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Alle Weihnachtserzählungen

Alle Weihnachtserzählungen

Titel: Alle Weihnachtserzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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getan.“ Doch das war nicht so schnell getan. Sie lag am üblichen Platz – in der Tasche seines Wettermantels –, zusammen mit dem kleinen, von ihr gefertigten Beutel, aus dem sie sie immer stopfte; doch ihre Hand zitterte dermaßen, daß sie sich verhedderte (und doch war ihre Hand klein genug, um mit Leichtigkeit herauszukommen, dessen bin ich sicher) und furchtbar ungeschickt war. Das Stopfen und Anzünden der Pfeife, jene kleinen Dienste, für deren Umsicht ich sie gelobt hatte, wurden von Anfang bis Ende schlecht verrichtet. Während des ganzen Vorganges beobachtete Tackleton sie hämisch mit seinem halbgeschlossenen Auge, was, wann immer dieses Auge ihren Blick erwiderte oder die Aufmerksamkeit auf sich lenkte – denn es kann kaum behauptet werden, daß es je einen Blick erwidert hätte, da es eher eine Art Falle war, mit der etwas weggeschnappt wurde –, ihre Verwirrung in außerordentlichem Maße vermehrte.
    „Na, was für ein ungeschicktes Pünktchen du heute nachmittag bist!“ sagte John. „Ich hätte es selbst besser gemacht, glaube ich wahrhaftig!“
    Mit diesen gutmütigen Worten stelzte er davon und war bald darauf in Begleitung von Boxer, dem alten Pferd und dem Wagen zu hören, wie sie die Straße hinunter flotte Musik machten. Und noch immer stand der verträumte Caleb da und sah seine Tochter mit demselben Gesichtsausdruck an!
    „Bertha!“ sagte Caleb leise. „Was is geschehen? Wie du dich in den paar Stunden seit heute morgen verändert hast, mein Liebling! Du bist so schweigsam und niedergeschlagen den ganzen Tag. Was ist los? Sag es mir!“
    „Oh, Vater, Vater!“ rief das blinde Mädchen und brach in Tränen aus. „Oh, mein schweres, schweres Schicksal!“ Caleb ließ die Hand über seine Augen gleiten, ehe er ihr antwortete.
    „Aber denke doch, wie fröhlich und glücklich du gewesen bist, Bertha! Wie verehrt und wie sehr geliebt von vielen Menschen.“
    „Das sticht mir ins Herz, lieber Vater! Immer so aufmerksam gegen mich! Immer so freundlich zu mir!“
    „Blind – blind zu sein, Bertha, mein armer Schatz“, stammelte er, „is ein großes Leid, aber …“
    „Ich habe es nie empfunden“, rief das blinde Mädchen. „Ich habe es nie in seinem Ausmaß empfunden. Nie! Manchmal habe ich gewünscht, daß ich dich oder ihn sehen könnte – nur einmal, lieber Vater, nur eine Minute lang –, damit ich weiß, was ich in Ehren halte“, sie legte ihre Hände auf die Brust, „und hier verwahre. Damit ich sicher bin und es richtig tue. Und manchmal (aber damals war ich ein Kind) habe ich nachts in meinen Gebeten bei dem Gedanken geweint, daß die Bilder, die ich in meiner Vorstellung von dir hatte und die von meinem Herzen zum Himmel aufstiegen, nicht deine wahren Ebenbilder sein könnten. Doch diese Gefühle habe ich nie lange gehabt. Sie sind geschwunden und haben mich ruhig und zufrieden gelassen.“
    „Und sie werden das wieder tun“, sagte Caleb.
    „Aber Vater! O mein guter, zärtlicher Vater, leide mit mir, falls ich sündhaft bin!“ sagte das blinde Mädchen. „Das ist nicht der Kummer, der mich so niederdrückt.“
    Ihr Vater konnte nicht verhindern, daß seine feuchten Augen überquollen. Sie war so ernst und rührend, doch vorläufig verstand er sie noch nicht.
    „Bring sie zu mir“, sagte Bertha. „Ich kann es nicht für mich behalten. Bring sie zu mir, Vater!“
    Sie wußte, daß er zögerte, und sagte: „May. Bring May her!“
    May hörte, wie ihr Name genannt wurde, und berührte sie, als sie leise zu ihr hinkam, am Arm. Das blinde Mädchen wandte sich sofort um und hielt sie bei beiden Händen.
    „Schau mir ins Gesicht, mein liebes Herz, mein Schatz!“ sagte Bertha. „Lies mit deinen schönen Augen darin und sage mir, ob darin die Wahrheit geschrieben steht.“
    „Liebe Bertha, ja!“
    Das blinde Mädchen, das sein bleiches Gesicht ohne Sehkraft aufwärts gerichtet hatte und dem die Tränen schnell herabrannen, wandte sich mit folgenden Worten an sie: „Ich hege in meiner Seele keinerlei Wunsch oder Gedanken, der nicht zu deinem Guten wäre, strahlende May. In meiner Seele gibt es keine dankbare Erinnerung, die stärker ist als das innige Andenken, das hier auf bewahrt wird, an die vielen, vielen Male, bei denen du im stolzen Besitz deiner Sehkraft und Schönheit an die blinde Bertha gedacht hast, sogar als wir beide noch Kinder waren oder als Bertha so sehr ein Kind war, wie nur Blindheit einen Menschen dazu machen kann! Mögest du gesegnet sein!

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