Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
waren allein für meine Büchertips draufgegangen, Peter Nossigs Widerstand zum Trotz.
Sehr zufrieden war ich auch mit der Seite, auf der ich eine Überschrift aus der Tagespost untergebracht hatte:
»Dienen erniedrigt nicht die Frau, sondern erhöht sie«
400 Besucherinnen bei den Glaubenskundgebungen auf der Waldbühne Ahmsen
Und darunter die Quellenangabe:
Schlagzeile aus dem Lokalteil der satirischen Zeitung »Meppener Tagespost«
Hermann hatte einen Artikel über die pädagogischen Grundsätze der Freien Schule Essen beigesteuert, die auf dem Vorsatz fußten, vielfältige Fremdbestimmungen, die sich in innerpsychischen Konflikten, sozialer Unterdrückung und politischen und familiären Abhängigkeiten äußerten, zu beseitigen und das von der Gesellschaft praktizierte Herrschaftsmodell durch herrschaftsfreie Kommunikationsformen zu ersetzen.
An anderer Stelle wurde graphisch veranschaulicht, daß ein Amerikaner durchschnittlich soviel Energie verbrauche wie zwei Deutsche, drei Schweizer oder Österreicher, sechzig Inder, 160 Tansanier oder 110 Ruandesen.
Sehr gelungen fand ich auch die Rubrik »Sprechstunde des Herzens«:
»Lieber Dr. Herbst! Ich bin 19 Jahre und habe zum erstenmal einen Freund. Neulich bin ich auf einer Parkbank zum erstenmal intim mit ihm geworden. Dabei fühlte ich einen flaschenhalsähnlichen Gegenstand in seiner Hose. Ist mein Freund Alkoholiker?«
In der Redaktion stießen wir abends darauf an, und dann drängte ich Hermann, der bei uns übernachten wollte, zum Aufbruch, weil im Fernsehen ein berühmter Film mit Humphrey Bogart kam: »The Big Sleep« (Regie: Howard Hawks).
Den Film könnten wir uns auch hier in der Schule ansehen, sagte Hermann. Er kenne ein Klassenzimmer mit Glotzofon.
Wir nahmen vier Flaschen Bier mit, um es uns da gemütlich zu machen, aber leider war die Tür verrammelt. Dafür stand jedoch eins der Oberlichter zum Flur hin offen. Hermann organisierte von irgendwoher einen Stuhl, und mit ein bißchen Kletterkunst konnten wir uns doch noch Zutritt in den Klassenraum verschaffen. Erst Hermann, dann ich. Eine der Bierflaschen, die ich ihm von oben zureichte, purzelte ihm runter und ging nur wie durch ein Wunder nicht zu Bruch.
Jetzt mußten wir bloß noch den Fernseher in Betrieb setzen und das dritte Programm finden.
»Saft hat sie ja, die Kiste«, knurrte Hermann, »aber es wäre schön, wenn sie uns auch mal was anderes zeigen würde als Schnee!«
Das Deckenlicht ließen wir aus, damit uns der Hausmeister nicht bemerkte, wenn er zufällig über den Hof ging, und so mußten wir in der Dunkelheit an dem Gerät herumfummeln.
»Schnee ... Schnee ... Schnee ... Schnee ...«
Inzwischen war’s schon zehn vor zehn, und der Film hatte längst angefangen.
»Heureka!« rief Hermann, als Humphrey Bogart auf dem Bildschirm erschien. »Wir sollten Fernsehklempner werden, wir beide!«
Durch die Geschichte stiegen wir dann allerdings nicht durch. Wer da jetzt mit wem ein Hühnchen zu rupfen hatte und gegen wen sich Bogart als Privatdetektiv Philip Marlowe noch alles zur Wehr setzen mußte, um nicht in einen weiteren Hinterhalt zu geraten und über den Haufen geschossen zu werden, das kapierten wir nicht, aber der Film war gut.
Weniger gut war der lange Heimweg von der schmalen Fensteröffnung bis zur Georg-Wesener-Straße.
Hermann ratzte schon, als ich noch einmal aufstand und mir das Buch über Howard Hawks aus dem Regal holte. Da mußte doch auch was über diesen Film drinstehen. Und richtig, über das Register fand ich einen Kommentar, in dem Howard Hawks zugab, daß er nicht darauf geachtet habe, die Handlung logisch aufzubauen:
Wir interessierten uns nicht dafür, wer wen umbrachte, sondern nur für das Wie der Morde.
Und ich hatte schon gedacht, ich wär zu dumm dafür gewesen. Oder zu betrunken.
Auch die neue et cetera verkaufte sich wie geschnitten Brot. Wenn es nicht zuviel Arbeit gewesen wäre, hätten wir jede Woche ’ne neue Nummer herausbringen können.
Bei meinem Rückzug von Renates Hochzeitsfeier hatte ich meinen Anzug ruiniert, und Mama zog mit mir los, einen neuen kaufen, den ich in Dortmund tragen sollte, auf der Feier zu Ehren von Oma Schlosser, deren achtzigster Geburtstag nahte.
Ich hatte keine große Möge, weder zum Anzugkaufen noch zur Teilnahme an der Geburtstagsfeier. Die Erinnerung an das Debakel im Parkhotel saß mir noch zu frisch in den Knochen, aber Mama schleifte mich ohne Erbarmen durch die Geschäfte.
Zur Belohnung für
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