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Allein auf Wolke Sieben

Allein auf Wolke Sieben

Titel: Allein auf Wolke Sieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Voosen Jana
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gesprochen hat. Scheu sehe
ich meine Großmutter an. Hat sie das auch gehört? Aber sie stapft ganz gelassen neben mir her, also scheint sich all das nur in meinem Kopf abzuspielen. »Du sollst dir kein Bildnis machen!« Ja doch, ist ja gut, ich habe doch schon aufgehört.
    »Glaubst du, ich kann wirklich einfach so da hineinspazieren?«, frage ich Omi Liesel stattdessen und sie zuckt mit den Schultern.
    »Ich wüsste nicht, was dagegen spricht.« In derselben Sekunde erscheint plötzlich ein riesiges, massives Tor aus purem Gold in unserem Blickfeld. Es ist so hoch, dass es die Sicht auf den Turm komplett versperrt. »Hoppla, zu früh gefreut«, kommentiert Omi schlicht und mein Mut sinkt, als ich die zwei großen, breitschultrigen Männer sehe, die den Eingang bewachen. Der linke hat lange blonde Haare und sieht aus wie ein Wikinger, während der andere schwarzes Haar und einen Vollbart trägt und mich ein wenig an Räuber Hotzenplotz erinnert. Beide sehen uns mit unbeweglicher Miene entgegen und machen den Eindruck, als wäre mit ihnen nicht gut Kirschen essen. Einige Meter vor ihnen bleiben wir stehen und stecken die Köpfe zusammen.
    »Vielleicht war das doch keine so gute Idee«, wispere ich ängstlich, während Liesel nachdrücklich den Kopf schüttelt.
    »Das weißt du doch noch gar nicht. Vielleicht lassen sie uns widerspruchslos vorbei, vielleicht sind sie auch nur Attrappen, oder hast du in einem deiner Leben schon jemals einen Mann mit so einem breiten Brustkorb gesehen?«, erkundigt sie sich und mustert mit schief gelegtem Kopf den blonden Hünen.

    »Äh, nein, zumindest nicht in dem Leben, an das ich mich erinnern kann«, gebe ich zu und folge ihrem Blick. Der so Beäugte beginnt ein wenig nervös mit den Augenlidern zu flattern und lässt geräuschvoll die Knöchel seiner riesigen Pranken knacken. Mir läuft ein Schauer über den Rücken, während Omi trocken feststellt: »Doch keine Attrappe. Nun ja, mit denen werden wir schon fertig.«
    »Meinst du?«, frage ich unsicher und folge ihr zögernd, während sie forschen Schrittes auf die beiden Männer und das zwischen ihnen stehende goldene Tor zugeht. Neben den Wachen, denen sie gerade mal bis zu der von ihr so bewunderten Brust geht, wirkt sie noch zerbrechlicher als sonst und ich mache mir ernsthaft Sorgen. Unbekümmert streckt sie die Hand nach der geschwungenen Klinke auf Höhe ihrer Nasenspitze aus und ergreift sie. Ich halte den Atem an. Nichts passiert, die Männer machen keine Anstalten, dazwischenzugehen. Die kleine weiße Hand schließt sich um den Griff, drückt ihn hinunter.
    »Wie ärgerlich, es ist abgeschlossen«, ruft meine Großmutter mir zu und bleibt mit verschränkten Armen vor dem Tor stehen, ohne die Männer auch nur eines Blickes zu würdigen. »Hast du eine Idee, was wir jetzt machen sollen?«, erkundigt sie sich stattdessen bei mir, als ich vorsichtig nähertrete.
    »Hm.« Ratlos stehen wir vor dem verschlossenen Eingang. Ich schiele unauffällig zu dem Räuber Hotzenplotz hinüber, dessen buschige Augenbrauen sich ver ärgert zusammengezogen haben. Ich glaube, er ist wütend, weil wir ihn nicht beachten. Ich bin auch nicht sicher, ob das eine kluge Taktik ist. »Vielleicht könnten
wir einfach außen rum gehen«, schlage ich vor, dem finsteren Blick des noch finstereren Gesellen ausweichend.
    »So wie ich den Chef kenne, wird das wohl nicht funktionieren.« Ich gehe in gebührendem Abstand zu den Wachen um die Türe herum und werfe einen Blick dahinter. Es ist nichts zu sehen als ein Meer aus weißen Wattewolken und endlosem Blau.
    »Hast Recht, der Turm ist weg.«
    »Er ist nicht weg, er ist dahinter«, erklärt Omi im Brustton der Überzeugung. Dann wendet sie sich mit aller Selbstverständlichkeit an die Wachen und stellt ihr gewinnendstes Lächeln zur Schau: »Guten Tag, die Herren. Wären Sie wohl so nett, uns diese Tür aufzuschließen?« Erschrocken über so viel Dreistigkeit halte ich die Luft an und warte beklommen auf die Antwort. Aber auch die beiden müssen sich von der Unverschämtheit erst mal erholen. Irritiert sehen sie erst meine Oma und dann einander an, doch dann findet der, den ich insgeheim Wickie getauft habe, seine Stimme wieder.
    »Nein, können wir nicht. Verschwinden Sie!«, donnert er so laut, dass wir beide erschrocken den Kopf einziehen. Hilfe suchend sieht Liesel sich nach mir um, und obwohl ich mich am liebsten leise verkrümeln würde, trete ich beherzt näher. Schließlich geht es hier um

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