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Alle Vögel fliegen hoch

Alle Vögel fliegen hoch

Titel: Alle Vögel fliegen hoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
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auch Hecht, Aal, Karpfen und natürlich den Birschling, also den Barsch.«
    »Und Forellen?«
    »Ja, auch, aber die Forellen, die man auf den Teller bekommt, das sind Zuchtforellen. Die Fischer hier fangen keine normalen Portionsforellen. Wenn so eine Seeforelle Platz hat und gut räubern kann, wird sie ganz schön lang. Die passt auf keinen Teller mehr, ja manchmal kaum auf einen Tisch.«
    »Angeln Sie noch immer?«

    »Leider nicht.«
    »Warum leider?«, fragte ich enttäuscht. Ein Angler! Das passte überhaupt nicht zu dem Felix, den ich zu kennen geglaubt hatte, insgeheim!
    »Weil es die Nerven beruhigt. Ich kenne einige Angler, die werfen die Fische zurück oder verschenken sie. Die essen gar keinen Fisch. Die machen das, um zur Ruhe zu kommen.«
    »Angeln als Meditation«, spottete ich.
    Felix nickte. »Aber ich habe seit Jahrzehnten keine Angel mehr in der Hand gehabt, und ich weiß auch nicht, ob es mir Spaß machen würde ohne meinen Opa. Und außerdem habe ich viel zu wenig Zeit.«
    »Dann wäre Meditation genau das Richtige für Sie.«
    »Kann schon sein.«
    »Wie wär’s mal mit Yoga?«
    »Bei Ihnen, Frau Fischer? Das ist mir zu gefährlich!« Er hob sein Glas, prostete mir zu und trank es aus.
    Mir war ein bisschen schummrig. Ich hatte seit Stunden nichts gegessen. Und ich musste noch das loswerden, was mir eingefallen war, nachdem es mir so lange entfallen war. »Ich habe da übrigens etwas entdeckt …«, begann ich zögernd.
    Der Charme fiel aus seinem Gesicht. So laut, dass Flipper neugierig den Kopf hob. »Frau Fischer! Sie sollten doch nicht …«
    »Ja, ja«, sagte ich schnell. »Das war ja auch vorher. Es war an dem Tag, an dem ich Klaus Hase gefunden habe. Eine halbe Stunde zuvor vielleicht … oder zwanzig Minuten. Ich habe es vergessen. Das tut mir wirklich leid, und ich habe keine Ahnung, ob das wichtig ist, für mich war dieser Tag
einfach der Tag, an dem ich den Toten gefunden habe und das davor, das mit dem Vogel …«
    »Vogel?«
    »Flipper hat einen Vogel in einem Käfig gefunden«, sagte ich. Meine Stimme klang widerwillig. Das wollte ich nicht. Es tat mir aufrichtig leid, dass ich diese Begebenheit vergessen hatte.
    »Wo? Am Hochsitz?«
    »Nein, irgendwo in der Nähe. Im Prinzip im Wald, aber eher auf einer Lichtung. Ich hätte dieses Drahtgestell nie entdeckt. Es war mit Zweigen wie von einem Adventskranz getarnt. Flipper hat das Teil aufgestöbert. Es war auch kein Käfig, also es war natürlich schon einer, aber er sah komisch aus, ich meine …«, sollte ich dem Kommissar anvertrauen, dass ein solcher Käfig in Herrn Widmanns Scheune hing? Wie sollte ich ihm erklären, dass ich dort nach Dämmmaterial gesucht hatte. Felix Tixel hatte die Scheune bestimmt inspiziert, und außerdem war er Hauptkommissar und würde wohl selbst drauf kommen, dass der Käfig Klaus Hase gehört haben musste.
    »Weiter, Frau Fischer, weiter!«
    Weiter… womit? »Ja, also wie gesagt, sah dieser Käfig komisch aus«, begann ich stockend, wurde sicherer, weil nun das Bild des Drahtgestells vor meinem geistigen Auge auftauchte. »Er sah nicht aus, wie Vogelkäfige normalerweise aussehen, eher wie ein vergitterter Papierkorb. Oben war so eine Art Bügel angebracht, und drinnen saß ein Vogel …«
    »Ein Lockvogel!«, rief der Kommissar.
    »Wie?«
    »Ein Fangkorb mit Lockvogel!«

    Der Kommissar winkte der Bedienung mit einer solchen Autorität, dass sie sofort erschien, und es hätte mich nicht gewundert, wenn sie salutiert hätte. »Bitte, bringen Sie mir Papier und einen Stift.«
    Die Bedienung zog das Gewünschte aus ihrer dicken schwarzen Geldtasche.
    Der Kommissar zeichnete mit schnellen Strichen.
    »Ungefähr so?«, fragte er.
    »Genau so«, nickte ich.
    Der Kommissar ließ den Kugelschreiber sinken. »Ich glaube, so was nennt man Habichtfangkorb.«
    »Und wozu soll das gut sein?«
    Er ließ den Kugelschreiber virtuos durch seine Finger wandern. »Um einen Raubvogel zu fangen. Was im Übrigen verboten ist. Bei uns in Deutschland sind alle Greifvögel geschont. Das Aufstellen eines solchen Korbes erfordert eine Sondergenehmigung. Wir werden das überprüfen.«
    »Und wie funktioniert so ein Fangkäfig?«
    »Der Raubvogel will an seine Beute und löst beim Herabstoßen die Falle aus. So wird er im oberen Teil des Fangkorbes in den Netzen unversehrt gefangen. Gleichzeitig öffnet sich im Unterteil des Korbes eine Tür, und der Lockvogel kann entkommen.«
    »Aber wer fängt denn einen Raubvogel! Den kann

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