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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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dinieren konnten wir auf Versicherungskosten. Schweinshaxe, Semmelknödel, Sauerkraut und Löwenbräu. Jo mei!
    Bei einem wonnevollen Hochwaldspaziergang führte uns Hans-Ludwig am Vormittag in die Welt des Handels mit Krankengymnastikgeräten ein. Die Krankengymnasten, fand ich, hatten ein Mordsglück, daß die Geräte, die sie benötigten, im Handel erhältlich waren. Ich zum Beispiel hätte die weder herstellen noch vertreiben wollen. Hermann meinte aber, daß sich sowas in der Marktwirtschaft von selber regele, und Hans-Ludwig gab ihm recht: Die Nachfrage erzeuge das Angebot. Unausweichlich. Das sei ein ökonomisches Gesetz, so wie das physikalische, wonach ein Vakuum den Sauerstoff anziehe.
    Und wenn sich trotzdem niemand dazu aufgerafft hätte, mit Krankengymnastikbedarf zu handeln?
    Zur Mittagszeit war das Auto wieder flott, und die Reise ging gemütlich weiter zum schimmernden Tegernsee.
    Gott mit dir, du Land der Bayern!
    »Heute ganz in Blau, das Wasser«, sagte Hans-Ludwig.
    Wir überließen ihn mit heißem Dank seinen beruflichen Verrichtungen und stiegen hoch und immer höher in den Wald am Ostufer hinauf. Weit oben, in sicherer Distanz von allen Wanderwegen, bauten wir das Zelt auf. Damit es nicht so ins Auge fiel, nahmen wir die vertikalen Stangen wieder raus und legten sie hin. Safety first.
    Dann schritten wir beschwingt zurück zum See hinab und setzten uns in ein Wienerwald-Restaurant.
    Heute bleibt die Küche kalt,
    wir gehen in den Wienerwald!
    Bei Backhendl und Bier verfolgten wir den Kampf zwischen Brasilien und Italien um den Einzug ins Halbfinale. Bei den Italienern stand die mittlerweile vierzig Jahre alte Torwartlegende Dino Zoff zwischen den Pfosten. Die Brasilianer hatten in vier Spielen schon dreizehn Tore erzielt und brauchten bloß ein Unentschieden. Doch was machten sie, die Unglücksraben? Liefen zweimal einem Führungstreffer der Italiener hinterher, kassierten eine Viertelstunde vorm Abpfiff das 2:3 und landeten trotz Powerplay und spielerischer Überlegenheit auf der Verliererstraße.
    Wie viele Einwohner hatte Brasilien? Einhundert Millionen? Wie sich das wohl anhörte, wenn die nun alle weinten und schluchzten!
    Vier Maßkrüge hatte ich während des Spiels geleert. Pro Halbzeit zwei.
    »Du bist gut dabei«, sagte Hermann. Er selbst hatte ein kleines Bier, dann noch ein kleines Bier, dann einen halben Liter und dann noch ein kleines Bier getrunken.
    Nüchtern waren wir jedenfalls beide nicht bei unserem beschwerlichen Wiederaufstieg in die Höhenregion.
    Herrlich: betrunken zu taumeln in dämmernden Wald …
    Nur daß es nicht mehr dämmerte. Stockduster war’s, und der Wald hielt sämtliche Geschenke bereit, die er sich für Nachtvagabunden aufgespart hatte. Irrwege vor allem, aber auch Baumwurzeln, glitschige Steine und andere Stolperfallen.
    »Ein Königreich für eine Taschenlampe!« rief Hermann.
    Nach langem Gekraxel standen wir plötzlich auf einer Weide, und es kamen brüllende Kühe frontal auf uns zugerannt! Eine hätte mich fast erwischt, wenn ich nicht auf den Rücken gefallen und zur Seite weggerollt wäre …
    Daß wir unser Zelt dann irgendwann doch noch wiederfanden, konnte man nur als Wunder bezeichnen.
    Hermann weckte mich mit einer Grußformel, die er sich anscheinend eigens für diesen Morgen aufgehoben hatte: »Pfüat Gott!«
    Ich war völlig entkräftet. Wirbelsäule eingerostet, dicke Birne, blaue Flecken an den Armen, Hüfte krumm und Kniegelenke steif. Zur kompletten Regeneration hätte ich ein Bett und ein Badezimmer gebraucht. Außerdem mußte ich in absehbarer Zeit ein größeres Geschäft erledigen, und darauf war die nähere Umgebung nicht adäquat zugeschnitten.
    Nach einem Abstecher ins Tal unternahmen wir eine ausgedehnte Wanderung zu einer Seilbahn, die dann leider außer Betrieb war. Um sich abzureagieren, lief Hermann auf einen Ameisenhaufen zu und rief einen Generalstreik aus: »Ameisen, hört die Signale! Alle Räder stehen still, wenn euer starker Arm es will! Habt ihr hier überhaupt ’n Betriebsrat? Oder auch nur die kümmerlichsten Arbeitnehmerrechte? A working class hero is something to be!«
    Für revolutionäre Anwandlungen hatten die Ameisen den Wertekodex ihrer Sklavenhaltergesellschaft aber viel zu tief internalisiert.
    Wir befuhren den Tegernsee in einem Ruderboot, kauften uns Taschenlampen, speisten aus liebgewordener Gewohnheit im Wienerwald zu Abend, schrieben Karten an die üblichen Verdächtigen und begingen die Dummheit,

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