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Alle Zeit - Roman

Alle Zeit - Roman

Titel: Alle Zeit - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Gerlof
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hin und sich neben sie und schläft ein.
    Klara bleibt wach neben ihrem Mann, der nicht mal die Hälfte des Bettes braucht, um bequem zu liegen. Sie denkt daran, dass
     sie ihn immer geliebt hat und jetzt wieder lieben wird. Wenn sie ihn nur erst erkennt, wird das mit der Liebe schon wieder
     werden. Schließlich war er der Schönste weit und breit, und alle haben sie beneidet im Dorf, dass er ihr das Eheversprechen
     gab. Und dass sie den schwierigen Namen ablegen konnte. Simon. Wo die schon schief geguckt haben und gefragt, ob der nicht
     eher jüdisch sei. Plötzlich wurde sie dann Klara Helmstedter, und alles war gut. Franz hat ihr durch den Krieg geholfen mit
     seinem Namen. Obwohl nie in ihrer Familie jemand etwas vonJuden erzählt hat. Gute Christen waren sie alle, keine Juden. Christen und ein bisschen sozialdemokratisch. Aber Namen konnten
     halt ein Makel sein. Und Franz hat den Makel weggewischt. So gut, dass sogar ein Ariernachweis dabei herauskam.
    Wie das geklappt hat, ist Klara nicht ganz klar. Da muss der Franz gemauschelt haben. Der kannte ja Gott und alle Männer im
     Ort und in der Kreisstadt.
    Manchmal, wenn Klara sich das Bild ihrer toten Mutter anschaut, die auf dem Treck an Schlagfluss gestorben ist, dann denkt
     sie schon, dass der Name Simon auch was zu tun hat mit dem Blut. Die Mutter sah aus wie eine Zigeunerin. Oder Jüdin. Vom Aussehen
     her hat Klara da keine Unterschiede gekannt. Ihre Mutter hat nie die Wäsche von der Leine genommen, wenn das fahrende Volk
     ins Dorf kam. Eher noch ein Stück Brot vorbeigebracht und ein bisschen Milch für die Kinder. Die essen ihre Kinder nicht,
     Klara, hat sie gesagt, als die mal danach fragte. Nur der Krieg frisst Kinder.
    Als Franz Helmstedter in die Familie kam, war Klaras Mutter noch eine schöne, schwarzhaarige und stolze Frau. So schwarzhaarig
     wie Klara blond. Das konnte sich niemand erklären. Grau geworden ist die Mutter erst auf der Flucht, dann aber in einem Tempo,
     dass keiner es begreifen wollte. Als sie der Schlag traf, sah sie schon aus wie eine Greisin.
    Franz bewegt sich nicht neben Klara. Er schläft mit leichtem, flatterndem Atem. Wie ein Vogel atmet er, schnell und hastig,
     als wäre nicht ausreichend Zeit, um tiefer Luft zu holen. Klara legt ihre rechte Hand auf seinen schmalen Rücken, spürt die
     Knochen und das hastige Atmen.
    Sie werden ihm das mit dem Russen erzählen, denkt sie und seufzt leise. Hier sind sie doch immer darauf aus,Schlimmes über andere zu erzählen. Franz wird es verstehen. Er war im Krieg, und im Krieg haben sie sich noch in ganz andere
     Betten gelegt.
    Klara schläft ein, und Franz wacht auf. Er sieht sich seine schöne blonde Frau an und spürt, dass nichts sich regt. Dabei
     hat er immer gedacht, das Erste, was sich regen würde, wenn er nach Hause käme, wäre das Begehren. Er wagt einen Blick in
     Klaras Bluse, und was er sieht, lässt doch ein leichtes Ziehen in den Lenden zu. Dann wird wohl alles gut, denkt Franz erleichtert.
     Ihre Brüste haben mich doch stets auf Trab gebracht.

 
    Juli überlegt, ob sie Svenja schon etwas vorlesen sollte. Ein einfaches Buch mit einer einfachen Geschichte. Nicht, dass sie
     glaubt, Svenja könnte sie verstehen. Aber schließlich hat sie schon ein Unterbewusstsein, und da kann sich so einiges festsetzen.
     Ansonsten macht sich Juli keine große Hoffnung. Erst ab dem fünften Monat, hat sie gelesen, können Babys auf ihren Namen reagieren
     und ein paar Worte verstehen.
    Jetzt, sagt Juli zu Svenja und stupst mit dem Zeigefinger auf die kleinen Lippen, kannst du gerade mal Laute unterscheiden.
    Die Hebamme klingelt an der Tür und macht Juli glücklich. Unten steht der Mann der Hebamme am vollgepackten Auto und wartet
     auf Hilfe.
    Ich trage, sagt Juli, und zieht sich einen dicken Anorak über den Pullover. Svenja liegt im Bett und wartet auf mein nächstes
     Ah und Oh.
    Übst du schon sprechen mit ihr?
    Nicht ganz. Nur Ah und Oh und Muh und He. Mehr kann sie ja wohl nicht verstehen. Juli fährt sich mit beiden Händen durch die
     grasgrünen Haare, die am Ansatz blond nachwachsen und dadurch ein wenig schlampig aussehen. Kannst du mir nachher die Haare?
    Die Hebamme lächelt. Willst du nicht endlich vom Grün wegkommen und wieder reif für Blondinenwitze werden?
    Dann erkennt mich die Alte im Park nicht mehr, sagt Juli und zerrt an den Haaren.
    Die Kisten sind schwer und unhandlich. Eine rutscht Juli im Wohnungsflur aus der Hand und geht kaputt. Briefe und

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