Alle Weihnachtserzählungen
jede Gruppe am Kamin zu einem engeren und geselligeren Bund gegen die wütenden Elemente zusammenschloß. Es war solch ein stürmischer Wintertag, wie er am besten eine Nacht vorbereitet, die man nicht einläßt; verhängte Zimmer und fröhliche Blicke; Musik, Gelächter, Tanz, Licht und lustige Unterhaltung!
Dies alles hielt der Doktor zum Willkommen für Alfred bereit. Sie wußten, daß er vor dem Abend nicht kommen könnte, und sie würden die Nachtglocke läuten, sagte er, wenn er sich näherte. All seine alten Freunde sollten sich um ihn versammeln. Kein Gesicht, das er kannte und gern hatte, sollte er vermissen. Nein! Sie alle sollten dasein!
Deshalb wurden Gäste eingeladen und Musiker bestellt, Tische gedeckt und Fußböden auf fleißige Füße vorbereitet und großzügige Vorkehrungen für jegliche Art von Gastfreundschaft getroffen. Da es Weihnachtszeit war und seine Augen nicht mehr an die englische Stechpalme und ihr kräftiges Grün gewöhnt waren, wurde der Tanzsaal mit solchen Girlanden geschmückt, und die roten Beeren funkelten ihm aus den Blättern hervor einen englischen Willkommensgruß entgegen.
Es war für alle ein arbeitsreicher Tag; für keinen arbeitsreicher als für Grace, die geräuschlos überall die Aufsicht führte und der gute Geist der Vorbereitungen war. So manches Mal (wie schon viele Male im zurückliegenden, schnell vergangenen Monat) blickte Clemency Marion aufmerksam, ja beinahe ängstlich an. Sie fand sie vielleicht etwas blasser als sonst, doch auf ihrem Gesicht war eine wohltuende Gelassenheit, die es lieblicher denn je machte.
Als sie am Abend angekleidet war und auf dem Kopf einen Kranz trug, den Grace ihr stolz gewunden hatte – seine künstlichen Blumen waren Alfreds Lieblingsblumen, wie sich Grace erinnerte, als sie sie aussuchte –, lag auf ihrer Stirn wieder jener alte Ausdruck – nachdenklich, fast kummervoll und doch so innerlich, wild und mitreißend –, um ein Hundertfaches verstärkt.
„Der nächste Kranz, den ich diesem hübschen Kopf anpasse, wird ein Brautkranz sein“, sagte Grace, „oder ich bin kein wahrer Prophet, Liebes.“
Ihre Schwester lächelte und hielt sie im Arm.
„Einen Augenblick, Grace. Verlaß mich noch nicht. Bist du sicher, daß ich weiter nichts möchte?“
Sie machte sich darüber keine Sorgen. Es war das Gesicht der Schwester, über das sie nachdachte, und ihre Blicke waren zärtlich darauf gerichtet.
„Meine Kunst kann nicht weiter reichen“, sagte Grace, „auch deine Schönheit nicht, liebes Mädchen. Ich habe dich niemals so hübsch gesehen wie heute.“
„Ich bin nie so glücklich gewesen“, erwiderte sie.
„Gewiß, aber ein größeres Glück hält sich bereit. In einem Heim, das so freundlich und strahlend ist wie dieses“, sagte Grace, „werden Alfred und seine junge Frau bald wohnen.“
Wieder lächelte sie. „In deiner Vorstellung ist es ein glückliches Heim. Ich kann es in deinen Augen sehen. Ich weiß, es wird glücklich sein, Schatz. Wie froh bin ich, das zu wissen.“
„Nun“, rief der Doktor hereinstürmend. „Da seid ihr ja. Alles fertig für Alfred? Er kann nicht so bald hiersein – eine Stunde vor Mitternacht oder so –, da bleibt noch eine Menge Zeit zum Lustigsein, bis er kommt. Er soll uns nicht antreffen, ohne daß das Eis gebrochen ist. Lege das Feuer hier auf, Britain! Es soll die Stechpalme bescheinen, bis sie wieder blinkt. Es ist eine unsinnige Welt, Kätzchen; treue Liebhaber und all das andere – alles Unsinn! Aber wir werden mit den anderen albern sein und unserem treuen Liebhaber einen tollen Empfang bereiten. Auf mein Wort!“ sagte der alte Doktor und betrachtete stolz seine Töchter. „Ich bin heute abend bei den anderen Albernheiten nicht ganz klar; weiß nur, daß ich der Vater von zwei hübschen Mädchen bin.“
„Alles, was die eine davon je getan hat oder tun mag – tun mag, liebster Vater – ist, dir Schmerz und Kummer zu bereiten; verzeih ihr“, sagte Marion, „verzeih ihr jetzt, da ihr Herz voll ist. Sage, daß du ihr verzeihst. Daß du ihr verzeihen wirst. Daß sie stets deine Liebe genießen wird und …“, der Schluß blieb unausgesprochen, denn ihr Gesicht war an der Schulter des alten Mannes vergraben.
„Na, na, na!“ sagte der Doktor zärtlich. „Verzeihen! Was habe ich zu verzeihen? Oho, wenn unsere treuen Liebhaber zurückkommen, um uns so zu verwirren, müssen wir sie weit entfernt halten, müssen wir Eilboten ausschicken, die sie auf der Straße
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