Alle Weihnachtserzählungen
vergessene, kalte und erdige Gruft hinab, wo die Rundbögen halb im Boden versunken waren, und brachte den trägen, in der Tiefe steckenden Saft des allmählichen Pflanzenwuchses an den Wänden in Bewegung und beschleunigte die Quelle des Lebens innerhalb dieser kleinen Welt der wunderbaren und wohldurchdachten Schöpfung, die hier existierte und schwach empfand, daß die Sonne aufgegangen war.
Die Tetterbys waren auf den Beinen und tätig. Mr. Tetterby nahm die Fensterläden des Geschäfts ab und gab Stück für Stück die Schätze der Auslage den Blicken vom Jerusalem-Viertel frei, die so gegen die Verlockungen gefeit waren. Adolphus war bereits so lange unterwegs, daß er schon bald bei „Morgenblett“ angelangt war. Fünf kleine Tetterbys, deren zehn runde Augen vom Seifen und Reiben heftig entzündet waren, machten in der hinten gelegenen Küche die Torturen einer Wäsche mit kaltem Wasser durch, wobei Mrs. Tetterby die Aufsicht führte. Johnny, der in größter Eile durch seine Prozedur gestoßen und gedrängt wurde, da sich Moloch zufällig in einer aufreibenden Gemütsverfassung befand (was stets der Fall war), stolperte unter größeren Schwierigkeiten als zuvor mit seiner Last vor der Ladentür auf und ab. Molochs Gewicht hatte sich durch Schutzmittel gegen die Kälte beträchtlich erhöht, die aus Wollstrickerei bestanden und einen vollständigen Kettenpanzer mit Kopfbedeckung und blauen Gamaschen bildeten.
Es war eine Besonderheit dieses Babys, daß es ständig Zähne bekam. Ob sie nie kamen oder ob sie kamen und wieder verschwanden, ist nicht eindeutig. Nach Mrs. Tetterbys Behauptung hatte es genug gezahnt, um für das Schild „Zum Bullen und zum Maul“ zu werben. Alle Arten von Gegenständen wurden dazu beschlagnahmt, daß es seinen Gaumen reiben konnte, obwohl es stets einen Beißring trug, der an seiner Taille (die unmittelbar unter dem Kinn saß) baumelte und groß genug war, einer jungen Nonne als Rosenkranz zu dienen. Messergriffe, Schirmspitzen, die Knäufe von Spazierstöcken (die vom Stock getrennt waren), die Finger der Familie ganz allgemein (besonders aber Johnnys), Muskatreiben, Brotkrusten, Türklinken und die kühlen Griffe von Schürhaken gehörten zu den gebräuchlichsten Instrumenten, die dem Baby zur Erleichterung gegeben wurden. Die Elektrizitätsmenge, die im Laufe einer Woche durch Reibung dabei erzeugt worden sein muß, ist nicht zu errechnen. Noch immer sagte Mrs. Tetterby: „Sie brechen durch, und dann kommt das Kind zu sich selbst.“ Aber sie sind noch immer nicht durchgebrochen, und das Kind ist nach wie vor nicht es selbst.
Die Charaktere der kleinen Tetterbys hatten sich in wenigen Stunden traurig verändert. Mr. und Mrs. Tetterby selbst waren nicht mehr verwandelt als ihre Sprößlinge. Normalerweise waren sie ein selbstloses, gutmütiges, nachgiebiges kleines Völkchen, das Unzulänglichkeiten, wenn sie auftraten (was ziemlich häufig vorkam), gemeinsam zufrieden und sogar großzügig ertrug und an einem sehr kleinen Vergnügen sehr große Freude haben konnte. Doch jetzt kämpften sie nicht nur um Wasser und Seife, sondern um das Frühstück, das noch in Aussicht stand. Die Hand eines jeden kleinen Tetterby war gegen die anderen kleinen Tetterbys gerichtet; und sogar Johnnys Hand – der geduldige, vieles aushaltende und ergebene Johnny! – erhob sich gegen das Baby! Ja, Mrs. Tetterby, die rein zufällig zur Tür ging, sah, wie er boshaft eine schwache Stelle im Kettenpanzer suchte, an der ein Hieb sitzen würde, und das gepriesene Kind schlug.
Noch im selben Augenblick nahm ihn Mrs. Tetterby am Kragen ins Wohnzimmer und zahlte ihm den Angriff mit Zinseszins zurück.
„Du Rohling, du mörderischer kleiner Junge“, sagte Mrs. Tetterby. „Konntest du es übers Herz bringen, das zu tun?“
„Warum kommen auch ihre Zähne nicht durch“, erwiderte Johnny mit lauter, aufsässiger Stimme, „anstatt mich zu plagen. Wie würde es dir denn selbst gefallen?“
„Gefallen, Sir!“ sagte Mrs. Tetterby und nahm ihm seine schändlich behandelte Last ab.
„Ja, gefallen“, sagte Johnny. „Wie würde es dir gefallen? Überhaupt nicht. Wenn du ich wärst, würdest du zu den Soldaten gehen. Ich werde das auch tun. In der Armee gibt’s keine Babys.“
Mr. Tetterby, der auf dem Schauplatz der Handlung erschienen war, rieb sich nachdenklich das Kinn, anstatt den Aufrührer zurechtzuweisen, und schien ziemlich beeindruckt zu sein von der Meinung über das militärische
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