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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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Pferdemistgeruch und Abendfrieden. In der Dorfkneipe stillten wir unseren Durst mit Weißbier und hörten den bäuerlichen Gestalten am Nebentisch zu. Eines der wenigen halbwegs verständlichen Wörter war »Raaf«, was wir als »Reifen« interpretierten. Den Sinnzusammenhang konnten wir aber nicht erschließen, denn die meisten Sätze klangen etwa so: »D’ Raaf kummr ziags eini gfei aah gwänn zwoangs derada morr ganga gää liagata umpm!«
    »Wer nichts wird, wird Landwirt«, sagte Hermann leise, und da sprachen uns die Bauern plötzlich auf hochdeutsch an: Woher wir kämen, wo wir wohnten und wohin wir wollten.
    Damit sie uns nicht für die wilden Camper hielten, die wir waren, behauptete ich, wir hätten unseren Wagen bei der Autobahntankstelle geparkt und würden gleich weiterfahren. Das schienen sie zu schlucken.
    Den Beuys konnte man nicht oft ertragen, aber Hermann hatte ja noch andere Kassetten.
    Du tanzt im Alcazar
    mit Scheich Ramadar.
    Alles ohne mich!
    Von Ideal.
    Das ist gemein, so gemein, hundsgemein …
    Und dies und jenes von John Lennon.
    As soon as you’re born they make you feel small,
    By giving you no time instead of it all,
    Till the pain is so big you feel nothing at all.
    A working class hero is something to be …
    Den Leuten, die sich das zu Herzen nahmen, pries der Sänger sich selber als Leitfigur an:
    If you want to be a hero well just follow me.
    Für einen Helden der Arbeiterklasse hatte Lennon am Ende allerdings ’ne ganze Menge auf der hohen Kante gehabt.
    Über Nacht war Regenwasser ins Zelt gesickert und hatte das Fußende meines Schlafsacks durchnäßt. Man ging nicht ungestraft auf Reisen.
    Snickers, Mars und Nuts: die Trias der besten Schokoriegel. Bounty mochte ich ja nicht, wegen des fauligen Kokosgeschmacks. Und Rolo war prolo.
    Beim Bezahlen erkannten wir in dem Mann an der Tankstellenkasse einen der Dorfkneipengäste wieder, denen ich das Märchen aufgebunden hatte, daß wir nachts noch hätten weiterfahren wollen, im eigenen Auto, und nun standen wir hier ungekämmt mit Zelt und Reisetaschen rum.
    Ehrlich währte eben doch am längsten.
    Als wir nach ’ner halben Stunde noch nicht weggekommen waren, fertigte Hermann ein provokatives Tramperschild an:
    Dialog mit der Jugend?!
    Und schon stoppte einer dieser Mittelklassewagen, die sonst immer stur vorbeifuhren, und wir wurden von einem jovialen Handelsvertreter aufgegabelt, der zum Tegernsee wollte, südlich von München. Der Mann hieß Hans-Ludwig und hatte das Herz am rechten Fleck. Das gab’s ja, daß man fremde Leute mit der gleichen Wellenlänge traf.
    Hermann, der hinten saß, fing irgendwann zu husten an und klagte über Auspuffqualm, der ins Auto eindringe. Und es roch tatsächlich danach, und zwar so stark, daß Hans-Ludwig auf dem Seitenstreifen anhielt und mir die Aufgabe übertrug, das Warndreieck aufzustellen. Hatte ich auch noch nicht gemacht. Einmal ist immer das erste Mal.
    Nach einer langen Zeit, in der nichts passierte, kam jemand vom ADAC und stellte fest, daß sich der Schaden nicht so leicht beheben ließ. Der Wagen mußte zu einer Werkstatt abgeschleppt werden, doch es war Sonntag …
    Hätten wir auskneifen sollen? Die Ratten verlassen das sinkende Schiff?
    Hans-Ludwig machte uns einen besseren Vorschlag: »Wenn der Wagen erst morgen repariert werden kann, dann übernimmt meine Versicherung für sämtliche Insassen die Hotelkosten. Also auch für euch. Wenn ihr wollt, könnt ihr mitkommen …«
    Na, und ob wir wollten!

Etwa eine Stunde später rollten wir auf einem Abschleppwagen in ein Örtchen namens Altdorf ein und fanden uns alsbald in einem rustikal möblierten Doppelzimmer mit Federbetten und Dusche wieder. Hans-Ludwig hatte sich ein Einzelzimmer genommen.
    Man müsse auch mal einen Joker ziehen, sagte Hermann und frottierte sich die frischgewaschenen Haare.
    Eigentlich hätte er sich auch rasieren können.
    »Du siehst aus wie ’n Kojote …«
    Er grunzte. Ich würde mich anhören wie Astrids Vater. Der habe mal zu ihm gesagt: »Ach, der arme, arme Junge! Hat kein Geld für ’n Rasierapparat!«
    Kreuzfidel und äußerlich mit Ausnahme von Hermanns Kinnpartie wie aus dem Ei gepellt begaben wir uns mit Hans-Ludwig ins Zentrum von Altdorf, wo gerade an diesem Tag eine 800-Jahr-Feier stattfand. Die Häuser waren bekränzt und beflaggt, ein Spielmannszug marschierte auf, und durch die Gassen tanzten Schausteller in mittelalterlichen Trachten.
    »Alles uns zu Ehren«, sagte Hermann.
    Auch

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