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Alle Wege führen nach Rom: Die ewige Stadt und ihre Besucher (German Edition)

Alle Wege führen nach Rom: Die ewige Stadt und ihre Besucher (German Edition)

Titel: Alle Wege führen nach Rom: Die ewige Stadt und ihre Besucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Zapperi
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Von dieser Begegnung mit Gogol und dem Inhalt ihrer Gespräche berichtete Sainte-Beuve zunächst in seinem Carnet de voyage und dann in einem Brief vom 23. Juni 1839 an den Freund Charles Lebitte. Er bedauerte es sehr, in Rom nicht das Glück gehabt zu haben, Belli kennenzulernen und ihn seine Sonette im römischen Dialekt, die Gogol ihm so gepriesen hatte, vortragen zu hören. Schließlich erwähnte er Belli auch in einer Rezension der französischen Übersetzung von Gogols Russischen Novellen durch Louis Viardot, die er dann in den Premiers Lundis (1. Dezember 1845) wiederabdruckte. In allen drei Texten spricht Sainte-Beuve von diesem merkwürdigen römischen Dichter, der, wie Gogol ihm erzählt hatte, die Kunst besaß, die Sitten der Trasteveriner aus dem Leben heraus in jeder Einzelheit zu beschreiben. Belli war damals ein Mann von etwa vierzig Jahren und von melancholischem Temperament. Von den Sonetten, die Gogol ihn vortragen hörte, hatte ihn eines besonders berührt, ein Dialog zwischen Mutter und Tochter am Fenster. Es wurde mit dem Sonett La Sabbatina identifiziert, in dem jedoch Mutter und Sohn miteinander sprechen. Diese Verwechslung geht sicher auf einen Irrtum Gogols, wenn nicht von Sainte-Beuve zurück.
    Dass Gogols gute Meinung über das römische Volk berechtigt war, sollten die Ereignisse von 1848/49 bestätigen. Als der neue Papst Pius IX., mit weltlichem Namen Giovanni Maria Mastai Ferretti (1846–1878), überwältigt von den allgemeinen Turbulenzen, die in den ersten Unabhängigkeitskrieg, Beginn des Prozesses der Einigung und Befreiung Italiens von fremder Herrschaft, münden sollten, die ersten liberalen Reformen unternahm und sich sogar im Krieg gegen Österreich engagierte, konnte er sich mit den begeisterten Manifestationen des Volks trösten. Dieser Enthusiasmus schlug jedoch drastisch in sein Gegenteil um, als der Papst seine Truppen aus dem Krieg gegen Österreich zurückzog. In dieser Lage gab das römische Volk den entscheidenden Anstoß zur Revolution. Am 19. November 1848 wurde der päpstliche Minister Pellegrino Rossi, als er den Palazzo della Cancelleria, Sitz der provisorischen neuen Regierung, verließ, von einem Mann aus dem Volk mit einem Messerstich ermordet – mit dem Messer also, das nach den Berichten so vieler ausländischer Beobachter die beliebteste Waffe des römischen Volks bei ihren Händeln war. Hier aber wurde es zum ersten Mal für politische Zwecke benutzt. Pius IX. floh daraufhin nach Gaeta unter den Schutz des Königs beider Sizilien, Ferdinand II. von Borbone.
    Bei diesem Aufstand hatte ein Fuhrmann namens Angelo Brunetti, genannt Ciceruacchio, eine der Hauptrollen gespielt. Er hatte sich seit längerem politisch stark betätigt, zuerst als Haupt eines Verbrüderungsvereins in Trastevere und dann als Mitglied in der «Giovine Italia», einem von Giuseppe Mazzini gegründeten Geheimbund, dessen Ziel die politische Einigung Italiens in republikanischen Formen war. Nach der Flucht des Papstes aus Rom beschloss eine Gruppe von politisch engagierten römischen Notabeln, darunter der Arzt und Schriftsteller Pietro Sterbini, freie Wahlen für eine verfassungsgebende Versammlung abzuhalten, und diese rief am 8. Februar 1849 die Römische Republik aus. Als Antwort darauf forderte Pius IX. von Gaeta aus die katholischen Mächte zur Intervention auf, um die Revolution zu unterdrücken und ihn selbst auf den Thron Petri zurückzuführen. Verschiedene Staaten folgten dem Aufruf, doch nur das republikanische Frankreich des Präsidenten Charles Louis Napoléon Bonaparte, der schon auf dem Weg zum Kaisertum war, schickte ein 30.000 Mann starkes Heer, das Rom belagerte und schließlich eroberte.
    Während der Belagerung strömten aus ganz Italien Freiwillige unter der Führung des Generals Giuseppe Garibaldi nach Rom, um die römische Republik zu verteidigen. Auch das römische Volk leistete seinen Beitrag und kämpfte tapfer im Verband der schon während der ersten Reformen von Pius IX. aufgestellten «Guardia nazionale». In dieser Situation wurde die Legende von der antiken Abstammung zu einem Hebel der Geschichte. Organisiert in Vereinen und Bruderschaften, unterstützte das Volk aktiv die republikanische Regierung im Widerstand gegen die anstürmenden Franzosen. Dabei hatten besonders die Bewohner von Trastevere, die immer noch für sich beanspruchten, direkte Abkömmlinge der alten Quiriten zu sein, aktiven Anteil. Die Ausländer, die sich während dieser

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