Alle Weihnachtserzählungen
ganze Gesellschaft an. Die ehrfurchtgebietenden alten Herren an den Haustüren (die alle beschäftigt waren) zeigten besonderes Interesse an der Gesellschaft, wobei sie gelegentlich stehenblieben, ehe sie ruckartig weiterliefen, als ob sie der Unterhaltung lauschten, und sich dann viele Male, ohne Luft zu holen, davonstürzten, wie rasend vor Freude über die ganzen Vorgänge.
Gewiß, wenn diese alten Herren geneigt waren, eine teuflische Freude beim Betrachten von Tackletons Unbehagen zu empfinden, hatten sie allen Grund zur Zufriedenheit. Tackleton kam nicht gut zurecht, und je fröhlicher seine zukünftige Braut in Pünktchens Gesellschaft wurde, desto weniger gefiel ihm das, obwohl er sie zu diesem Zweck zusammengebracht hatte. Denn er war ein regelrechter Neidhammel, dieser Tackleton, und wenn sie ohne ihn lachten, setzte er sich sofort in den Kopf, daß sie über ihn lachen müßten.
„Ach, May!“ sagte Pünktchen. „Du lieber Himmel, wie hat sich alles verändert! Von jener glücklichen Schulzeit zu sprechen macht einen wieder jung!“
„Nun, Sie waren zu keiner Zeit besonders alt, oder?“ sagte Tackleton.
„Seht euch meinen gesetzten, arbeitsamen Mann dort an“, erwiderte Pünktchen. „Er ist mindestens zwanzig Jahre älter als ich. Stimmt’s, John?“
„Vierzig“, antwortete John.
„Wieviel Jahre Sie älter sind als May, kann ich wahrhaftig nicht sagen“, meinte Pünktchen lachend. „Aber sie kann nicht viel jünger als hundert Jahre an ihrem nächsten Geburtstag werden.“
„Haha!“ lachte Tackleton. Allerdings dumpf wie eine Trommel, dieses Lachen. Und er sah aus, als hätte er mit Vergnügen Pünktchen den Hals umgedreht.
„Du liebe Güte! Wenn ich nur daran denke, wie wir in der Schule über die Männer, die wir mal wählen würden, sprachen. Ich weiß noch, wie jung und stattlich und wie lustig und lebhaft meiner sein sollte! Und Mays erst! – Ach je, mir ist nicht klar, ob ich lachen oder weinen soll, wenn ich daran denke, was für alberne Mädchen wir waren.“
May schien zu wissen, was sie tun sollte, denn die Röte stieg ihr ins Gesicht, und Tränen standen in ihren Augen.
„Sogar die Personen selbst – wirklich lebhafte junge Männer – wurden manchmal bestimmt“, sagte Pünktchen. „Wir dachten wenig darüber nach, was einmal kommen würde. Ich habe mich nie auf John festgelegt, nicht mal an ihn gedacht habe ich. Und wenn ich dir gesagt hätte, daß du mal Mr. Tackleton heiraten würdest, hättest du mich geschlagen. Stimmt’s, May?“
Obwohl May nicht ja sagte, sagte sie auch nicht nein oder drückte in irgendeiner Weise ein Nein aus.
Tackleton lachte – er brüllte fast, so laut lachte er. Auch John Peerybingle lachte, wie gewöhnlich auf seine gutmütige und zufriedene Art, doch sein Lachen war im Vergleich zu Tackletons ein bloßes Flüstern.
„Sie konnten eben nicht anders. Sie konnten uns nicht widerstehen, sehen Sie“, sagte Tackleton. „Da haben Sie es! Wo sind nun Ihre lustigen jungen Bräutigame?“
„Einige sind tot“, sagte Pünktchen, „und einige vergessen. Einige würden nicht glauben, wenn sie in diesem Augenblick unter uns weilen könnten, daß wir dieselben Geschöpfe sind; sie würden nicht glauben, daß alles, was sie sahen und hörten, aufrichtig war und wir sie so vergessen konnten. Nein, sie würden kein Wort glauben!“
„Aber Pünktchen!“ rief der Fuhrmann. „Kleine Frau!“ Sie hatte mit solcher Ernsthaftigkeit und solchem Eifer gesprochen, daß sie es zweifellos nötig hatte, zu sich zu kommen.
Die Unterbrechung ihres Mannes war sehr liebenswürdig, denn er mischte sich nur ein, wie er glaubte, um den alten Tackleton zu schützen, doch sie erwies sich als wirksam, denn sie hielt inne und sagte nichts mehr. Sogar in ihrem Schweigen lag eine ungewöhnliche Erregung, die der aufmerksame Tackleton, der sein halbgeschlossenes Auge auf sie gerichtet hatte, genau bemerkte und für einen bestimmten Zweck für sich behielt.
May äußerte kein Wort, weder ein gutes noch ein böses, sondern saß ganz still mit gesenktem Blick da und gab kein Zeichen des Interesses an dem, was vorgefallen war, von sich. Nun sprang die gute Dame, ihre Mutter, als Vermittlerin ein, indem sie zuerst bemerkte, daß Mädchen eben Mädchen seien und Vergangenes vorbei sei und daß sie sich, solange junge Menschen jung und gedankenlos seien, wahrscheinlich wie junge und gedankenlose Personen aufführen würden: mit zwei oder drei anderen Standpunkten von
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