Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
Vom Netzwerk:
ganz.
    Wegtreten, das hieß in diesem Fall: in Höchstgeschwindigkeit dem Horizont entgegenstürzen, mit der gesamten klabasternden Ausrüstung am Mann und dem verschissenen G3.
    Bis auf Widerruf. Der lautete: »Achtung! In Marschordnung antreten, marsch, marsch!«
    Also prestissimo in die entgegengesetzte Richtung.
    Und das gleiche Spielchen von vorn: »Iiiiiim Gleichschritt – marrrrsch!«
    Wieder verkehrt.
    »Nach hinten wegtreten, marsch, marsch!«
    Klabaster, klabaster …
    »Achtung! In Marschordnung antreten, marsch, marsch!«
    Die dritte Wiederholung war schon nicht mehr feierlich, und bei der zehnten nahm ich nur noch Schweiß und Haß und Seitenstechen wahr. Jacobi, dieser Schweinehund! Für den war das ’n Jux, die ganze Kompanie zu schikanieren.
    »Nach hinten wegtreten, marsch, marsch!«
    Noch ein einziges Mal, sagte ich mir, und ich schmeiß dir meine Knarre vor die Füße und brülle: Mach deinen Dreck doch alleine, du Arschgesicht!
    »Achtung! In Marschordnung antreten, marsch, marsch!«
    Einfach aufhören mit dem Quatsch. Befehlsverweigerung. Wie er da wohl glotzen würde, der alte Sausack!
    Diesmal ließ er uns aber nicht mehr wegtreten, sondern strammstehen, zehn Minuten lang, in denen er tobte und schrie und sich völlig verausgabte. Bebende Lefzen, geballte Fäuste und die Fresse wutrot angelaufen: Wir seien Pantoffelhelden, Waschlappen und Rohrkrepierer, eine Schande für das Bataillon, aber wenn wir glaubten, daß er uns das durchgehen lasse, wären wir auf dem Holzweg. »Ich kann auch anders, Männer! Ich kann auch anders!«
    Bei der Postverteilung wurde endlich auch mal ich nach vorn gerufen. Heike hatte mir geschrieben.
    Hallo, geliebter Martin!
    Hallo, geliebte Heike.
    Ich muß mich jetzt ganz doll beeilen mit dem Brief, damit ich noch pünktlich zum Seminar komme. Heute und gestern war es ganz schön anstrengend. Fast alle Veranstaltungen sind montags und dienstags. Mittwoch ist frei. Heute mittag fand das Seminar »Alternative und selbstbestimmte Projekte im Freizeit- und Bildungsbereich« statt. Der Raum war total überfüllt, so daß die Hälfte der Leute auf dem Boden sitzen mußte. Ich natürlich auch, und mein Arsch, der wunderschöne, tut mir jetzt noch weh und hat, glaube ich, Streifen. Hoffentlich gehn die bis Freitagabend wieder weg. Ich freue mich schon ganz superdoll auf unser Wochenende.
    Ach ja, heute morgen habe ich den Schmierkäse von Dir bzw. vom Bund probiert. Oh, er schmeckte zum Kotzen. Bring den bloß nicht wieder mit. War aber trotzdem lieb von Dir. Ich werde ihn wohl verschenken müssen.
    Morgen habe ich frei, und dann werde ich mir wohl ’ne Fernsehantenne kaufen. Es ärgert mich, daß ich so viele gute Filme verpasse.
    Freitag habe ich von 13 bis 15 Uhr noch ’ne Veranstaltung und werde danach im Galopp nach Hause rennen und mich freuen, daß Du bald kommst. Und dann können wir ja zusammen eine rauchen, wa?
    Tschüß, Heike!
    Aus der Kantine schlug mir abends Chorgesang entgegen: »Wir scheißen auf die Bundeswehr!« Dazu wurden Bierflaschen im Takt auf die Tische gehämmert, und ich ging rückwärts wieder raus. Dann lieber ohne Bier in die Federn.
    Steigerungsformen des Ätzenden: aus dem Schlaf gerissen werden
– sehr früh aus dem Schlaf gerissen werden – sehr früh von Uffz Krahl aus dem Schlaf werden und sich daran erinnern, daß man bei der Bundeswehr war – sehr früh von Uffz Krahl aus dem Schlaf gerissen werden und sich nicht nur daran erinnern, daß man bei der Bundeswehr war, sondern auch daran, daß man sich am Vortag durch die Mobilisierung der letzten Kraftreserven beim Exerzieren einen mörderischen Muskelkater eingehandelt hatte.
    Die, die auf dem Schießplatz fünfmal mitten ins Gesicht des Pappkameraden getroffen hatten, durften drei Stunden früher heimfahren und brauchten nicht mehr an dem Unterricht über »Blutung und Blutstillung« teilzunehmen.
    Paradox.
    Für das gemeine Volk hieß es erst hinterher: »Erster Zug – stillgestanden! Iiiiins Wochenende – wegtreten!«
    Anstatt sich zu freuen, mäkelte Heike an dem Weißwein rum, den ich organisiert hatte. Wenn auf dem Etikett schon »lieblich« stehe, dann wisse man doch, daß das kein edler Tropfen sei, sondern gepanschtes Zuckerwasser. »Ehrlich, Schlosser, manchmal frag ich mich, in welcher Welt du eigentlich lebst …«
    War sie mit dem falschen Fuß aufgestanden? Oder lag’s an ihrer Periode?
    Nein. Der wahre Grund für Heikes Mißmut war ihr Neid auf Hermann und Astrid:

Weitere Kostenlose Bücher