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Alle Vögel fliegen hoch

Alle Vögel fliegen hoch

Titel: Alle Vögel fliegen hoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
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Besser eine ganze Tafel.
    »Wieso bist du überhaupt hergekommen?«, fragte ich Simon.
    »Wollte euch halt mal besuchen.«
    »Du hättest anrufen können.«
    »Hab ich ja. Ist keiner hingegangen.«
    Ob das der Wahrheit entsprach? »Ich mach dir jetzt was zu essen, und dann fahren wir zu dir.«
    »Bitte, darf ich übernachten? Ich habe alles dabei! Auch meinen Schlafanzug und die Zahnbürste! In mein Bett habe
ich eine Decke gelegt, weißt du, das schaut aus, als ob ich drinliege, das habe ich im Fernsehen gesehen, und morgen ganz früh schlüpfe ich einfach wieder rein.«
    »So hast du dir das also gedacht?«
    Simon strahlte mich an. »Ja!«
    Ich wollte keine Spielverderberin sein, und weil es mir so schwerfiel, ihn zu enttäuschen, klang mein Ton strenger als beabsichtigt. »Simon, das geht nicht! Deine Eltern machen sich Sorgen!«
    »Die merken gar nicht, dass ich weg bin.«
    »Natürlich merken die das! Die schauen bestimmt nach, ob du schläfst.«
    »Nein, nie.«
    »Das weißt du doch gar nicht, wenn du schläfst!«, rief ich und ärgerte mich, weil ich mich auf eine inhaltliche Diskussion einließ.
    »Bitte! Bitte lass mich bei Flipper schlafen, bitte! Der beschützt mich, das weiß ich und du auch, weil du geweihte Silberkugeln hast und die Beretta, das ist wichtig! Hast du die immer griffbereit bei dir, damit du nicht suchen musst, wenn du sie brauchst und es dunkel ist im Zimmer in der Nacht, hast du sie unter deinem Kopfkissen, ja? Flipper, hat sie die unter ihrem Kopfkissen?«
    Er stellte sich neben Flipper, legte den Arm um ihn, und beide schauten mich an.
    Kurz spielte ich durch, was passieren würde, wenn ich Simon erlaubte, bei mir zu übernachten. Wahrscheinlich machte ich mich strafbar. Kindesentführung. Vielleicht konnte Simon ein andermal bei mir bleiben. Jetzt gab es nur eine Lösung: Ich würde ihn nach Hause fahren.

    »Wie viele geweihte Silberkugeln hast du? Reichen die aus?«
    »Ich hab genug«, sagte ich geistesabwesend.
    »Auch für uns beide?«
    »Ja, sicher… Du Simon…, sag mal, kennst du eigentlich eine Sarah?« Ich konnte es ja mal probieren. Wenn er schon da war.
    »Saras kenne ich total viele. In meiner Klasse sind zwei Stück. Sara mit und ohne.«
    »Was mit und ohne?«
    »Ha«, kicherte er.
    »Die Sarah, die ich meine, hat ein Pferd bei den Widmanns und einen Opa hat sie auch.«
    »Die Bella?«
    »Ja, ich glaube, so heißt das Pferd.«
    »So ein weißer Schimmel?«
    »Da bin ich überfragt. Wie heißt die mit Nachnamen, die Sarah?«
    »Weiß nicht. Die geht aufs Gymnasium. Wahrscheinlich hat die zwei Ha. Sara Haha!«
    »In Starnberg?«
    »Mmh.«
    »Magst du die nicht?«
    »Weiß nicht. Du, und die Kugeln, die sind schon in der Beretta drin, damit du die nicht erst laden musst, wenn es pressiert?«
    »Ja, ja. Mach dir keine Sorgen. Kennst du den Opa von der Sarah?«
    »Das ist ein Freund vom Herrn Widmann.«
    »Kein Verwandter?«

    »Weiß nicht. Wie oft hast du schon geschossen mit der Beretta? Musst du das nicht üben?«
    »Wenn man das einmal kann – das verlernt man nicht mehr. Also kein Verwandter, nein?«
    »Hast du schon mal danebengetroffen?«
    »Ich treff immer. Mitten ins Schwarze.«
    Simon ratschte seinen Rucksack auf und reichte mir ein Fernglas.
    »Da. Das hab ich dir mitgebracht. Das schenk ich dir. Du schickst mich nicht weg, gell? Ich darf dableiben? Ich kann auch unter deinem Bett schlafen, das macht mir gar nichts aus, ich mach mich ganz klein, schau mal, wie klein ich mich machen kann«, er rollte sich zu einer Kugel zusammen und verbarg seinen Kopf unter den Armen. Flipper stupste ihn vorsichtig an.
    »Ich nehm gar nicht viel Platz weg!« Simons Stimme hörte sich an, als würde er sich die Nase zuhalten. »Und Dreck mach ich auch keinen, überhaupt keinen, ich kann mein Frühstücksgeschirr morgen selber abspülen, da merkst du gar nicht, dass ich da bin, ich mach alles sauber wie geschleckt. «
    Ich räusperte mich. »Woher hast du das?«
    »Ist meins«, tönte es dumpf aus der Kugel.
    »Woher hast du das?«
    Er setzte sich auf. »Ich brauch es nicht mehr. Ich habe mir gedacht, vielleicht freust du dich. Ich kann doch dableiben, oder? Bitte, bitte!«
    Flipper wedelte.
    In meinem Kopf wedelte es auch. Was sollte ich tun? Ihn löchern, woher er das Fernglas hatte? Das Geschenk zurückweisen?
Durfte ich es überhaupt anfassen? Wieso brachte er das Teil zu mir? Hatte er ein schlechtes Gewissen, weil Andrea und ich ihn damit ertappt hatten? Seit wann trug er es

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