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Alle Vögel fliegen hoch

Alle Vögel fliegen hoch

Titel: Alle Vögel fliegen hoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
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verfüttern oder kotzen Sie dann über die Atzung?« Der Waldschrat zeigte mir sein bräunliches Gebiss und seine lange rote Zunge hüpfte auf und ab beim Lachen. Ich schaute tief hinein in seinen Vogelschlund.

19
    »Ich wollte Sie gerade anrufen«, meldete sich der Kommissar, und ich informierte ihn über mein Gespräch mit dem Waldschrat. Keinesfalls wollte ich noch einmal in den Verdacht einer Verschleppung von Wissen kommen. Natürlich rechnete ich mit einem Anschiss. Doch der Sonntag schien Felix Tixel milde zu stimmen: »Vielen Dank für den Tipp, aber lieber wäre es mir gewesen, Sie hätten Herrn Professor Metzger die Nummer meiner Dienststelle gegeben, nicht meine Handynummer. Ich habe heute frei.«
    »Entschuldigung. Ich dachte, es interessiert Sie …«
    »Mit dem muss ich nicht unbedingt selber reden«, sagte der Kommissar. »So einer wie der hat gegen jeden was. Gegen Bauern, Behörden, die Polizei, Touristen, Jäger. Mit solchen kann man nicht reden. Da können sich morgen die Kollegen die Zähne ausbeißen.«
    Ein grauenhaftes Schreien drang durch das Telefon. »Was ist denn das?«
    »Das ist ein Seelöwe.«
    »Nehmen Sie den gerade fest?«
    »Nein, dazu ist er viel zu glitschig, und ich wüsste auch nicht, wo ich die Handschellen befestigen sollte. Ich bin im Tierpark, Frau Fischer.«
    Klar. Wo sollte er sonst sein. Papa am Sonntag.

    »Da war ich ewig nicht mehr«, entfuhr es mir. »Obwohl ich in der Nähe wohne.«
    »Dann kommen Sie halt zu uns.«
    »In den Tierpark!«, rief ich, als hätte er mich in einen Swingerclub eingeladen.
    »Wir sind auf dem Weg zum Streichelzoo«, sagte Felix. Also wirklich Swingerclub.
    »Tierpark«, wiederholte ich. »Ich glaube, da dürfen keine Hunde rein.«
    »An der Leine schon.«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Ich weiß es.«
    »Und warum sollte ich das tun?«
    »Weil es da schön ist.«
    Mir fiel keine Entgegnung ein.
    »Und weil die Sache gestern gut ausgegangen ist«, hielt Felix mir einen getrockneten Fisch als Köder hin.
    »Wissen Sie denn schon, wann der Simon das Fernglas gefunden hat, ob der Klaus Hase da vielleicht noch gelebt hat?«, fragte ich mich auf eine Eisscholle. »Und wo?«
    »Die Kollegen verifizieren das. Und Sie? Wie schaut’s aus mit Ihrer Neugier auf Seelöwen, Elefanten …«
    »… Telefanten!«, rief eine Kinderstimme.
    »Ja, Telefanten und Tinguine«, lachte Felix.
    Mir wurde klamm. »Ach, ich hab noch so viel zu tun«, sagte ich. »Und an der Leine… Ich weiß nicht. Ich komm lieber nicht«, dann verabschiedete ich mich und rief Andrea an, um mir den Kopf waschen zu lassen. Mit tropfnassen Haaren rief ich den Kommissar an. »Also ich tät jetzt dann doch kommen.«

    »Wir sind immer noch bei den Seelöwen und machen uns jetzt auf den Weg zum Streichelzoo. Der ist gleich am Eingang. «
    »Ich weiß. Da jogge ich oft entlang.«
    Ich zog mich um. Und noch mal. Und fand mich albern. In den Tierpark! Am Sonntag! Nein, ich wollte lieber doch nicht.
    »Wir sind jetzt im Affenhaus«, meldete sich der Kommissar
    »Also, ich komm nicht.«
    »Ich weiß.«
    »Was?«
    »Das war mir schon klar, Frau Fischer.«
    »Sie glauben wohl, Sie kennen mich?«
    »Es hat fast den Anschein.«
    »Also, ich komm jetzt.«
    »Da bin ich ja mal gespannt.«
    Ich rief Andrea an. Und dann wieder den Kommissar.
    »Wir gehen jetzt gerade bei den Vögeln vorbei«, sagte der Kommissar.
    »Wenn nicht jetzt, wann dann?«, fragte Andrea, und ich schwang mich aufs Fahrrad.
     
    Eine halbe Stunde später streichelten wir sechshändig an Flipper herum, der sich nahtlos in den Streichelzoo einfügte und nur empört darüber war, dass man ihn mit einem Vegetarier verwechselte. Körner. Igitt!
    Ich hatte den Namen des Kindes vergessen. Es war ein ausgefallener Name, das wusste ich noch, so ein Meinkindistwasbesonderesname. Soraya? Selena? Selina? Alina? Die
Kleine redete nicht mit mir, hatte nur hallo gesagt, als Felix mich vorstellte. »Die Frau kennst du ja schon. Sie heißt Franza Fischer. Sie ist aus meiner Arbeit.«
    Die Kleine war ein Bilderbuchkind, in ihrem regenbogenfarbenen Kleidchen, mit den blonden Löckchen und den tiefseeblauen Kulleraugen. Sie hatte sich in ein Rehkitz oder Lama verliebt und wollte es nicht loslassen. Felix nahm sie auf den Arm. Sie weinte. Was war denn das für ein Geschiss! Sie kriegte doch alles. Schokospuren um den Mund verrieten das Eis, und der Tierpark war bestimmt auch ihr Wunsch gewesen, sie hatte sogar drei Tüten Streichelzoofutter

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