Alle Wege führen nach Rom: Die ewige Stadt und ihre Besucher (German Edition)
Sforza di Santafiora, dem Fest beiwohnten.
Die kurzen Texte von Rabelais enthalten das erste und wichtigste Zeugnis zur Familie Farnese in einem entscheidenden Moment ihrer jahrhundertealten Geschichte: als nämlich mit der Wahl Alessandro Farneses zum Papst die alte Familie kleiner Feudalherren aus dem nördlichen Latium mit der Schaffung des Herzogtums Parma und Piacenza den Rang einer herrschenden Dynastie erwarb. Rabelais überliefert die ersten sicheren Nachrichten über die Konkubine Pauls III. und die Kinder, die er mit ihr zeugte, sowie über die Enkel, die im Laufe des 16. Jahrhunderts die Macht der Familie stärkten.
4.
Michel de Montaigne und das Spektakel der Gewalt
Michel de Montaigne, Verfasser der berühmten Essais , machte sich im September 1580 auf die Reise nach Italien und erreichte Rom am 30. November. Er blieb dort bis zum 19. April 1581. Während der Reise führte er ein detailliertes Tagebuch, das er anfangs von seinem Sekretär, dessen Name unbekannt ist, schreiben ließ. Es muss sich aber um einen gebildeten und intelligenten Mann gehandelt haben, der sich in vollem Einklang mit seinem Herrn befand. Dessen Ideen und Stimmungen wie auch die Erlebnisse während der Reise registrierte er treulich und genau.
Bei der Ankunft in Rom wurde vom Zoll Montaignes Gepäck so penibel durchsucht, wie er es in keiner anderen italienischen Stadt während der Reise erlebt hatte. Die Zollbeamten interessierten sich vor allem für die Bücher im Gepäck. Sie untersuchten eins nach dem anderen und beschlagnahmten am Ende drei, darunter ein Exemplar der Essais , die Montaigne kurz zuvor 1580 veröffentlicht hatte. Diese drei Exemplare wurden dem Magister Sacri Palatii , dem obersten Theologen der Kurie, vorgelegt, zu dessen Aufgaben es gehörte, solche beschlagnahmten Bücher auf ihre Orthodoxie hin zu überprüfen. Damals bekleidete der Dominikaner Sisto Fabri das Amt, doch da er kein Französisch konnte, beauftragte er einen französischen Mitbruder, dessen Identität unbekannt geblieben ist, mit der Untersuchung. Dieser legte Fabri nach einigen Monaten einen Bericht vor, in dem alle Stellen der Essais unterstrichen waren, die vom Standpunkt der katholischen Lehre aus als bedenklich gelten mussten.
Am 20. März 1581 bestellte Fabri Montaigne zu sich und legte ihm die Beanstandungen vor. Nach dem Urteil des Prüfers vertrat Montaigne an sechs Stellen Meinungen, die der katholischen Glaubenslehre zuwiderliefen. Die Kritik war sehr präzise. Sie betraf den Gebrauch des Begriffs «Schicksal» anstelle von «Vorsehung», die Nennung von protestantischen Dichtern, die Verteidigung des Julianus Apostata, die Pflicht, beim Beten allem Bösem abgeneigt zu sein, die Verurteilung jeglicher Grausamkeit, die über die einfache Tötung hinausging (sprich Tortur), schließlich den Nutzen für die Kinder, eigene Erfahrungen zu sammeln. Montaigne entschuldigte sich, solche Meinungen vertreten zu haben, er habe nicht geglaubt, dass es sich um Irrtümer handeln könne, und zweifelte auch daran, dass der Prüfer alles richtig verstanden hatte. Fabri gab zu, das dies möglich sei. Es entspann sich daraufhin eine lebhafte Diskussion, an der auch ein italienischer Dominikaner teilnahm, der Montaigne recht scharf angriff. Fabri beschränkte sich darauf, zwei Bücher zu beschlagnahmen, in denen er Sympathien für die protestantische Reformation auszumachen glaubte, nicht aber die Essais. Die Verhandlungen mit Fabri kamen erst am 15. April 1581, vier Tage vor Montaignes Abreise, zum Abschluss. Montaigne suchte Fabri auf, um sich von ihm zu verabschieden, und fand ihn in Gesellschaft seines italienischen Mitbruders vor. Beide zeigten sich sehr verständnisvoll und sagten ihm, er solle den Beanstandungen keine zu große Bedeutung beimessen, die zensierten Stellen seien auch von anderen Franzosen nur als große Dummheiten angesehen worden. Sie vertrauten darauf, dass er in einer neuen Auflage der Essais die fraglichen Stellen im Sinne der geführten Diskussion korrigieren werde, besonders was das Wort «Schicksal» anbelangte. Sie schienen zufrieden zu sein und wiesen zu ihrer Entschuldigung darauf hin, dass auch die Werke verschiedener Kardinäle und Geistlicher von exzellenter Reputation kritisiert worden seien, ohne dass dies deren guten Ruf geschädigt hätte. Sie bescheinigten Montaigne Anhänglichkeit an die heilige Mutter Kirche und vertrauten seinem guten Willen. Montaigne nahm Abschied. Er glaubte, in Fabri einen
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