Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
Konsequenzen für die Betroffenen und ihre Familien …«
»Aber das ist doch kalter Kaffee«, sprudelte es aus mir heraus. »Diese Schauergeschichten über Rückenmarksschwund und Erblindung, damit können Sie doch keinen Hund mehr –«
»Ich spreche hier –«
»… keinen Hund mehr hinter dem Ofen –«
»Ich spreche hier –«
»… hervorlocken!«
»Ich spreche hier, wenn Sie so freundlich wären, mich ausreden zu lassen, vom Hingeordnetsein des Individuums auf die Gemeinschaft und letztlich auf Gott, und dazu zählt für Christen auch die Rückbindung der Sexualität in den Schöpfungsprozeß, in das Schöpfungsganze. Wenn Sie das als wissenschaftlich überholt betrachten, mein junger Freund, dann verweise ich Sie auf ärztliche und psychotherapeutische Erkenntnisse aus der Behandlung von Depressiven, denen infolge einer übersteigerten oder auch falschverstandenen Selbstliebe ein gerüttelt Maß von ihrem Seelenheil abhandengekommen ist …«
Der immer mit seinem gerüttelt Maß! Ich warf dem Kleinschmidt verzweifelte Blicke zu. Als Biologe hätte der doch in die Bresche springen können!
»Ich als Mutter möchte ja mal sagen«, sagte die Mutter, und da schaltete ich auf Durchzug.
Well, I try my best
To be just like I am
But everybody wants you
To be just like them …
Von Kleinschmidt kam dann zwar eine Wortmeldung, aber mit einem Zugeständnis an meine Widersacher: »Zur sexuellen Reife gehört unleugbar auch die willentliche Überwindung der autoerotischen Entwicklungsphase, denn sonst würden wir ja alle noch am Daumen nuckeln …«
Da wurde geprustet.
Um dem Ernst der Sache wieder Genüge zu tun, ließ der Kathole sich über das Mysterium der Schwangerschaft aus und referierte, was in der Bibel geschrieben stehe: Unter Schmerzen solle das Weib seine Kinder gebären.
In der Bibel stehe aber nicht, daß die Kinder auch unter Schmerzen empfangen werden müßten, sagte ich, und dieses eine Mal hatte ich die Lacher auf meiner Seite.
Heike meinte im Bauhaus, daß ich mich ganz passabel aus der Affäre gezogen hätte, und auch Mona Feddersen verhätschelte mich mit Nettigkeiten: »Das war ja echt ’n undankbarer Part, den du gehabt hast! Mitten zwischen diesen Labertaschen!« Ich sei nicht zu beneiden gewesen.
Andreas Pohl saß still dabei und lächelte in sich hinein.
(Hatte der nun was mit Mona oder nicht?)
»Von allen Brüdern eures Vaters ist doch Dietrich wirklich der mit der sozialsten Ader«, sagte Mama, als sie aus Jever zurück war, ihre sonntäglichen Telefonate hinter sich gebracht und eine Kanne von dem guten Thiele-Tee gekocht hatte. »Dietrich und Jutta haben jetzt zusätzlich zu ihren eigenen drei Blagen noch zwei Pflegekinder bei sich aufgenommen. Anderer Leuts Sprößlinge hochzupäppeln, da ist auch nicht jedermann für geschaffen! Wer kann denn schon ahnen, was die für Charakterfehler haben?«
»Und wie geht’s Oma Jever?«
»Die ist so kregel wie eh und je. Wartet’s mal ab, die überlebt uns alle noch!«
Von den anderen Verwandten gab’s nur zu berichten, daß Tante Gertrud in Wyk auf Föhr geurlaubt habe und daß es ihr Sohnemann Bodo auf der höheren Handelsschule sterbenslangweilig finde.
Ein Attentäter hatte Ronald Reagan mit mehreren Schüssen niedergestreckt.
John Hinckley. Der wollte wohl in die Geschichte eingehen.
Reagan hatte nur eine Lungenverletzung davongetragen; sein Gesundheitszustand war stabil.
Nach Mamas Meinung waren die Amerikaner selber schuld. »Bei denen läuft doch jeder Hans und Franz mit ’m Schießprügel durch die Gegend!«
So war das eben in God’s own country.
Hermann ließ sich nicht lumpen: Nach seiner glücklich bestandenen Gewissenprüfung vor dem Ausschuß für Kriegsdienstverweigerer lud er Astrid, Heike und mich zu einer Zechtour ein, die einmal quer durch Meppen führen sollte, mit der Stadtschänke als Startpunkt.
Er habe sowohl ethisch-moralisch als auch religiös argumentiert, »also ziemlich opportunistisch«, sagte Hermann und reichte der Kellnerin seinen Bierfilz für die Buchführung über unseren Getränkeverschleiß. »So ’ne KDV -Verhandlung darf man sich nicht zu trivial vorstellen. Die haben mich natürlich auch gefragt, was ich denn machen würde, wenn ein Sexualverbrecher meine Freundin überfällt …«
Da sei sie ja mal gespannt, sagte Astrid.
»Wenn man sich auf deren Logik einläßt, hat man schon verloren. Man muß zugeben, daß man da in ’ner Zwickmühle steckt und die Gewaltanwendung
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