Alle Wege führen nach Rom: Die ewige Stadt und ihre Besucher (German Edition)
der mir so gut wie Champagner schmeckte.»
Anfang Juni verließen die Reisegenossen Mailand und gingen nach Venedig. Schon von Mailand aus hatte August mehrmals an das befreundete Weimarer Ehepaar Johann Friedrich und Wilhelmine Christiane Gille geschrieben, dass er keine große Lust habe, nach Rom zu reisen, sondern lieber bis nach Neapel vordringen wolle, weil er sich vom Meer Günstiges für seine Gesundheit erhoffe. Sein Vater hingegen drängte in jedem Brief darauf, nicht zu viel Zeit im übrigen Italien zu verlieren, sondern gleich Kurs auf Rom zu nehmen. Am 29. Juni schrieb Goethe seinem Sohn, es werde ihm eine große Freude sein, «deinen Einzug in die Porta del Popolo zu vernehmen». August verstand jedoch nicht, warum Rom das Heilmittel für alle seine Leiden sein sollte.
Der Aufenthalt in Venedig dauerte nur wenige Tage, schon bald kehrten August und Eckermann nach Mailand zurück, um von dort aus gleich nach Genua weiterzureisen, wo sie ein guter Freund Goethes erwartete, der Sohn des englischen Konsuls Charles James Sterling. In dessen Haus wurden sie sehr freundlich empfangen. August schrieb im Tagebuch, das er wie immer nach Weimar schickte, dass er von Sterling am 20. Juli um 9 Uhr morgens zum Frühstück eingeladen worden sei. Er wunderte sich darüber, dass die Engländer zum Frühstück Tee und Kaffee tranken und dazu Wurst und Steaks aßen. Der Tag war sehr heiß und August merkte an: «Ich begnügte mich mit einem weichen Ei und einem Beeftek und einer Flasche Burgunder, sehr gut fürs Clima.» Sein ganzes Tagebuch ist voll von Wein, August schüttete ihn in Mengen in sich hinein, und es gab weder Stadt noch Städtchen, in dem er nicht einen von bester Qualität gefunden hätte. Inzwischen musste Eckermann erkannt haben, dass keine Hoffnung bestand, August vom Trinken abzuhalten, sodass er beschloss, nach Weimar zurückzukehren. Am 25. Juli nahmen die beiden in Genua Abschied voneinander. Eckermann reiste in Richtung Turin ab, während August eine Kutsche nach Livorno bestieg. Eckermann schrieb jedoch erst von Genf aus am 12. September einen langen Brief an Goethe, in dem er ihm seinen Entschluss mitteilte, nach Weimar zurückzukehren, um dort zusammen mit ihm die letzte Hand an die Gespräche zu legen, damit sie in den Druck gehen konnten. Er unterließ es sorgfältig, das wahre Motiv zu nennen, das ihn bewegt hatte, August seinem Schicksal zu überlassen und ihm seine Unterstützung zu entziehen. Deshalb erinnerte er Goethe im Brief auch daran, dass er ihm selbst die Erlaubnis zur Rückkehr erteilt habe, wie dieser es in einem Brief an den Sohn vom 29. Juni tatsächlich getan hatte. Es war in der Tat ein schwerwiegender Entschluss, den Aufenthalt in Italien abzubrechen, denn dies bedeutete, dass August von nun an die lange Reise bis nach Rom allein bewältigen musste. August war sich dieser Schwierigkeit durchaus bewusst, denn am 23. Juli schrieb er an die Freundin Wilhelmine Gille: «Eckermann geht morgen ab und ich stehe allein in der fremden Welt, wie wird es mir vorkommen? Doch ich muß durch es koste was es wolle, doch ich hoffe nicht das Leben.» Als dann in La Spezia die Kutsche, in der er reiste, umstürzte und er sich ein Schlüsselbein brach, was ihn zu einem längeren Aufenthalt in dieser Stadt zwang, schrieb er am 9. August wiederum an Wilhelmine Gille: «Meinen Unfall werden sie wohl nun erfahren haben, es war viel zu ertragen, ganz allein in einem fremden Lande des Gebrauchs des Arms beraubt.» Für eine Person in seinem gesundheitlichen Zustand und solcher Geistesverfassung war es nicht leicht, ohne Begleitung weiterzureisen, aber Eckermann muss Angst gehabt haben, von heute auf morgen in eine sehr schwierige Lage zu geraten. Vielleicht fürchtete er sogar, dass August ihm unterwegs sterben könnte, sodass er es vorzog, sich aus dem Staub zu machen. Im Brief aus Genf schrieb er, dass er hier am 15. August einen Brief von Sterling erhalten habe, der ihm vom Unfall Augusts in La Spezia berichtete, aber dass derselbe ihm am 28. August auch mitgeteilt habe, dass Augusts Bruch geheilt sei und er die Reise nach Livorno fortgesetzt habe.
In La Spezia schrieb August dagegen am 10. August in das für den Vater bestimmte Tagebuch, er gedenke, sobald er wiederhergestellt sei, nach Livorno weiterzureisen, um sich hier nach Civitavecchia einzuschiffen und von dort aus nach Rom zu gehen. Falls er das Schiff nicht erreichen sollte, wolle er dagegen mit der Kutsche weiterreisen. Er
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