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Allein die Angst

Allein die Angst

Titel: Allein die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Millar
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immer wieder erbittert gegen die Teebeutel. »Was ich so mitkriege, planen alle in meinem Umkreis, wohin sie im nächsten Urlaub fahren, welches Gymnasium für ihre Kinder das beste ist, welchem Lesekreis sie sich anschließen könnten, welches Auto sie kaufen sollen. Wenn ich dazustoße, fühle ich mich wie eine Aussätzige. Ich habe nichts. Eine schreckliche Wohnung. Keinen Job. Keine Zukunft. Und das spüren sie. Die haben mich im letzten Halbjahr nicht einmal zum Eltern-Klassenfest eingeladen. Weißt du, wie man sich da fühlt? Die behandeln mich wie Luft.«
    Ich ziehe die ausgequetschten Teebeutel heraus und schmeiße sie so heftig in die Spüle, dass sie platzen und tausend winzige Blättchen herausquellen. Dann packe ich den Milchkarton und gieße einen solchen Schwall in die Becher, dass sie überschwappen. Ohne die Milch wieder in den Kühlschrank zu stellen, kehre ich zum Tisch zurück und knalle die Becher, an denen kleine Teerinnsale herunterfließen, vor Tom auf den Tisch. Ich baue mich neben ihm auf und funkle ihn an. »Du siehst, ich habe nicht das Gefühl, dass ich Regeln breche, weil es in dem Albtraum, in dem ich lebe, keine Regeln gibt. Ich frette mich so durch, leihe Geld von Dad, bitte dich um Geld für den Kundendienst, Jez um Geld für die Kloreparatur. Ich nenne jeden meinen Freund, der auch nur entfernt nett zu mir ist – und das sind nicht viele, das kannst du mir glauben. Und in der ganzen Scheiße ist er der Einzige, der mir ein gutes Gefühl verschafft. Und wenn es nur für einen Moment ist.«
    »Tut er das?«
    »Ja.«
    Ich bleibe immer noch stehen. Bebend vor Zorn. Mustere ihn.
    Tom trinkt einen Schluck Tee. Dann schweigt er lange. Er sieht aus, als überlege er, ob er etwas sagen soll.
    »Was ist?«, frage ich.
    Er verzieht nachdenklich den Mund.
    »Hmmm.«
    »Was denn?«
    »Ich glaube, deine Milch ist sauer.«
    »Was?« Ich blicke nach unten und sehe in meinem eigenen Teebecher eklige kleine Flöckchen schwimmen. »Herrgott nochmal«, schreie ich und drehe mich zur Tür. »Okay, okay, du hast gewonnen. Ich bin eine totale Null. Ich kann nicht einmal richtig Tee machen. Ach, verpiss dich doch einfach.«
    Und ich marschiere los zur Tür. Aber bevor ich sie erreiche, zupft er mich am Ärmel.
    »Cal. Hör auf. Komm her. Das ist doch egal. Setz dich hin«, sagt er. Ich bleibe bockig, wo ich bin, und höre in seiner Stimme verblüfft den Anflug eines Lächelns heraus.
    Dann drehe ich mich um und sehe ihm forschend ins Gesicht. Wieder zupft er mich am Ärmel und deutet auf meinen Stuhl. Ich rolle mit den Augen, setze mich aber und beiße die Zähne zusammen.
    Er seufzt und reibt sich über die Stirn. »Cal, ich fälle kein moralisches Urteil über dich, ich …«
    »Klingt aber so.«
    »Ich tu’s aber nicht. Wie gesagt, es geht mir nur auf den Sack. Dass er dich ausnutzt.«
    Es dauert einen Moment, bis ich begreife, dass ich tatsächlich Besorgnis in Toms Stimme höre. Fasziniert beobachte ich, wie er die Nasenflügel bläht – früher haben wir im Pub immer alle darüber gelacht, weil wir dann schon wussten, dass gleich ein Witz kam.
    »Ich hab’s dir nicht erzählt, aber letzten Abend, als ich sie ins Bett gebracht habe, war sie ganz schön bissig zu mir …«
    »Rae?«
    »Mhm. Hat sie mir doch erklärt, sie sei sauer auf mich, weil ich sie aus der Klinik getragen habe! Da hätte ich sie behandelt wie ein Baby. Und sie hasst es, dass sie so klein ist, weil alle sie behandeln wie ein Baby. Und außerdem hat sie gesagt …« Er bricht ab.
    »Na, was denn?«
    »Dass sie es toll fand, als du wieder gearbeitet hast, und dass sie sauer auf mich ist, weil ich dagegen bin.«
    »Echt?«
    Endlich erscheint in Toms Gesicht das lange angekündigte Grinsen. Ich kann mir nicht helfen, ich muss zurückgrinsen. Verlegen verberge ich meinen Mund hinter der Hand. Wir haben uns schon lange nicht mehr gemeinsam über Rae amüsiert. Unbehaglich rutsche ich auf meinem Stuhl herum.
    »Tom?«, beginne ich. »Falls du die Absicht hast, nett zu mir zu sein, muss ich dich vorwarnen, dass ich dann gleich zu heulen anfange. Im Moment komme ich mir vor wie das Allerletzte.«
    Er spitzt die Lippen, als überlege er, ob er etwas sagen soll.
    »Hör mal, Cal. Ich mache dir einen Vorschlag, aber er ist an Bedingungen geknüpft.«
    »Ach ja?«
    »Also, ich habe gestern Abend mit Kate gesprochen.«
    »Und?«
    »Und … sie meinte, du siehst erschöpft aus …«
    »Nett von ihr.«
    »… und sie glaubt, du hast zu

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