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Alle Vögel fliegen hoch

Alle Vögel fliegen hoch

Titel: Alle Vögel fliegen hoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
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verwandeln, mit denen ich eine Mauer hochziehen konnte. Jetzt oder nie.
    Ich holte tief Luft und sprang: »Wenn alles so läuft, wie ich es mir vorstelle, brauchen Sie mich bald gar nicht mehr nach Hause fahren, weil ich dann nämlich schon zu Hause bin.«
    »Aha«, sagte Felix, »und was bedeutet das?«
    »Dass ich da einziehen will, wo der Klaus Hase gewohnt hat. Dann kann ich mich ein bisschen um Simon kümmern«, kleidete ich meine Absicht in ein edles Motiv.
    »Und das fällt Ihnen just im Moment ein?«
    »Nein. Mit den Widmanns habe ich schon gesprochen.«
    »Frau Fischer«, der Kommissar wandte sich zu mir. Sein Gesicht war sehr nah an meinem Gesicht. Ich konnte seinen Atem spüren. Wir schauten uns an, wie man sich anschaut, bevor man sich küsst zum Beispiel.
    »Ja?«
    »Ich sag nichts dazu«, sagte er.
    »Ich hab den Simon narrisch gern«, sagte ich.
    »Ich auch«, sagte er, lehnte sich zurück und atmete tief durch.
    War’s das? Wo blieb die Moralpredigt? Wieso regte er sich
nicht auf? Wieso redeten wir nicht drüber? Gut, dann eben nicht. Ging ihn ja auch nichts an. Er würde mich nie, nie, nie mehr nach Hause fahren. Konnte ihm doch egal sein, wo ich wohnte.
    »Wie haben es Simons Eltern denn aufgenommen?«, fragte ich beiläufig.
    »Überraschend locker. Ich habe den Ball flach gespielt.«
    »Aha«, sagte ich. Ich würde ihn jetzt bestimmt nicht fragen, wie genau er den Ball flach gespielt hatte. Was er sich da zusammengereimt hatte. Mir doch egal.
    »Aber man weiß natürlich nie, wie sie reagieren, wenn sie allein sind. Wir werden noch mal mit Simon sprechen müssen. Wir müssen wissen, wo genau er das Fernglas gefunden hat. Und vor allem, wann.«
    »Sie meinen, Klaus Hase könnte noch gelebt haben?«, rief ich erschrocken. »Sie meinen, Simon hätte ihn retten können, wenn er Hilfe geholt hätte?«
    »Hoffentlich nicht«, sagte der Kommissar leise und drückte ein bisschen an seinem Radio herum. Leise Musikfetzen und Stimmen, der Kommissar ließ alle Sender einmal zu Wort kommen und fuhr sehr schnell. Er schaltete das Radio ab. »Ich habe den Eltern klargemacht, dass sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben. Darüber hinaus habe ich ihnen angekündigt, dass sie Besuch vom Jugendamt bekommen. Da kenne ich eine sehr taffe Pädagogin. Ich will versuchen, dass Simon ihr zugeteilt wird. So was kann ja auch eine Hilfe sein. Das habe ich den Eltern zu vermitteln versucht.«
    »Da bin ich ja froh«, sagte ich. Eine taffe Pädagogin… Noch eine aus der Wartschleife.
    »Dann fahr ich Sie jetzt heim, Frau Fischer«, sagte der
Kommissar, »so lange man von hier aus noch fahren muss.«
    »Wie?«
    »Wenn Sie mal hier wohnen, brauchen Sie ja nur noch auszusteigen.«
    »Ach so«, sagte ich perplex.
    Nein, ich kannte ihn nicht, den Felix Tixel. Oder war das alles keine Neuigkeit für ihn, wusste er das alles längst? Und sollte ich ebenfalls wissen, dass er es wusste, warum sonst machte er mir dieses seltsame Kompliment, als wir in Percha auf die Autobahn fuhren: »Das blaue Kleid, das steht Ihnen übrigens gut.«
    »Dann wissen Sie doch ohnehin alles! Das blaue Kleid, haha.«
    Irritiert musterte Felix mich.
    Das blaue Kleid hatte ich getragen, als ich zum ersten Mal bei Widmanns zum Kaffee eingeladen war.
    »Das war ein Kompliment«, sagte Felix. Es klang verletzt.
    »Wahrscheinlich haben Sie die Widmanns auf mich angesprochen und ihnen brühwarm erzählt, dass ich die Leiche gefunden habe! Wahrscheinlich krieg ich das Haus deswegen nicht? Auf Ihre Komplimente kann ich verzichten. Sie brauchen auch nicht so zu tun, als wäre das mit dem Haus eine Neuigkeit für Sie. Sie wissen doch immer alles, und das hätten Sie mir ruhig mal sagen können, dann hätte ich kein schlechtes Gewissen haben müssen.«
    »Ach, die Frau Fischer entdeckt ihr Gewissen!«
    »Was wissen Sie denn!«
    »Es interessiert mich nicht, an wen die Widmanns vermieten«, sagte Felix steif.

    »Ja, wenn das so ist, können Sie mir bestimmt sagen, wie der Opa von der Sarah heißt, weil an dem hängt es jetzt.«
    Felix schaute mich an. Viel zu lang für die Beschleunigungsspur.
    »Was hängt an wem?«
    »Ob ich da einziehen kann. Mir ist meine Wohnung nämlich gekündigt worden, und ich steh auf der Straße, wenn ich nichts finde, und es muss doch einen Sinn gehabt haben, das alles, sonst hätte ich das Haus nie gefunden! Erst heute habe ich das richtig verstanden, es ist wegen Simon, es geht gar nicht um Flipper, es geht um mich, dass ich in der

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