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Alle Vögel fliegen hoch

Alle Vögel fliegen hoch

Titel: Alle Vögel fliegen hoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
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Schlafzimmertür.
    Und dann stand der Kommissar in meinem Schlafzimmer. Dort, wo er einmal hingehört hätte. Er beugte sich über mein Bett und schaute seine Tochter an.
    »Wenn die mal schläft, da kann eine Bombe einschlagen«, flüsterte er überflüssigerweise. »Die hört nichts. Beneidenswert. «

    Hieß das, Felix’ Schlaf war sensibel? Ich würde es nie erfahren. So viel würde ich nie erfahren. Schlief er auf dem Rücken, und schnarchte er? Frühstückte er lieber süß oder würzig? Über welche Witze lachte er? Wovor hatte er Angst? Was träumte er? Welche Musik hörte er? Warum war er im Tierladen traurig gewesen mit dem Lederhalsband in der Hand? War er kitzlig an den Fußsohlen? Schwamm er gern, und fuhr er Snowboard? Wie viele Klimmzüge schaffte er? Wir standen vor meinem Bett. Auf dem Nachttisch lag ein Buch mit dem Titel Nimmersatte Lust der Frauen . Ein Geschenk meiner Osteoporosegruppe. Warum hatte ich es nicht beiseitegeräumt. Überhaupt sah es hier nicht so aus, wie es aussehen sollte, wenn… Ich hatte weitaus schönere Bettwäsche als dieses alberne Blumenmotiv, und normalerweise stand neben dem Fenster die große Palme. Wieso dachte ich so einen Blödsinn? Dem Kommissar war das alles egal. Ich war ihm egal, und das war gut so. Das hier war echt. Das war kein Film, in dem ich ihn auf das Bett stoßen würde, und wir hätten wilden Sex.
     
    »Danke, Frau Fischer«, sagte Felix.
    »Ich hab gar nichts gemacht«, sagte ich.
    Der halbe Mond ging heute nur zu einem Viertel auf, ein trauriger Versuch, stürzte schnell ab ins Dickicht dunkler Stoppeln.
    »Ein Glas Wasser?«, fragte ich ihn.
    »Und einen Espresso vielleicht? Das wäre wunderbar, danke.«
    Felix folgte mir in die Küche. Ich kam mir vor wie in einem Traum. Zuerst Simon und jetzt er, aber kein Simon mehr.
Ich füllte Pulver in meine Espressokanne. Meine Hände zitterten. Ich drehte mich weg. Felix’ Handy klingelte. »Tixel.«
    »Ja, Frau Dr. Gleixner, das ist wunderbar, dass Sie gleich zurückrufen!«
    Warum klang seine Stimme auf einmal so munter?
    »… Nein, nein, nicht direkt privat. Auch wenn heute Samstag ist.«
    Er lachte. Ich konnte mir die Frau Doktor vorstellen. Arzttochter, blond, Körbchengröße D, sonntagnachmittags gern ein Zigarillo. »Es geht um einen Jungen, den ich suche, er ist mir gerade weggelaufen und da sind Sie mir eingefallen, weil Sie uns vor ein paar Monten bei dem Fall mit der kleinen Annalena doch so geholfen haben.… Ja, ja.… Ich glaube, meine Kollegin hat Sie letzte Woche diesbezüglich schon einmal… Ja, ja genau.… Ja, wir sind Ihrer Empfehlung gefolgt und haben von einer weiteren Befragung Abstand genommen, das war ja ziemlich unerfreulich mit den Eltern.… Nein, das Jugendamt noch nicht.… Frau Dr. Gleixner, gut Alexa, okay…« Wieder lachte er. War ich eine Partnervermittlungsagentur oder was? Unsere Blicke trafen sich. Er hob bedauernd die Schultern. Armer Mann. Konnte einem wirklich leidtun bei so einer Warteliste. Wie sah die Frau aus, die ihn gekriegt hatte? Ein blonder Engel, blond wie Sinah?
    »Ich spreche kurz mit der Zeugin, dann kann ich Ihnen mehr sagen. Ja. In fünf Minuten? In zehn. Okay. Bis gleich. Und bitte, Alexa – das ist vorläufig noch eine private Anfrage, ich habe die große Hoffnung, dass ich den Jungen selber finde oder dass er auf dem Nachhauseweg ist, und die Zeit würde ich ihm noch geben. Und von Ihnen, äh, ich meine, von dir hätte ich gern einen Freispruch, damit ich mir die
Zeit geben darf. Ich kann die Lage schwer einschätzen. Und du sollst noch wissen, dass ich eigentlich nicht im Dienst bin. Der Hinweis kam«, er räusperte sich, »privat rein.«
    »Der Kaffee ist fertig«, meldete ich, als er das Gespräch beendet hatte. Er lehnte am Türstock. Sein Anblick tat mir weh.
    »Wissen Sie, wo Simons Eltern sind?«, fragte er.
    »Sie arbeiten«, sagte ich, während ich aus dem Fenster schaute, wo ein leichtes Lüfterl die Kastanie sanft wiegte, mehr zu ahnen, denn zu sehen. »Ich glaube, sie machen Catering, also die Mutter, und der Vater hilft wohl manchmal mit. Er sagte was von Wolfratshausen und einem berühmten Politiker. Dort würde es Leibwächter geben.«
    »Na super. Ein Besuch beim ehemaligen Ministerpräsidenten«, stöhnte Felix.
    Ich drehte mich zu ihm um. »Wer weiß, ob das stimmt. Simon quasselt in einer Tour.«
    »Genau das ist das Problem. Was stimmt?«
    Ich reichte Felix die Tasse. Meine schönste. »Das dürfen Sie mich nicht

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