Alle Weihnachtserzählungen
einer Gemütsverfassung gewesen“, sagte Mr. Tetterby, „an die ich gar nich denken mag, Sophy.“
„Oh, das is nichts gegen die, in der ich war, Dolf“, rief seine Frau in einem Ausbruch tiefer Reue.
„Meine Sophia“, sagte Mr. Tetterby. „Reg dich nich auf. Ich werde mir das nie verzeihn. Ich muß dir fast das Herz gebrochen haben, ich weiß.“
„Nein, Dolf, nein. Ich war es! Ich!“ rief Mrs. Tetterby. „Meine kleine Frau“, sagte ihr Mann, „nich. Du bringst mich dazu, daß ich mir furchtbare Vorwürfe mache, wenn du so ’ne edle Haltung zeigst. Sophia, mein Liebes, du weißt nich, was ich gedacht hab. Ich hab es ohne Zweifel arg genug gezeigt, aber was ich dachte, meine kleine Frau!“
Mein Gewissen könnte nich eher ruhn, bis ich es erwähnt „Sophia“, sagte Mr. Tetterby. „Ich muß es loswerden. Mein Gewissen könnte nich eher ruhn, bis ich es erwähnt hab. Meine kleine Frau …“
„Mrs. William ist fast hier!“ schrie Johnny an der Tür.
„Meine kleine Frau, ich fragte mich“, keuchte Mr. Tetterby und stützte sich auf seinen Stuhl, „ich fragte mich, ob ich dich jemals bewundert hätte – ich vergaß die lieben Kinder, die du mir geschenkt hast, und fand, daß du nich mehr so schlank aussähst, wie ich’s mir wünschte. Ich – ich erinnerte mich nich mehr an die Sorgen“, sagte Mr. Tetterby in schonungsloser Selbstanklage, „die du als meine Frau und mit mir hattest, während du vielleicht mit ’nem andern Mann keine gehabt hättest, der besser vorangekommen wär und mehr Glück gehabt hätte als ich (ich bin sicher, jeder hätte leicht solchen Mann finden können). Und ich hatte an dir auszusetzen, daß du in den harten Jahren, die du mir leichter gemacht hast, älter geworden bist. Kannst du das glauben, meine kleine Frau? Ich kann es selber kaum.“
Mrs. Tetterby griff unter abwechselndem Lachen und Weinen nach seinem Gesicht und hielt es in ihren Händen fest.
„O Dolf!“ rief sie. „Ich bin so glücklich, daß du so gedacht hast. Ich bin so dankbar, daß du so gedacht hast! Denn ich fand, daß du gewöhnlich aussiehst, Dolf; und so siehst du auch aus, mein Lieber, und du mögest der gewöhnlichste aller Anblicke für meine Augen sein, bis du sie mir mit deinen eignen lieben Händen schließt. Ich fand dich klein; und das bist du auch, und ich will nich viel Wesens davon machen, weil du mein Mann bist, und nich mehr, weil ich dich liebe. Ich fand, daß du anfängst, krumm zu gehen; und das tust du auch, und du sollst dich an mich lehnen, und ich werde alles nur Mögliche tun, um dich aufrecht zu halten. Ich fand, du hast kein gewisses Etwas an dir, aber doch hast du das, und es ist der Hauch des Zuhauses – der reinste und beste, den es gibt. Und Gott segne unser Heim und alle, die dazugehören, Dolf!“
„Hurra, hier ist Mrs. William!“ rief Johnny.
Da war sie und alle Kinder mit ihr; und sie kam herein, sie küßten sie und küßten sich untereinander und küßten das Baby und küßten Vater und Mutter, und dann liefen sie zurück und scharten sich und tanzten um sie herum und marschierten mit ihr im Triumphzug.
Mr. und Mrs. Tetterby standen ihr in der Herzlichkeit ihres Empfangs in keiner Weise nach. Sie wurden von ihr ebenso angezogen wie die Kinder. Sie rannten auf sie zu, küßten ihr die Hände, drängten sich um sie und konnten sie nicht leidenschaftlich und begeistert genug empfangen. Sie wandelte einher wie der Geist aller Güte, Zuneigung, Rücksichtnahme, Liebe und Häuslichkeit.
„Was denn, ihr freut euch auch alle so, mich an diesem strahlenden Weihnachtsmorgen zu sehen?“ sagte Milly und klatschte vor vergnügtem Staunen in die Hände. „O du meine Güte, wie herrlich das ist!“
Mehr Rufen der Kinder, mehr Küssen, mehr Marschieren um sie herum, mehr Glückseligkeit, mehr Liebe, mehr Freude, mehr Ehre von allen Seiten, als sie ertragen konnte.
„Du meine Güte!“ sagte Milly, „was für ergötzliche Tränen ihr mich vergießen laßt. Womit habe ich das verdient? Was habe ich getan, daß ich so geliebt werde?“
„Wer kann es ändern!“ rief Mr. Tetterby.
„Wer kann es ändern!“ rief Mrs. Tetterby.
„Wer kann es ändern!“ wiederholten die Kinder im fröhlichen Chor. Und sie tanzten und scharten sich wieder um sie und hängten sich an sie und legten ihre rosigen Gesichter an ihr Kleid und küßten und streichelten es und konnten weder das Kleid noch sie genug liebkosen.
„Ich war noch nie so gerührt“, sagte Milly und
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