Alle Wege führen nach Rom: Die ewige Stadt und ihre Besucher (German Edition)
längeren Abwesenheit des Papstes (Clemens VIII. weilte in Ferrara nach dessen Heimfall an den Heiligen Stuhl) als Governatore von Rom erworben hatte. Eine solche Persönlichkeit konnte schlecht zum Papst gewählt werden, zumal Tosco nach den Worten von Kardinal Guido Bentivoglio, der ihn gut kannte, «in seinen Sitten nie eine gewisse Freiheit, obszöne Worte, wie sie in der Lombardei üblich sind, zu gebrauchen, abgelegt hatte. Er sprach sie oft aus, ohne es überhaupt zu merken, und scherzte darüber, denn er glaubte, sie seien mehr des Scherzes würdig als des Tadels.»
Der letzte Teil von Hobbes’ Bericht enthält eine Reihe von detaillierten Ratschlägen für die englischen Reisenden, die ohne Furcht vor den Gefahren, die einem Protestanten in Rom drohten, in die Stadt reisen sollten. Die erste Vorsichtsmaßnahme, die Hobbes empfahl, war die, während des ganzen Aufenthaltes ein striktes Inkognito zu wahren und in jedem Fall zu vermeiden, sich als Engländer, gleich wem gegenüber, zu erkennen zu geben. Die Stadt war voll von englischen Katholiken, die unter den päpstlichen Schutz geflüchtet und jederzeit bereit waren, ihre protestantischen Landsleute der Inquisition anzuzeigen, zur Bestrafung und zur Bekehrung zum katholischen Glauben. Hobbes erinnert in diesem Zusammenhang an den Jesuitenpater Robert Parsons, der 1610 gestorben war und zu seinen Lebzeiten über ein enges Netz von Spionen verfügt hatte, die jedem englischen Reisenden nachspürten, um ihn beim Heiligen Offizium anzuzeigen. Pater Parsons hatte lange in Rom gelebt und hier enge Beziehungen zu den päpstlichen Autoritäten, den Spaniern und den in England verbliebenen Katholiken unterhalten. So lange er am Leben war, stellte er eine große Gefahr für die englischen protestantischen Romreisenden dar. Hobbes sah sein Grab in der Franziskanerkirche SS. Trinità dei Monti. Auch Italienern gegenüber sollte sich der protestantische Reisende nach Hobbes’ Rat nicht zu erkennen geben: Diese seien immer bereit, die Häretiker bei der Inquisition zu denunzieren. Hobbes rät sogar davon ab, im Krankheitsfall einen Arzt zu rufen, da die Ärzte verpflichtet waren, vor der Behandlung zu prüfen, ob der Kranke gebeichtet und die Kommunion empfangen hatte; wenn nicht, mussten sie ihn bei der Inquisition anzeigen. Diese Beschreibung der Lage mutet geradezu terroristisch an, aber es war tatsächlich immer noch nicht gefahrlos für einen Protestanten, zur Zeit Pauls V. nach Rom zu reisen. Wie wir in den folgenden Kapiteln sehen werden, sollte noch geraume Zeit vergehen, bis sich in Rom eine gewisse Toleranz herausbildete.
7.
Johannes Faber und die Freiheit der wissenschaftlichen Forschung
Johannes Faber kam 1574 in Bamberg zur Welt; seine Eltern waren Protestanten. In Wirklichkeit lautete sein Familienname Schmidt, den er zu Faber latinisierte. Mit diesem Namen unterschrieb er und war er bekannt. Seine Eltern starben schon 1575 an der Pest, sodass die Waise vom Vetter Philipp Schmidt aufgezogen wurde, einem Katholiken, der das Kind im katholischen Glauben erzog. 1597 erwarb Faber den medizinischen Doktorgrad an der Universität Würzburg und siedelte 1598 nach Rom über, wo er schon gleich nach seiner Ankunft als Chirurg im Hospital S. Spirito in Sassia tätig wurde. 1600 ernannte ihn Papst Clemens VIII. zum Direktor des vatikanischen botanischen Gartens und in der gleichen Zeit auch zum Professor für Botanik und Medizin an der römischen Universität. Auf diese Weise fand er schnell Zutritt zur wissenschaftlichen Welt Roms, wo er wegen seiner vielfältigen Kompetenzen sehr geschätzt wurde.
Ende März 1611 kam Galileo Galilei nach Rom, um die ersten Ergebnisse seiner astronomischen Forschungen vorzustellen. Zu diesem Zweck lud er am Abend des 14. April eine Gruppe von Gelehrten auf den Gianicolo ein, um ihnen ein neues, von ihm erfundenes Instrument zu zeigen, das Teleskop. Unter diesen Gelehrten befand sich auch Faber, der inzwischen einer der bekanntesten Naturforscher in Rom geworden war. Die ganze Nacht über beobachteten die Versammelten durch das Teleskop die Sterne, den Mond und die Planeten, und diese denkwürdige Nacht blieb Faber tief eingeprägt. Anwesend war auch Federico Cesi, der 1603 die «Accademia dei Lincei», die größte wissenschaftliche Akademie der Stadt, gegründet hatte. Am 25. April nahm er Galilei in die Akademie auf und am 29. Oktober auch Faber. Zwischen Galilei und Faber entwickelte sich seit jener Nacht eine feste
Weitere Kostenlose Bücher