch erst

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